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Letzte Ruhe unterm Spitzahorn

Auf dem Neuen Johannesfriedhof gibt es jetzt die Möglichkeit zur Naturbestattung.

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© Claudia Hübschmann

Von Udo Lemke

Meißen. Der Rasen rund um die Rabatte mit den Waldstauden ist noch ganz weich. Er ist frisch gesät, und frisch ist die ganze Anlage rund um einen schönen alten Spitzahorn auf dem Neuen Johannesfriedhof. Ein grauer Liegestein, ein rotes Grablicht und Blumenschmuck deuten darauf hin, dass es sich hier um ein Naturgrab handelt. Das heißt, dass am Fuß des Ahorns Urnen bestattet werden können.

Noch ist das aber nur eine Demonstration, denn bislang ist hier noch niemand zur letzten Ruhe gebettet worden, denn das Angebot ist ganz neu, erklärt Friedhofsmeister Michael Käthner. Er ist auf die Idee mit der Naturbestattung gekommen, „nicht, um den Friedwäldern in Coswig und Radebeul Konkurrenz zu machen, sondern „damit denjenigen, die bei uns schon eine Grabstelle haben, nicht woanders hingehen müssen, nur weil wir dieses Angebot nicht haben“.

Michael Käthner ist überzeugt davon, mit der Möglichkeit der Naturbestattung den Nerv der Zeit zu treffen. Nach der Wende wollten die Leute repräsentative Grabstellen mit Granitsteinen mit Goldschrift. Heute haben sich die Ansichten geändert und er führt ein Beispiel dafür an. „Noch vor 15 Jahren wurden Leute, die in den Bioladen einkaufen gingen, als Spinner abgetan, als Leute, die zuviel Geld haben und etwas Anderes sein wollten.“ Heute sei es selbstverständlich, Bioprodukte zu kaufen. Generell habe sich ein anderes Verhältnis zur Natur, zum Natürlichen herausgebildet, was sich auch an der positiven Annahme der Friedwälder zeige.

Der Neue Johannesfriedhof, der 1910 angelegt worden ist, weil der Alte Johannesfriedhof in Cölln voll belegt war, eignet sich wunderbar für die neue Form der Bestattung. Denn die weitläufige Anlage am Hang des Fürstenbergs ist ein einziger großer Park. Mit Linden- und Kastanienalleen, Wiesenflächen zwischen Gräbergruppen und schönen Einzelbäumen. „Wir verbinden Wald mit den Vorzügen eines Friedhofs“, erklärt Michael Käthner. Denn der Neue Johannesfriedhof hat nicht nur eine schlicht-schöne Kapelle aus der Zeit seiner Anlage, sondern verfügt auch über eine Sanitäreinrichtung und natürlich befestigte Wege. Und: „Die Urne kommt nicht einfach nur in die Erde am Fuß des Baumes, sondern in eine gestaltete Anlage.“ Dazu gehört nicht nur der Liegestein aus Lausitzer Syenit, dazu werden übrigens alte Grabsteine wiederverwendet, „wir wollen nachhaltig sein“. Sondern auch eine Ablegeplatte, auf der persönlicher Grabschmuck wie Blumen, Kerzen oder Schalen abgestellt werden können. Sowohl die Kirchgemeinde als auch die Landeskirche haben Michael Käthner bei seinem Vorhaben, Naturbestattung auf dem Neuen Johannesfriedhof zu ermöglichen, unterstützt. „Auch von den Friedhofsbesuchern haben wir ein positives Echo bekommen.“ Sollte das neue Angebot angenommen werden, kann sich der Friedhofsmeister weitergehende Formen vorstellen. So gibt es beispielsweise eine Wiese, die groß genug ist, um Naturbestattung auch von Särgen durchzuführen.

Beim Grab unterm Spitzahorn handelt es sich übrigens um ein Reihengrab. Das heißt, dass immer nur eine Urne pro Liegestein bestattet werden kann. Die Ruhezeit beträgt zwanzig Jahre, eine Verlängerung ist nicht möglich. Eine Stelle kostet 2 590 Euro für zwanzig Jahre. „Die regelmäßige Grabpflege entfällt, wir vom Friedhof kümmern uns darum“, so Michael Käthner.