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Lehrer streiken nächste Woche Mittwoch

Die Pädagogen wollen höhere Löhne durchsetzen. Doch von Schülern und Eltern bekommen sie Gegenwind.

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© Claudia Hübschmann

Von Stefan Schramm

Die Stühle bleiben hochgestellt auf den Bänken, Klassenzimmer sowie ganze Schulen werden verwaist sein und Schüler bleiben auf sich allein gestellt. Dieses Szenario droht am Mittwoch in der kommenden Woche im gesamten Landkreis Bautzen. Denn wie überall im Freistaat wollen an jenem Tag die Lehrer streiken. Das erfuhr die SZ gestern aus sicherer Quelle.

Demnach wolle die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zentrale Kundgebungen in Leipzig, Chemnitz und Dresden veranstalten. Möglicherweise werde es unter anderem in Bautzen weitere kleinere Streikversammlungen geben. Offiziell bekannt gegeben werden soll der geplante Ausstand am übermorgigen Donnerstag. Wie es hieß, wolle die GEW den Eltern auf diese Weise genug Zeit geben, sich auf die Situation einzustellen.

Zum Arbeitskampf solle es kommen, nachdem die zweite Runde der Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder am vergangenen Freitag ohne Ergebnisse geblieben war. Besonders umstritten ist die Frage der tariflichen Eingruppierung ostdeutscher Lehrkräfte. Auch geht es um Lohnerhöhungen. Die Kernforderung der Gewerkschaften: 5,5 Prozent mehr Geld, mindestens jedoch 175 Euro mehr. Zudem gibt es Differenzen über die betriebliche Altersvorsorge, die im öffentlichen Dienst zwar zum Standard gehört, wegen hoher Kosten demnächst jedoch reformiert werden soll.

Steiks an allen Schularten

Mit den Ausständen wollen die Gewerkschaften im Hinblick auf den nächsten und vorerst letzten geplanten Tarifverhandlungstermin am 16. und 17. März Druck auf die Arbeitgeberseite ausüben. Der Sächsische Lehrerverband rief an allen öffentlichen Schulen im Freistaat die Pädagogen zur Teilnahme an den Warnstreiks auf. Betroffen sind die angestellten Lehrer, die in Sachsen den deutlich überwiegenden Anteil ausmachen. Verbeamtete Pädagogen, vorwiegend Schulleitungen, streiken hingegen nicht. Wie Eckehard Koch, Vorsitzender des GEW-Kreisverbands Ostsachsen in Bautzen, am Montag bestätigte, seien Warnstreiks an allen Schularten geplant – von der Grundschule bis zum Gymnasium.

Heftige Kritik an den Streikplänen ernteten die Lehrer von Elternvertretern. „Es wurde schon oft gestreikt und nichts ist herausgekommen. Ohnehin fällt ständig Unterricht aus. Jetzt auch noch zu streiken, ist unverantwortlich“, sagt Manuela Richter vom Vorstand des Kreiselternrats Bautzen. Die Forderung nach mehr Lohn sei nicht nachvollziehbar. In Deutschland gebe es überdies eine Schulpflicht, die nicht nur für Schüler, sondern auch für Lehrer zu gelten habe. „Was passiert, wenn Schüler und Eltern mal streiken? Kommt die Polizei und holt uns ab?“, fragt Manuela Richter.

Streiktermin in der Kritik

Auch den Zeitpunkt der Streiks kritisiert sie. „Wenn man schon streikt, dann doch wenigstens in den Ferien“, fordert die Elternratsvertreterin. Viele Eltern seien berufstätig und könnten nicht ohne Weiteres eine Betreuung für ihre Kinder organisieren, wenn die Schule bestreikt wird. „Das Problem ist, dass der Streik in der denkbar ungünstigen Vorprüfungszeit liegt“, pflichtet ihr Patrick Tanzer bei, der Vorsitzende des Kreisschülerrates Bautzen. Prinzipiell habe er Verständnis für die Nutzung des Streikrechts. Doch während der Vorbereitungszeit sei jede Ausfallstunde eine Chance weniger, sich effektiv mit Fragen noch einmal an die Lehrer wenden zu können.

„Ein Tag Warnstreik wird die Prüfungsvorbereitung kaum in Misskredit bringen. Wenn ein Kollege bei der derzeitigen Erkältungswelle eine komplette Woche ausfällt, muss es auch gehen“, hält Lutz Kandler, stellvertretender Schulleiter des Bautzener Melanchthon-Gymnasiums, dagegen. Erst bei längeren Streiks kurz vor den Prüfungen werde die Situation schwieriger. „In Prüfungen fragt aber niemand nach Unterrichtsausfall, dann wird das Wissen einfach vorausgesetzt“, merkt Manuela Richter an.

„Es wird immer jemanden geben, dem irgendetwas an dem Zeitpunkt nicht passt. Dass jetzt Tarifverhandlungen stattfinden, ist doch nicht unsere Schuld“, verteidigt sich Bautzens GEW-Chef Eckehard Koch. Insbesondere an Grundschulen soll es am Tag des Streiks zumindest eine Notfallbetreuung geben.