Merken

Leitbild-Debatte soll weitergehen

Fast drei Stunden waren die Stadtspitze und die Bürger miteinander im Gespräch. Es gab Klartext in alle Richtungen.

Teilen
Folgen
NEU!
© Matthias Schumann

Von Frank Oehl

Kamenz. Ein voller Ratssaal, ein informatives Podium und eine bis zuletzt aufmerksame Bürgerschaft – das war die Kamenzer Einwohnerversammlung vor Pfingsten gewesen. Viele haben sich zu Wort gemeldet. Die SZ fasst die lange Diskussion zusammen:

Jens Krüger und André Maak machten den Vorschlag, die Fläche unterhalb der Lessingschule komplett für das Gymnasium zu nutzen. Hier sieht die Stadt derzeit einen Supermarkt vor – auch durch die Umverlagerung von Handelsfläche vom Stadtrand (Edeka, Norma) ins sogenannte „Gründerzeitviertel“. Die Bürger regten an, den Schulsport vom Jahnplatz an das Gymnasium zu verlegen und dafür die Fläche zwischen Ost- und Goethestraße als Eigenheimstandort zu entwickeln. OB Dantz warnte davor, kurz vor der Unterzeichnung des Vertrages mit dem Kreis das Schulstandortproblem neu aufzudröseln. „Wir müssen jetzt damit zügig aus der Hüfte kommen.“ Parkfläche für die Lessingschule mit Anbau – also für mehr als 1 000 Lehrer und Schüler – soll an der zu verlängernden Haberkornstraße entstehen. Auch dies war von Bürgern hinterfragt worden.

Händler kritisieren Stadtspitze

Kritik am Umgang mit den ortsansässigen Händlern und Gewerbetreibenden übten Bäckermeister Dominik Selnack und Anne Imbach vom gleichnamigen Fleischfachbetrieb. Selnack sieht in dem Supermarkt die „Neuverteilung von Marktanteilen“ zu Lasten der Geschäfte im Umkreis. „Hier wird nicht an die Kleinhändler gedacht, die mit ihrer Arbeit die Innenstadt bereichern.“ Imbachs kämpfen seit Jahren in der unteren Bautzner Straße – und Anne Imbach als junge Frau sieht kaum Zukunft für sich, weil sie sich häufig ausgebremst fühle. „Muss die Stadt wirklich vor jedem Investor in die Knie gehen?“ Dantz erinnerte an die Mithilfe der Stadt bei der Gründung der Kamenzer Fleischerinnung und forderte die Kritiker am Rathaus auf, sich stärker einzubringen. Zum Beispiel auch bei der Lösung von Problemen beim Frischemarkt, wie sie Anne Imbach andeutete.

Eberhard Reppe kritisierte die mögliche Öffnung der Fichtestraße energisch, weil er im vorderen Teil, wo er wohnt, schwere Eingriffe in Park- und Grünflächen befürchtet. „Bloß damit die anderen ein paar Meter weniger Autofahren müssen?“ OB Dantz nahm die Kritik auf, um nochmals auf die „sorgfältige Prüfung“ der Gemengelage zu verweisen, die hier vorgenommen wurde, auch was die Sicherheit der Schulkinder betrifft. Ein ehemaliger Mieter, der hier von 1976 bis 1996 wohnte, erinnert sich, dass es zu keiner Zeit Sicherheitsprobleme auf der damals geöffneten Fichtestraße gegeben habe. Vize-OB Jörg Bäuerle betonte, dass sich der Stadtrat damals schon etwas gedacht habe, als er dem „Wunsch der Einwohner“ nach der Abhängung der Straße nachgekommen sei. „Das kann man nach 20 Jahren natürlich anders sehen, weil sich die Zeiten geändert haben. Panta rhei – alles fließt.“

Wo soll das Zentrum sein?

Peter Sondermann, der den OB zuletzt in der SZ u.a. wegen ausgebliebener Bürgerbeteiligung kritisiert hatte, freute sich, dass es nunmehr einen Einstieg in den sachlichen Einwohnerdialog gibt. „Schließlich sind alle Kamenzer aufgefordert, mit nach Lösungswegen zu suchen, egal an welcher Stelle man sitzt.“ Er legte den Fokus stärker auf die Kern-Innenstadt. „Kein Wort ist bisher zur Bautzner Straße gefallen.“ Auch Torsten Petasch lehnt es ab, das Stadtzentrum quasi ins Gründerzeitquartier zu verlegen. „Wo die Wurzeln einer Stadt liegen, dort ist auch ihre Mitte.“ OB Dantz erwiderte, dass „niemand daran gehindert sei, zum Beispiel einen Investor für das Parkdeck“ als innerstädtische Handelsentwicklungsfläche zu bringen. Er verteidigte das zügige und zielorientierte Handeln der Verwaltung an vielen Stellschrauben in der Stadt, gab Sondermann aber Recht, dass dabei auch die Leitbild-Debatte nicht zu kurz kommen dürfe. Sie habe jetzt neu begonnen und werde fortgesetzt.