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Lehrlinge dringend gesucht

Seit 1989 hatte die Druckerei Vetters schon über 100 Azubis. Doch neue zu finden, wird von Jahr zu Jahr immer schwieriger.

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© Arvid Müller

Von Sven Görner

Radeburg. Die Druckerei Vetters GmbH & Co. KG gehört zu den Vorzeigebetrieben der Zille-Stadt. Aus dem keinen Familienbetrieb im Zentrum der Stadt zur Wende 1989 wurde ein von Jahr zu Jahr wachsendes mittelständisches Unternehmen im Gewerbegebiet.

Heute zählt es 134 Mitarbeitern. Seit dem Umzug im Jahr 1993 wurde der Betrieb am neuen Standort achtmal erweitert. Damals erfolgte die Produktion fast ausschließlich auf Bogen-Druckmaschinen. Vier Jahre später kaufte Jürgen Vetters die erste moderne Rollenoffset-Druckmaschine. Inzwischen sind es vier, die in drei Schichten und meist auch sieben Tage die Woche in Betrieb sind. Für den Bogenoffsetdruck gibt es dagegen nur noch eine Maschine.

So wichtig wie die technische Entwicklung – die Druckerei kann heute für ihre Kunden beispielsweise auch personalisierte Drucksachen im Dünndruck vierfarbig herstellen – war dem Geschäftsführer über all die Jahre auch eine kontinuierliche Entwicklung beim Personal.

„Seit 1989 haben wir 120 Ausbildungsverträge abgeschlossen“, sagt Jürgen Vetters. Aktuell sind zwölf Ausbildungsstellen von jungen Frauen und Männern besetzt. Sie lernen die Berufe Mediengestalter (1), Medienkaufmann (2), Medientechnologe Druck (5), Medientechnologe Druckverarbeitung (3) und Fachkraft für Lagerlogistik (1). „Von unseren Lehrlingen haben bisher 89 ihre Ausbildung abgeschlossen, 79 erhielten danach bei uns eine Anstellung. Derzeit arbeiten von diesen noch 37 im Betrieb“, ergänzt der Geschäftsführer.

Einer von ihnen ist Sven Binner. Er hatte 2006 seine Ausbildung als Drucker begonnen. Damals, so erinnert er sich, gab es noch so viele Bewerber für die von Vetters angebotenen Lehrstellen, dass er und die andren einen Test und ein Auswahlverfahren durchlaufen mussten. Inzwischen, so weiß Druckerei-Urgestein und Ausbildungsverantwortlicher Andreas Rothe, ist das ganz anders. „Die jungen Leute gehen heute auf Lehrstellensuche mit dem Standpunkt: ,Ich habe die Auswahl.‘“

Das bleibt nicht ohne Folgen. „Etwa 60 Prozent sind mit ihrer Bewerbung völlig unvorbereitet für das Berufsbild“, sagt Andreas Rothe. So bekomme die Druckerei stapelweise Bewerbungen für den Beruf Mediengestalter, weil die jungen Leute denken, sie arbeiten am Computer und können kreativ sein. „Die sind dann sehr desillusioniert, weil es bei und vor allem ums technische Umsetzen geht. Einfluss auf Inhalte können sie kaum nehmen“, sagt Jürgen Vetters. „Früher hatten wir den Anspruch, dass Bewerber in Mathe und Physik mindestens eine Drei haben müssen. Das geht nicht mehr.“

Auf der Suche nach neuen Azubis ist das Unternehmen regelmäßig in Schulen und auf Ausbildungsmessen präsent und bietet Schnupperpraktika an. „Leute in Größenordnungen, etwa bei Tagen der offen Tür, in den Betrieb zu holen, ist aber nicht mehr möglich“, sagt Jürgen Vetters. „Dafür sind mittlerweile die Datenschutzanforderungen zu hoch, als dass wir das bewerkstelligen könnten.“

Sven Binner hat sich inzwischen vom Drucker über die Stufen Maschinenführer und Teamleiter zum Abteilungsleiter entwickelt. Mit Unterstützung und Förderung durch das Unternehmen hat er 2013 seinen Meisterlehrgang zum Industriemeister Druck begonnen.

Dass es immer weniger junge Leute gibt, die eine Lehrstelle suchen, ist ein Fakt, den Jürgen Vetters akzeptieren muss. Was ihn stört, ist die Unverbindlichkeit beim Abschluss der Ausbildungsverträge. „Viele nicht 18-jährige unterschrieben heute gleich mehrere Verträge. Wenn sie noch etwas Ehre haben, sagen sie wenigsten ab, wenn sie nicht anfangen wollen. Das müssen sie aber nicht“, so der Geschäftsführer. „Da muss sich dringend etwas ändern. Im Interesse der Betrieb, aber auch der anderen Lehrstellensuchenden, denen wir vielleicht abgesagt haben.“