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Lasst uns froh und munter sein

Die Zeitungsverkäufer der Straßenzeitung Drobs feiern Weihnachten – SZ-Leser helfen ihnen dabei.

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© Ronald Bonß

Für Ungeübte klingt das gar nicht schlecht, nur das Mienenspiel der Sänger passt nicht immer ganz zum Text: „Lasst uns froh und munter sein.“ Aber der Wille zum Frohsinn ist da bei den Verkäufern der Dresdner Zeitung für Wohnungslose, Langzeitarbeitslose und sozial Benachteiligte auf ihrer Weihnachtsfeier in der Philippus-Kirchgemeinde Gorbitz. Auch wenn sie selbst Wohnungslose, Langzeitarbeitslose und sozial Benachteiligte sind. „Lustig, lustig, tralala“.

Peter-Lutz Friese ist einer von ihnen. Der Mann ohne festen Wohnsitz trägt heute Weihnachtsmannmütze zum Adidas-Hemd. Er ist Profi im Zeitungsverkaufen. Seit vielen Jahren macht er das, auch schon in Leipzig und in Stuttgart. Wie alle anderen kauft er die Drobs-Ausgaben für einen Euro vom Verein und verkauft sie auf der Straße für 1,70. Manche geben auch Trinkgeld. Er bringt zehn bis 20 pro Tag an den Mann oder die Frau. Immerhin mehr als 3000 Drobs-Ausgaben werden von den 20 Freiwilligen jeden Monat verkauft, zuletzt sogar mit steigender Tendenz. Welche Zeitung kann das schon von sich sagen.

Leicht ist es nicht, die Verkäufer müssen sich auf der Straße manchmal ganz schön was anhören. Ein dickes Fell zählt zu den Grundvoraussetzungen für diesen Job. Trotzdem ist er wichtig. Er schafft eine Aufgabe und sorgt für Erfolgserlebnisse. Er stärkt das Selbstvertrauen. Die Männer und Frauen im meist fortgeschrittenen Alter bilden einen Stuhlkreis, singen Weihnachtslieder und berichten, was sie gern tun und worüber sie sich besonders freuen. Die Partnerin von Peter-Lutz Friese im Spitzenkleid und rotem Hut gibt heute den Weihnachtsengel. Sie trifft die Gefühlslage der meisten mit einem einfachen, bedeutungsschweren Satz: „Ich freue mich, dass ihr alle gekommen seid.“ Alle nicken, mehrere Gäste wiederholen ihn. Eine andere Frau berichtet, dass sie sich besonders freut, wenn sie auf der Straße mit Würde behandelt wird.

Maria Dunger sitzt im Rollstuhl und ist froh darüber, dass es immer wieder Menschen gibt, die im rechten Moment da sind, um zu helfen. Zu diesen Menschen gehört Andreas Kratzsch von der Diakonie. Er ist heute der Nikolaus. Er findet gute Worte, sagt jedem Einzelnen Dankeschön und übergibt ein kleines Geschenk aus dem Sack: ein Päckchen Pfefferkuchen und einen Tetrapack Weihnachtspunsch. Anschließend wird gegessen, es gibt Sauerbraten mit Rotkraut. Fast alle sind jetzt froh. Auch die Leser der Sächsischen Zeitung gehören zu denen, die im rechten Moment da sind. Ihre Spenden helfen bei der Finanzierung der Feier. Und die Lichtblick-Verantwortliche Andrea Jähnigen sorgt für Beifall, als sie einen Scheck über 500 Euro übergibt, mit dem im nächsten Jahr nicht nur die Weihnachtsfeier, sondern auch erstmals der eine oder andere gemeinsame Ausflug organisiert werden kann. Moritzburg wäre schön oder eine Dampferfahrt.

Die meisten hier schaffen so etwas nicht mehr allein.