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Langsamer Abschied vom Ostritzer Traditionscafe

Barbara und Klaus Schreiber wollen ab dem neuen Jahr kürzer treten. Kaffee und Kuchen soll es dennoch im „Cafe Giersch“ weiter geben.

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© Matthias Weber

Von Jan Lange

Ostritz. Er würde gern mehr Radfahren, sagt Klaus Schreiber. Der Garten hinterm Haus sei ebenfalls riesengroß, fügt der Ostritzer Konditormeister hinzu. Und zehn Enkel gebe es ja auch noch. Genügend Zeit hat er dafür bisher nicht. Denn er steht jeden Tag im „Cafe Giersch“, backt die leckeren Torten sowie Brot und Brötchen. Jetzt möchte Klaus Schreiber gern etwas kürzer treten. Er ist immerhin 71. Seit 1975, mittlerweile also über 40 Jahre, betreibt Barbara Schreiber die Konditorei samt Cafe. Und ihr Mann ist immer an ihrer Seite. Der Betrieb selbst hat eine viel längere Tradition: Margarete und Kurt Giersch übernahmen 1948 die Bäckerei Wagner und machten daraus das „Cafe Giersch“. Hier wird nun seit fast 70 Jahren Kaffee und Kuchen ausgeschenkt. „Wir haben es jetzt lange genug gemacht“, findet Klaus Schreiber.

Die Kinder werden das Unternehmen nicht fortführen, sie arbeiten alle in anderen Berufen. Die Suche nach einem möglichen Nachfolger von außerhalb haben Schreibers schon vor Jahren aufgegeben. Es habe Interessenten gegeben, übernehmen wollte es am Ende aber keiner. Und so müssen die Ostritzer langsam Abschied von dem Traditionscafe nehmen. „Am 24. Dezember werden wir das letzte Mal Brot und Brötchen backen“, kündigt Klaus Schreiber an. Auf frische Backwaren müssen die Einwohner der Neißestadt danach nicht verzichten: In Ostritz gibt es noch zwei weitere Bäckereien. Das sei genug für die rund 2 500 Ostritzer, meint der Konditormeister.

Auch mit dem täglichen Cafe-Geschäft soll im neuen Jahr Schluss sein. Das endgültige Aus bedeutet dies jedoch nicht. Trauerfeiern und Veranstaltungen wie das Literaturcafe sollen weiterhin im „Cafe Giersch“ stattfinden können, sagt Barbara Schreiber. Es gebe ja sonst nicht viele Anlaufpunkte in Ostritz, fügt die Inhaberin hinzu.

Ab April 2017 wollen die Schreibers das Cafe zumindest an den Wochenenden und Feiertagen wieder von 12 bis 17 Uhr öffnen. Von Hundert auf Null zurückschalten, das könne sie nicht so einfach, gibt Barbara Schreiber ganz offen zu. Sie sei in das Cafe hineingeboren worden. Loszulassen, falle ihr sehr schwer. Sie sei mit den Gästen alt geworden. Und gerade bei Trauernden ist es auch ein bisschen Sozialstation. Der Kundenkontakt würde ihr fehlen, ist sie sich sicher. Klaus Schreiber kann seine Frau verstehen – auch wenn er gerne das Cafe für immer geschlossen hätte.

Den Betrieb auf fünf Stunden am Wochenende zu beschränken, sei der Kompromiss, auf den sich beide geeinigt haben. Weiterarbeiten wollen die Konditormeister allerdings ohne ihre zwei derzeitigen Angestellten, die beide seit mehr als 25 Jahren bei ihnen beschäftigt sind. Sie müssen sich einen neuen Arbeitgeber suchen. Dass sie das „Cafe Giersch“ weiterführen, hätten Barbara und Klaus Schreiber gern gesehen. Doch diese Lösung hatte sich ebenfalls zerschlagen.

Und so wird es das Traditionscafe im nächsten Jahr nur noch in kleiner Form geben. An den Sonnabenden und Sonntagen machen Schreibers schon jetzt den meisten Umsatz. Unter der Woche kommen nur vereinzelt Gäste ins Cafe. Voll wird es vielleicht mal, wenn Josefine Schmacht zum Literaturcafe einlädt. Dann füllt sich der hintere Cafe-Raum schon mal mit bis zu 30 Personen.

Als die Schließung des Cafes die Runde in Ostritz machte, befürchteten viele, dass dies auch das Ende des monatlichen literarischen Treffens bedeutet. Dem ist nicht so. Auch im kommenden Jahr werden die Bücherwürmer regelmäßig im „Cafe Giersch“ zusammenkommen. Barbara Schreiber will die Treffen der Literaturfreunde, der Konsumfrauen und der ehemaligen Kollegen der Ostritzer Fabriken aber möglichst so legen, dass nicht jeden Tag etwas los ist.

Das nächste Ostritzer Literaturcafe findet am kommenden Dienstag, um 14.30 Uhr, statt. Diesmal gibt es einen Reisebericht über Ghana. Der Eintritt ist wie immer frei.