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Rockschuppen wird abgerissen

Das Waldschlößchen in Röderau ist bald nur noch eine Erinnerung – und der bayerische Eigentümer ist froh darüber.

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© Sebastian Schultz

Von Antje Steglich

Röderau. Aus und vorbei. Das Waldschlößchen in Röderau ist bald Geschichte. Bagger haben bereits große Teile des 1916 erbauten Hauses abgerissen. Auch die restlichen Mauern sollen wohl in den kommenden Wochen dem Erdboden gleichgemacht werden, von einem kleinen Park ist stattdessen die Rede. So richtig weiß aber selbst der Eigentümer nicht, was gerade in Röderau passiert. „Ich bin selbst nicht involviert. Meiner Meinung nach soll es aber komplett weg“, sagt Achim Bönsch am Telefon gegenüber der Sächsischen Zeitung.

Es wird beinahe zehn Jahre her sein, dass der Geschäftsführer einer Recyclingfirma nahe dem bayerischen Augsburg in Röderau gewesen ist. In den 1990ern fiel es ihm eher durch Zufall in die Hände, sagt er selbst. Damals habe der Kaufmann viel im Auftrag der Treuhand gearbeitet – und die bot ihm irgendwann als Bezahlung etwa 50 Immobilien in Ostdeutschland an. Vor allem im Raum Chemnitz und Leipzig. Und in Röderau. Er wollte das Haus zwar immer verkaufen, aber es habe einfach keine Interessenten gegeben. Und er selbst wusste nichts mit dem Objekt anzufangen. Dabei zählte es in DDR-Zeiten zu den angesagtesten Rockschuppen der Republik.

Nach der Zeit als Offizierskasino in den 1930ern und 1940ern wurde es in den 1960ern zur HO-Kulturstätte Waldschlößchen, in der Tanzveranstaltungen, Hochzeiten, Einschulungs- und Betriebsfeiern stattfanden. Ab Ende der 1970er übernahm dann Detlef Hesse die Geschicke des Waldschlößchens und machte es zu einem Anlaufpunkt für Hippies oder Blueser, wie sie in der DDR auch hießen. Bands wie Renft, Silly oder Die Skeptiker traten dort auf. Nach der Wende scheiterte aber wohl der Kauf des Hauses an den Vorgaben der Treuhand. Der Betrieb wurde eingestellt – und das Szenelokal wurde zur Ruine.

Die Gemeinde Zeithain und das Landratsamt Meißen haben den Eigentümer vor allem in den vergangenen Jahren immer wieder aufgefordert, seiner Sicherungspflicht nachzukommen – doch selbst, als das Dach vor etwa zwei Jahren einstürzte, gab es keinerlei Maßnahmen vor Ort. Der Bagger setzt nun quasi den Schlusspunkt unter das unrühmliche Kapitel. „Wenn ich ehrlich bin, bin ich ja froh, wenn ich dort nichts machen muss“, sagt Achim Bönsch, „mir kommt es sehr gelegen. Ich hätte das Gebäude sonst wahrscheinlich selbst abreißen müssen.“ Vor ein paar Wochen habe er einen Anruf bekommen, dass Ausgleichsflächen für Baumaßnahmen gesucht werden und ob er das Waldschlößchen-Areal dafür zur Verfügung stellen würde. Er stimmte dem zu. Für den Bayern ist das Waldschlößchen damit Geschichte.

Ein Rätsel bleibt indes, wer den Abriss eigentlich vorantreibt und vor allem auch finanziert. Achim Bönsch hat nach eigenen Aussagen jedenfalls keine Abrissfirma bestellt. Obwohl man in der Gemeinde vermutet hatte, dass die Deutsche Bahn Druck gemacht und mit Schadensersatzforderungen gedroht habe, falls Gebäudeteile auf die nahen Gleise fallen würden. Die Gemeindeverwaltung aber hat keine Kenntnis wegen irgendwelcher Baumaßnahmen und hat auch selbst nichts beauftragt, erklärt Hauptamtsleiter Ronny Werner. Und auch der Landkreis ist laut Sprecherin Helena Musall nicht involviert: „Veranlasst haben wir nichts.“