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Lecker auf Schwäbisch und Syrisch

Die deutsch-internationale Kochschule der Vielfaltsinitiative ist gestartet. Zum Auftakt platzte die Küche aus allen Nähten.

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© Norbert Millauer

Von Ulrike Keller

Coswig. In der Küche herrscht kreatives Chaos. Mehr als 30 Personen verausgaben sich an Schneidbrettern, Töpfen und Tiegeln. Es brutzelt und köchelt. Messer ratschen, es knackt beim Zerkleinern vom Gemüse. Und mittendrin balancieren zwei stämmige Kerle heiße Köstlichkeiten.

Moatasem Ali bringt eine üppig gefüllte Platte mit Bulgur in Joghurtsoße und Kalb angetragen. Ein Gericht aus seiner syrischen Heimat. „Chef!?“, sagt er und schielt fragend zum Coswiger Koch Jochen Gruber herüber. „Exzellent!“, meint der Profi. Er hat sich in der vergangenen Stunde emsig Maultaschen mit Rinderhack gewidmet. Der deutsche Beitrag zur deutsch-internationalen Kochschule, die jetzt in Coswig angelaufen ist.

Ins Leben gerufen wurde die neue monatliche Veranstaltungsreihe von der Initiative Coswig – Ort der Vielfalt. „Über das Essen öffnet sich erst der Magen und dann der Geist“, erklärt Initiativensprecher Sven Böttger den Gedanken hinter dem Angebot. Beim gemeinsamen Kochen und Essen können sich Einheimische und in Coswig lebende Flüchtlinge auf kulinarische Weise gegenseitig ihr Land näherbringen. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Die Leonhard-Frank-Oberschule stellt für alle Termine kostenfrei ihr Kochkabinett zur Verfügung.

Moatasem Ali und seine Frau Oula erklärten sich auf Anhieb bereit, zu diesem Anlass etwas Syrisches zu kochen. Auch eine befreundete Familie des Paares schloss sich gern an, erzählt Michael Schmutzler, der sie als Pate seit zwei Jahren betreut. „Die Frauen haben sich abgestimmt, was sie machen“, erzählt er. In einem türkischen Supermarkt in Dresden besorgte er dann mit ihnen die Zutaten. Viele exotische Gewürze, vor allem aber Halal-Fleisch. Das verlangt spezielle Schlachtmethoden.

„Wer soll das alles essen?“, ruft eine Teilnehmerin, als sie entdeckt, was noch so alles an arabischen Delikatessen kurz vor der Vollendung steht. „Das ist Kabsa“, erklärt Moatasem Ali, 38. „Die Hühnerbeine wurden zuerst gekocht und dann im Ofen gebacken“, berichtet Michael Schmutzler. Dazu reicht das syrische Kochteam einen großen Dampfkochtopf voll Basmatireis mit Paprika, Tomaten, Zwiebeln, dem Sud der Hühnchen und getrockneten Limonen „für einen frischen, fruchtigen Geschmack“. Der Verfeinerung dienen Koriander, Kurkuma, Zimt, Salz, Pfeffer, Kardamom und Nelken.

„Mich interessieren schon allein die Gewürze und die Zubereitung“, sagt Jochen Gruber. „Die getrockneten Limetten sind eine klasse Idee, um Reis eine Zitrusnote zu geben, zum Beispiel auch zu gedünstetem Fisch.“ Als erfahrener Berufskoch wird er alle fünf Abende der deutsch-internationalen Kochschule begleiten. Dabei erhält jede Ausgabe eine andere kulinarische Ausrichtung: Jedes Mal steht ein Herkunftsland der größten Flüchtlingsgruppen in Coswig im Mittelpunkt sowie eine bestimmte Region der Bundesrepublik.

Zum Auftakt hat Jochen Gruber Schwaben gewählt, wo er ursprünglich herstammt. Schwaben und seine berühmten Maultaschen. Der Nudelteig ist selbst gemacht und wird ausgerollt. Darauf verstreicht der Koch die Hackfleischmasse, die mit Spinat, Gemüse und Ei vermengt ist. Das portionierte Stück gibt er ins kochende Salzwasser. Das lässt er einmal aufkochen und die Teigtasche dann zehn Minuten darin ziehen. „Serviert wird das Ganze mit Fleischbrühe, in Butter gegarten Zwiebeln und mit gehackter Petersilie.“

Einer nach dem anderen nimmt Platz an der großen Tafel. Die meisten Coswiger langen kräftig bei den syrischen Speisen zu. Mlehe, wie das Bulgur-Lamm-Gericht heißt, wird zu Festen wie Hochzeiten aufgetischt, erzählt Moatasem Ali. Und Kabsa sei ein typisches Essen, wenn die gesamte Familie auf Einladung zusammenkommt. Auch Salat und sogar einen Schoko-Bananenkuchen hat die syrische Kochtruppe in petto.

„Was sind Maultauschen?“, möchten einige Flüchtlinge von Jochen Gruber wissen. „Das ist ein altes Fastengericht, das ein Mönch oder Pastor erfunden haben soll“, erzählt er. „Um der Fleischeslust zu frönen, versteckte er das Fleisch heimlich im Teig, damit Gott es nicht sieht.“

Gekostet wird ganz überwiegend von den einheimischen Erwachsenen. Und von einzelnen Kindern, denen das Gericht sichtlich schmeckt. Dabei wird in lockerer Atmosphäre geredet. Über den Unterschied von Bulgur und Couscous etwa, über Partnerschaft, Schule, Rezepte. Auch über die nächste Kochschule am 21. Oktober. Dann stehen kulinarische Ausflüge nach Pakistan und Sachsen auf dem Speiseplan. Jochen Gruber plant, ein komplettes sächsisches Menü zu kreieren. Und einer der pakistanischen Gäste erklärt sich spontan bereit, in die Rolle des internationalen Kochs zu schlüpfen.

Die Teilnahme ist kostenfrei, aber wegen begrenzter Platzzahl nur mit Anmeldung möglich per E-Mail an [email protected].