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Leben auf 5000 Quadratmetern

Familie Giehrisch lebt und arbeitet auf Gut Gostewitz. Da wird ständig gebaut – auch an ihrer eigenen Wohnung.

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© Sebastian Schultz

Von Dörthe Gromes

Riesa. Das Gut Gostewitz ist vielen Riesaern bekannt durch seine Pfingst- und Adventsmärkte oder auch durch die Sommerakademie. Ohne Jan und Claudia Giehrisch wäre der alte Vierseithof wahrscheinlich schon ganz oder teilweise abgerissen. Zumindest hatte das der Vorbesitzer geplant. „Wir konnten ihn jedoch überzeugen, das Gut an uns zu verkaufen“, erzählt Jan Giehrisch. Schließlich wohnten er und seine Familie damals schon einige Jahre dort zur Miete. „Wir wollten unbedingt bleiben, denn hier hatten wir den Baum für unser erstes Kind gepflanzt“, erinnert sich seine Frau Claudia.

Die Jahreszahl 1851 steht über der Eingangstür zum Wohnhaus.
Die Jahreszahl 1851 steht über der Eingangstür zum Wohnhaus. © Sebastian Schultz
Die Sonnenuhr im Hausgarten stammt von Jan Giehrisch.
Die Sonnenuhr im Hausgarten stammt von Jan Giehrisch. © Sebastian Schultz

Also machten sich beide einen Kopf, wie sie das 5 000 Quadratmeter umfassende Grundstück mit drei schwer sanierungsbedürftigen Gebäuden zukünftig bewirtschaften könnten. Nach und nach entstand ein Konzept, das Wohnen und Platz für Feste, Märkte, Konzerte miteinander verbindet. 2004 fingen sie an, den Hof aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken. Sechs Jahre später konnten sie ihn endlich kaufen – die Bankfinanzierung dauerte ihre Zeit. In ihrer eigenen Wohnung, die sich in der zweiten Etage des Haupthauses befindet, wohnen sie jedoch erst seit 2014. „Vorher haben wir sehr beengt im Gebäude gegenüber gelebt“, so Jan Giehrisch. Es dauerte nicht ein Jahr, sondern sechs Jahre, bis ihre Wohnung fertig war. Irgendetwas war eben immer wichtiger als die eigenen vier Wände. Einen Großteil der Arbeiten hat der gelernte Steinmetz selbst ausgeführt, Fachfirmen wurden nur für spezielle Aufgaben heran gezogen. Während Jan Giehrisch sich um das Handwerkliche und die Organisation der Veranstaltungen kümmert, arbeitet seine Frau als Zahnarzthelferin. Ihre beiden Kinder Jette und Hannes sind neun und zwölf Jahre alt.

Rustikal wie der ganze Hof ist auch die Wohnung der Familie im ehemaligen Wohn-Stallhaus. Das Wohnzimmer mit offener Küche ist das Herzstück der Wohnung. An der Zimmerdecke wurde die alte Deckenmalerei sorgfältig freigelegt – blaue Blumen auf weißem Grund. Die überwiegend Jahrzehnte alten Möbel stehen auf breiten, rötlichen Dielen. Ein großes Sofa mit rot geblümten Überzug nimmt die Mitte des Raumes ein, auf dem Couchtisch davor steht ein kleiner Strauß Pfingstrosen aus dem eigenen Garten. Darüber baumelt eine markante Glaslampe von der Decke. Das schwarze Klavier an der Stirnseite des Raumes ist mit vielen Kerzen bestückt. Außerdem gibt es ein großes Terrarium mit Schildkröten sowie einen kleinen Kamin.

Ganz fertig ist die Wohnung jedoch noch nicht. Perspektivisch soll die Küche verlegt und das Badezimmer ausgebaut werden ... „Pläne und Möglichkeiten haben wir hier mehr als genug“, sagt Jan Giehrisch. Als Steinmetz habe er eine gewisse Grundruhe und Gelassenheit und überhaupt sei „fertig werden nicht das primäre Ziel.“ – Derzeit beschäftigt ihn vor allem der Ausbau einer zweiten Wohnung im früheren Pferdestall. Wenn alles gut geht, können dort ab Herbst Mieter einziehen. Die Fertigstellung der eigenen Wohnung muss derweil warten.

Ohnehin hat der Steinmetz und „Hofverwalter“ nicht allzu viel Muße, um es sich im Wohnzimmer gemütlich zu machen. Dazu gibt es schlicht und einfach zu viel zu tun. Jetzt in der schönen Jahreszeit halten sich die Giehrischs mehr im großen Garten als in ihrer Wohnung auf. „Ausruhen tun wir uns aber auch dort immer nur zwischendurch“, meint Claudia Giehrisch. Trotzdem stört sie die viele Arbeit nicht: „Wir machen das ja für uns.“

Wohnen Sie auch „anders“? Dann melden Sie sich bei uns in der Lokalredaktion Riesa: [email protected] oder telefonisch unter 03525 72415715. Ihr Wohnort – ob Riesa, Strehla, Nünchritz, Zeithain oder Gröditz – spielt dabei keine Rolle. Wir freuen uns!