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Letzte Elbefahrt für neun Jahre

Das Herbergsschiff des CVJM war auf Tour. Dabei gab es kurz zuvor noch eine unangenehme Überraschung.

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© Sven Ellger

Von Christoph Springer

Respekt für Jaroslav Batista. Der Kapitän aus Usti hat am Freitag viele Menschen glücklich gemacht und einem Kollegen höchstes Lob entlockt. Dieser Kollege, Andreas Weber, ist Kapitän des Flaggschiffs der Sächsischen Dampfschifffahrt. Er hat das Kommando auf der Brücke des Dampfers Dresden. Am Freitag übernahm der 45-Jährige die Rolle eines Matrosen. Alles hörte auf das Kommando von Jaroslav Batista. Denn der 58-jährige Tscheche steuert das Schubschiff Rio2 und hatte die Aufgabe, einen ehemaligen Elbedampfer sicher von der Werft in Laubegast zu seinem Liegeplatz unterhalb der Marienbrücke zu bugsieren.

Kapitän Batista Jaroslav lenkt als Kapitän des Schubschiffes Rio2 den Dampfer Richtung Dresden– und das fast blind.
Kapitän Batista Jaroslav lenkt als Kapitän des Schubschiffes Rio2 den Dampfer Richtung Dresden– und das fast blind. © René Meinig

„Blindflug“ nannte Weber diese Aufgabe. „Das ist, als ob ich ihnen die Autofrontscheibe zuklebe, dafür eine Kamera montiere und ihnen einen Laptop gebe und dann müssen sie nach Chemnitz fahren“, erklärte der Dampferkapitän die Herausforderung, die vor Batista und seiner Besatzung stand. Die Binnenschiffer aus Tschechien haben ihre Aufgabe mit Bravour erledigt. Eine reichliche Stunde nach dem Befehl „Leinen los“ an der Werft in Laubegast machte der Verband mit dem 1963 gebauten Ex-Dampfer an der Mole des Neustädter Hafens fest. Bei starkem Seitenwind, der Batista zu einem zweiten Anlegeversuch zwang.

Am Freitagmorgen kurz nach 6 Uhr sah es dagegen noch nicht gut aus für das Jugendschiff. Es regnete und kräftiger Wind blies über die Elbe. Stärker, als es in der Transporterlaubnis des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts festgelegt war. „Für uns scheint dennoch die Sonne“, sagte Frey. Er hatte den Wetterbericht genau gelesen und wusste, dass der Wind nachlassen wird. Und er bekam recht, kurz nach 9 Uhr fuhr der Verband in Laubegast ab.

Zunächst steuerte Batista stromauf bis kurz vor die Insel in Pillnitz. Dort ist die Elbe besonders breit, Platz genug zum Drehen für den fast 100 Meter langen Verband. Dann ging es elbabwärts, wobei der tschechische Schlepper M4 am Bug des Jugendschiffs zog, um Batista den „Blindflug“ durch die Dresdner Elbbrücken zu erleichtern. Die Wasserschutzpolizei sicherte die Aktion mit einem kleinen Boot ab. Letzter Akt: Am Liegeplatz des Jugendschiffs musste der 58-Jährige Schubschiffkapitän Millimeterarbeit leisten. Denn das fast 70 Meter lange Herbergsschiff liegt dort an zwei fest im Boden verankerten mächtigen Metallstangen. Kurz danach stand Jaroslav Batista schon entspannt auf dem Deck der Rio2. „Der Wind war unterwegs und beim Anlegen ein Problem“, sagte er in perfektem Deutsch. Dann breitete er lachend die Arme aus. „So ein Stein ist mir vom Herzen gefallen.“ Und Dampfer-Chef Andreas Weber stellte anerkennend fest: „Das kann nicht jeder Kapitän.“

Für Matthias Riedel war das ein ganz besonderer Moment. Er ist Mädchen für Alles auf dem Jugendschiff des Christlichen Vereins Junger Menschen (CVJM). Bürokraft, Hausmeister, Hotelchef und bei Bedarf hilft er auch an der Rezeption und in der Küche. Riedel ballte seine rechte Faust. „Das ist ein cooles Gefühl, wir haben es geschafft“, freute er sich, dass sein Schiff nun wieder am Neustädter Hafen liegt. Sieben Monate lang hatte er darauf gewartet. Sieben Monate, in denen die Elbe für diese Aktion entweder zu wenig Wasser führte oder kein Schubschiff frei war. Oder in denen wie zuletzt der Wind zu stark war für die diffizile Aktion.

Riedels Chef Andreas Frey freute sich leise. „Jetzt können wir endlich wieder Gäste empfangen“, sagt der Geschäftsführer des CVJM Sachsen. In der letzten März-Woche soll es so weit sein. Zuvor müssen noch Leitungen angeschlossen, die Küche fertiggestellt und alle Räume gereinigt werden. Erst in neun Jahren muss das Jugendschiff wieder zur Werft.