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Leubener stimmen für Asylheim

Die Debatte um eine geplante Flüchtlingsunterkunft lockte 200 Zuhörer an. Einige mussten den Raum wieder verlassen.

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© Norbert Millauer

Von Simone Burig

Leubens Ortsamtsleiter Jörg Lämmerhirt hatte bereits geahnt, dass zur Ortsbeiratssitzung am Mittwochabend viele Menschen kommen würden. In weiser Voraussicht hatte er diese deshalb in den Festsaal der Cultus gGmbH verlegen lassen. Rund 200 Zuhörer füllten den Raum schließlich komplett aus. Einige mussten die Debatte um das geplante Asylbewerberheim in der Försterlingstraße stehend verfolgen, weil alle Sitzplätze belegt waren.

Drei Stunden zuvor waren zunächst rund 80 Menschen einem NPD-Aufruf gefolgt und hatten vor der geplanten Unterkunft gegen den Standort demonstriert. Einige von ihnen zogen anschließend weiter zur Sitzung, um ihren Unmut lautstark kundzutun. Doch der Ortsamtsleiter machte klar, dass er rassistische und ausländerfeindliche Zwischenrufe nicht akzeptieren werde. Im Laufe der Debatte schickte er zwei Störenfriede vor die Tür. Sie hatten immer wieder höhnisch gelacht, laut applaudiert und einzelne Ortsbeiräte verbal angegriffen. Auch ein anwesendes Kamerateam von Spiegel TV bekam ihren Unmut zu spüren. Da platzte Lämmerhirt schließlich der Kragen: Er machte letztlich von seinem Hausrecht Gebrauch.

In der Sitzung hatte zunächst Sozialamtsleiterin Susanne Cordts das Wort. Sie stellte die neuesten Entwicklungen zu dem geplanten Wohnheim vor. Demnach soll das Haus eine sogenannte Clearingstelle werden: Nachdem die Asylbewerber vom Freistaat zugewiesen werden, sollen sie hier vorübergehend für vier bis sechs Wochen unterkommen – 168 an der Zahl. Nachdem deren Herkunft, Religionszugehörigkeit und Bildungsgrad geprüft sind, wird dann entschieden, wie und wo sie letztlich untergebracht werden. In dem Gebäude selber sollen der Keller, das Erdgeschoss sowie die beiden darüber liegenden Etagen ausgebaut und genutzt werden. Der Rest des ehemaligen Arbeiterwohnheims soll leer bleiben. Hintergrund: 415 Bewohner könnten im gesamten Haus Platz finden. Das hatte die Stadt aber bereits 2014 als zu überdimensioniert abgelehnt.

Cordts berichtete weiter, dass an der Zahl 168 absolut festgehalten werde, und nahm damit Skeptikern im Publikum, die über höhere Zahlen spekulierten, den Wind aus den Segeln. Derzeit werde das Objekt umfassend geprüft, so Cordts – auch im Hinblick auf den Lärm aus dem benachbarten Gewerbegebiet. „Das könnte ein Kriterium sein, um den Standort abzulehnen“, sagte sie. Sollten alle Ergebnisse für das Heim sprechen, könnte der Stadtrat in seiner Sitzung am 29. Oktober darüber abstimmen. „Die Chancen für den Standort sind nicht 100-prozentig, aber sehr hoch“, fügte die Amtsleiterin hinzu. Mitte 2016 könnten die ersten Bewohner einziehen. Sie stellte zudem einen Tag der offenen Tür in Aussicht, damit sich Anwohner und Interessierte die Räume ansehen können.

Das Gremium stimmte schließlich mit zehn Ja-Stimmen für den Standort. Nur Michael Kater (AfD) und Hartmut Krien (NPD) sprachen sich dagegen aus. „Wir bräuchten die 168 Plätze nicht, wenn konsequent abgeschoben würde“, sagte Kater. Krien, der für die rechtsextreme NPD auch im Stadtrat sitzt, sprach von einem „Flüchtlingstsunami“. Erhard Kunte (CDU) und FDP-Ortsbeirat Matteo Böhme enthielten sich. Böhme fragte: „Wie viel Platz haben wir überhaupt in Dresden für Flüchtlinge?“ Und: „Müssen wir nicht auch mal Nein sagen?“

Im Ortsamtsgebiet Prohlis und Leuben werden derzeit weitere fünf angebotene Unterkünfte auf ihre Eignung hin geprüft. Genauere Angaben über deren Standort und Größe machte Cordts am Abend aber nicht. Sie informierte zudem darüber, dass beim Objekt „Alttolkewitzer Hof“ Probleme mit dem Brandschutz bestünden. Die Eigentümerin müsse nun nachweisen, dass das Haus als Flüchtlingsunterkunft geeignet ist. Cordts: „Wir müssen abwarten. Das Ergebnis ist derzeit vollkommen offen.“ Außerdem soll in der Breitscheidstraße 117 ein Neubau entstehen. Dieser könnte dann im November 2016 fertig sein und in Betrieb genommen werden.