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Lehrlinge übernehmen Supermarkt

Zwei Wochen lang haben die Azubis im Freitaler Lidl-Markt das Sagen. Kann das gutgehen?

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Tobias Winzer

Freital. Man wächst ja bekanntlich mit seinen Aufgaben – und Adrian Schäfer ist das deutlich anzusehen. Mit einem Knöpfchen im Ohr geht er durch die Regalreihen, spricht per Headset mit seinen Kollegen, die überall im Freitaler Lidl-Markt verteilt sind, prüft, ob das Obst und Gemüse noch frisch und knackig aussieht. Nur die Augenringe verraten, dass Chefsein kein Zuckerschlecken ist und der Dienst des 20-Jährigen an diesem Morgen schon um 6 Uhr begonnen hat.

Zusammen mit 18 anderen Lehrlingen des Lebensmitteldiscounters hat er zu Wochenbeginn die Filiale an der Ecke Dresdner Straße/Wilsdruffer Straße übernommen. Die Azubis sind dabei von der Warenbestellung über das Aussortieren von faulem Obst und Gemüse bis zum Kassendienst für alles selbst zuständig. Gemeinsam mit einem Kollegen ist Schäfer noch bis Ende nächster Woche der Chef der jungen Truppe. „Die Azubis sollen sich ausprobieren“, sagt Göran Zerbe.

Er ist Ausbildungsleiter bei der Lidl-Gesellschaft Lampertswalde, die alle Märkte in Dresden, Chemnitz und Umgebung betreut. Das ungewöhnliche Projekt gibt es schon seit etwa zehn Jahren. In diesem Jahr wurde die Freitaler Filiale ausgewählt, weil das Geschäft nach diversen Umbauten in den vergangenen Jahren eine Art Vorzeigemarkt im Unternehmensverbund ist. „Hier ist alles verbaut, was technisch möglich ist“, sagt Göran Zerbe und hebt die neuen Pfand-Automaten, die Backstrecken, die Kommunikation der Mitarbeiter mit modernen Headsets aber auch das Farbkonzept hervor. Für die zwei Wochen wurden die verschiedenen Lehrlinge – angehende Handelsfachwirte und Einzelhandelskaufleute – in Freital zusammengezogen. Die regulären Mitarbeiter in der Filiale machen Urlaub oder helfen in anderen Lidl-Geschäften aus.

Nach der Ausbildung Leiter eines Geschäfts

Adrian Schäfer befindet sich im zweiten von drei Lehrjahren und arbeitet ansonsten in der Lidl-Filiale im Dresdner Hauptbahnhof. Nach seiner Ausbildung zum Handelsfachwirt soll er die Leitung eines Geschäfts übernehmen. So ist es geplant. Insofern sind die zwei Wochen in Freital für ihn ein gutes Training.

Den frühen Morgen haben die Lehrlinge damit verbracht, den Laden so herzurichten, dass sich die Kunden wohlfühlen. „Den Eingang schick machen“, nennt es Adrian Schäfer. Dann hat er kurz vor der Ladenöffnung um 8 Uhr alle seine Mitarbeiter zusammengetrommelt zur morgendlichen Ansprache. Dabei werden auch die Dienste zugeteilt. Ihm ist es wichtig, dass sich alle in verschiedenen Bereichen ausprobieren können. „Ich mache mir eine Liste, was alles zu tun ist, und streiche die einzelnen Posten durch, wenn es erledigt ist.“ Zu den wichtigen Aufgaben gehört zum Beispiel die Disposition, also das Nachbestellen von Lebensmitteln. Mit einem kleinen Computer geht Adrian Schäfer durch die Reihen und schaut nach, was fehlt oder bald fehlen könnte. Die Fleischabteilung hat er schon geschafft. Bis spätestens 12 Uhr müssen die Bestellungen raus.

Ausbildungsleiter Göran Zerbe schaut zwar manchmal in der Filiale vorbei und ist bei dringenden Fragen telefonisch erreichbar, hält sich aber ansonsten aus dem Tagesgeschäft raus. Von den ersten Tagen ist er begeistert. „Die anderen Azubis sind ja teilweise älter als Adrian. Das ist ein geiler Führungsstil.“