SZ +
Merken

Legende wird lebendig

Einen Tag lang wird die Uhr auf Burg Kriebstein 600 Jahre zurückgedreht – ein Schauspiel, das viele Gäste anlockt.

Teilen
Folgen
NEU!

Von Marcus Herrmann

Wer am Sonnabend einen ausgedehnten Spaziergang über die Talsperre Kriebstein zur Burg unternehmen oder das mittelalterliche Gemäuer wegen der DDR-Dauerausstellung besuchen wollte, den erwartete eine Überraschung. Denn auf dem Burggelände wimmelte es nur so von Rittern, Gauklern, Spielleuten und Mägden. „Das sind die Live-Rollenspieler der Gugelgilde aus Dresden“, sagt Burg-Pressesprecherin Susanne Tiesler. „Zusammen mit Mitgliedern des Verein Freundeskreis Burg Kriebstein stellen sie ein mittelalterliches Spektakel nach.“ Dafür müssen Ausflügler zwar einen Euro mehr Eintritt als üblich zahlen. „Aber das investiert man ja gerne, wenn man etwas geboten bekommt“, sagt Besucherin Susann Lohse aus Chemnitz.

Und so machen sich etwa 30 Darsteller daran, eine ganz besondere Legende zum Leben zu erwecken – die von der treuen Frau von Kriebstein. „Die 600 Jahre alte Geschichte besagt, dass der Raubritter Staupitz mit seinen Mannen die Burg 1415 einnahm und diese daraufhin durch Markgraf Friedrich den Streitbaren belagert wurde“, sagt Darsteller Norman Leyda von der Gugelgilde. Natürlich weiß er auch von der Gemahlin des Ritters zu berichten, die diesen durch eine List aus dem Schloss tragen konnte und für sich und ihren Mann Gnade erhielt. „Ich spiele Vitzthum von Tannroda, den Amtmann des Markgrafen. Er nimmt in der Geschichte ein wichtige Rolle im Kampf mit Ritter Staupitz ein“, erzählt der Leipziger, der seine Rolle mit einem kleinen Drehbuch, aber ohne Generalprobe einstudierte.

Zuschauer mitten im Geschehen

Mit seinen Schauspiel-Kollegen ist er am Sonnabend vormittags und nachmittags jeweils eine Stunde im Einsatz, um die Geschichte der treuen Frau nachzustellen. Das Geschehen, welches von Sprecher Lutz Böhm aus dem Gilde-Team begleitet wird, können die Zuschauer live verfolgen.

Am Fuße der Burg geht es los. „Zusammen mit einem Musikus, der meine Erzählung mit Gesang untermalt, erläutere ich den Gästen auf dem Weg in die Burg die Geschichte der treuen Frau“, sagt Böhm.

Während etwa 30 Besucher den nachgestellten Kampf um die Burg auf dem Innenhof, den Umtrunk von Ritter Staupitz in der Säulenhalle oder das Schicksal seiner Frau in der Burgkapelle verfolgen können, gibt es für andere Gäste viele weitere Möglichkeiten, sich die Zeit zu vertreiben.

Im großen Saal etwa hält der Döbelner Geschichtsforscher Ralph Gundram um 13 und 16 Uhr Vorträge über seine Recherchen zur Sage und die wahren Hintergründen der einzigen gelungene Belagerung der Burg Kriebstein in ihrer Historie. Jeweils 45 Minuten erzählt er humorvoll, plastisch und leicht verständlich von der Fehde zwischen dem Markgrafen und dem Raubritter Staupitz. Seine Erkenntnisse unterstützt er mit zahlreichen Bildern von Personen und Orten der Sage. „Ich habe auch ein paar mittelalterliche Klänge aufgenommen, die ich zwischendurch einspiele. Ich denke, die Leute sollten mit allen Sinnen dabei sein und nicht nur mit Fakten bombardiert werden“, erklärt der Historiker. Die Zuhörer danken es ihm jedenfalls. „Mir hat es sehr gut gefallen“, sagt Gislinde Richter. Während die 75-Jährige mit Gundram über die Vergangenheit angeregt diskutiert, lässt sie sich ihre Broschüre zum Leben des Ritters von Staupitz gleich signieren. Das kleine Buch Gundrams fasst noch einmal die wichtigsten Fakten zusammen. Für 4,60 Euro kann es gleich mitgenommen werden.

„Dafür, dass ich nur mit meinem Mann einen Ausflug mit Spaziergang unternehmen und mir die Kunstausstellung von Bernd Mähner in der Burg angucken wollte, bin ich richtig auf meine Kosten gekommen“, sagt die Mittweidaerin, die nichts von den Vorträgen und Schauspieleinlagen wusste.

Das nächste Spektakel auf der Burg gibt es am 9. und 10. Mai, jeweils ab 11 Uhr. Beim Mittelalterlichen Burgfest sind Ritterkämpfe und Gaukelei zu erleben.