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Landwirte suchen Gastwirt

Die Agrargenossenschaft Nieder Seifersdorf muss sich mehr um die Milchkühe als um ihre Gaststätte in Baarsdorf kümmern. Und das „Stadt Löbau“ steht auch wieder leer.

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© André Schulze

Von Steffen Gerhardt

Nicht die Flinte ins Korn werfen will Hans-Günter Schleuder. Auch wenn der Vorsitzende der Agrargenossenschaft Nieder Seifersdorf es gern gesehen hätte, wenn die Gaststätte „Zum Landwirt“ in diesem Jahr einen neuen Eigentümer bekommt. „Aber bisher hat sich kein Käufer auf unsere Anzeige hin gemeldet.“ Deshalb hat der Vorstand entschieden, das Angebot auf dem Internetportal Immobilien-scout 24 um ein Vierteljahr zu verlängern. In der Hoffnung, es findet sich doch noch ein neuer Betreiber oder Käufer, der für den „Landwirt“ geeignet ist.

Im „Stadt Löbau“ (kleines Foto) hingegen herrscht Leere. Ein Pole wollte hier Dichtungsringe herstellen.
Im „Stadt Löbau“ (kleines Foto) hingegen herrscht Leere. Ein Pole wollte hier Dichtungsringe herstellen. © André Schulze

Denn nur von einer Kneipe an der Straße zur Autobahn zu sprechen, ist untertrieben. „Der Landwirt“ verfügt über einen großen Saal mit 100 Plätzen, einen Gastraum mit 80 Plätzen und ein Klubzimmer mit 50 Plätzen im Keller. „So etwas findet man in der näheren Umgebung nicht. Hinzu kommt der gute bauliche Zustand“, wirbt Vorstand Schleuder für das Objekt.

Die Agrargenossenschaft sieht den Gaststättenbetrieb nicht als ihre Aufgabe an und möchte diesen daher abgeben. Aber es gibt noch einen anderen Grund, der den Vorstand bereits im März dieses Jahres zu dem Beschluss führte, mittelfristig einen neuen Eigentümer oder Betreiber für die Gaststätte zu finden: die wirtschaftliche Situation. Die Milcherzeugung ist der Haupterwerb der Nieder Seifersdorfer und die anhaltende Talfahrt des Milchpreises bringt kaum Geld für Investitionen der Genossenschaft, um beispielsweise Veränderungen im Restaurant vornehmen zu können.

Die sechs in Vollzeit und zwei in Teilzeit Beschäftigten in Gaststätte und Küche sind Mitarbeiter der Genossenschaft und werden demzufolge von ihr bezahlt. Wie es um ihre Zukunft bestellt ist, darüber will Hans-Günter Schleuder nicht spekulieren. „Das hängt von dem neuen Betreiber und seinem Konzept ab“, sagt der Vorstand. Denn das Restaurant könnte auch als Kantine oder Großküche genutzt werden. Ein Geschäftsfeld, das angesichts der Küchenschließungen in Boxberg, Klitten und Mücka zum Jahresende vielleicht doch noch interessant werden könnte. Auf alle Fälle werde die Genossenschaft die Gaststätte weiter betreiben, bis sich jemand Neues gefunden hat, versichert der Vorsitzende.

Ein Schicksal wie dem nur wenige Kilometer entfernten „Stadt Löbau“ soll der Baarsdorfer Gaststätte erspart bleiben. Von der traditionsreichen und mit einem großen Saal ausgestatteten Gaststätte trennte sich die Agrargenossenschaft Ende 2013.

Zu groß wären die notwendigen Investitionen in das Gebäude – und auch die Einnahmen blieben hinter den Erwartungen zurück. Auch wenn sich in dem Haus und insbesondere im Saal das kulturelle Leben der Nieder Seifersdorfer abspielte, davon allein konnte die Agrargenossenschaft dieses Haus nicht finanzieren.

Doch das ist inzwischen Geschichte. Auch der hoffnungsvolle Neubeginn im Oktober 2014 durch einen polnischen Unternehmer entpuppte sich nur als ein kurzes Zwischenspiel. Der zur Produktionshalle umfunktionierte Festsaal ist inzwischen leergeräumt. Die Technik, mit der Dichtungsringe für den europäischen Markt produziert werden sollte, steht und arbeitet jetzt wahrscheinlich anderswo.

Bereits 2015 wurde das Objekt für 35000 Euro im Internet angeboten. Aber bisher scheint es keinen Interessenten zu geben. Zumindest liegt der Gemeindeverwaltung von Waldhufen nichts vor. Das bestätigt Bürgermeister Horst Brückner auf Nachfrage der SZ: „Wir wissen nicht, wer jetzt Eigentümer ist.“ Ganz gleich, wie der ehemalige Gasthof genutzt wird. Seine Nähe zur Autobahn wäre doch ein gutes Verkaufsargument – wenn der bauliche Zustand nicht so bedrohlich wäre.