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Landsknechte, auf nach Zabeltitz!

Die Schweden kehren zurück. Nur wann, ist unklar. Ein Strießener will ein Historienspektakel in die Region holen.

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© Anne Hübschmann

Von Jörg Richter

Großenhain. Wer erinnert sich nicht an die DDR-Fernsehserie „Retter, Rächer und Rapiere“? Sie spielt im Dreißigjährigen Krieg. Ronny Berger, mit dem sich die SZ in der Zabeltitzer Pension „Alte Schmiede“ verabredet hat, sieht wie ein Komparse für eine Neuverfilmung aus. Die Kleidung, die Muskete und das Rapier (das typische Adelsschwert dieser Zeit) machen glauben, vor einem echten Landsknecht des 17. Jahrhunderts zu stehen. Bergers verwegener Blick tun ein Übriges dazu.

Seine Augen funkeln, wenn er von seinem Hobby erzählt: „Ich bin durch einen Arbeitskollegen in die Szene gekommen und habe auf der Festung Königstein zum ersten Mal ein historisches Lager miterlebt. Sofort war mir klar, das ist mein Ding.“ Seit drei Jahren gehört er zu den Oberlausitzer Landsknechten. Das sind rund 20 Männer und Frauen, die sich für die Geschichte des Dreißigjährigen Krieges interessieren und diese Zeit bei Stadtfesten und historischen Spektakeln aufleben lassen. „Wir versuchen, alles so authentisch wie möglich nachzugestalten.“ Kleidung, Waffen, aber auch das Handwerk. „Die Knöpfe habe ich selbst aus Zinn gegossen“, sagt Berger stolz. Schuhe, Hosen und Jacken sind handgemacht. Sie gibt es nirgendwo von der Stange zu kaufen. Nur sein weißes Leinenhemd stammt von einem Mittelaltermarkt.

Auch wenn die Oberlausitzer Landsknechte nur eine kleine Darstellergruppe sind, haben sie sich wegen ihrer Originalität bundesweit schon einen Namen gemacht. Sie waren bereits in Emden, Stralsund, Treuen, Kronach, Breitenbrunn und sogar in Prag – also dort, wo vor knapp 400 Jahren der Dreißigjährige Krieg mit dem Prager Fenstersturz seinen Anfang nahm.

Schweden brandschatzten

„Auch in unserer Gegend ist im Dreißigjährigen Krieg einiges passiert“, sagt Berger. Zwar hätten hier nicht die großen Schlachten stattgefunden, aber die schwedischen und kaiserlichen Truppen waren hier mehrmals durchgezogen und hinterließen Schutt und Asche. So wurde Frauenhain zweimal gebrandschatzt und in Ponickau alle Dorfbewohner umgebracht. „Nur der Pfarrer soll überlebt haben“, erzählt Berger. An den tapferen Großenhainern haben sich die Söldner allerdings ihre Zähne ausgebissen. Zweimal (1637 und 1643) wurde die Stadt von den Schweden belagert und fiel nicht. Der berühmte schwedische Feldherr Lennart Torstensson soll gesagt haben: „Die Mauern Großenhains müssen aus tausend Vaterunsern errichtet sein, denn sie trotzen unseren Kugeln.“ Um an den Mut und die Tapferkeit der Großenhainer zu erinnern, würde Berger gern auch mal hier ein größeres Historienspektakel veranstalten.

Aber das kostet Geld. Denn die Oberlausitzer Landsknechte würden dazu auch andere Historienvereine einladen. Denn eine nachgestellte Stadtbelagerung mit 20 Mann würde wohl kaum Zuschauer anlocken. Eher so ein großes Feldlager wie auf der Festung Königstein mit 300 Landsknechten. „Je mehr umso echter wirkt das Ganze“, sagt Berger. Die meisten Gruppen, die gebucht werden müssen, kommen nicht wegen des Geldes. „Meistens springt da nur das Fahrgeld heraus“, sagt der 40-Jährige. In der Regel seien das 30 bis 50 Euro pro Darsteller.

Bei 300 Mann kann da schon eine stolze Summe von 15 000 Euro zusammenkommen. Geld, das viele Kommunen nicht bereit sind auszugeben. In der Gemeinde Priestewitz, wo Berger wohnt, gab es kaum Resonanz auf einen Aufruf im Gemeindeblatt. Der Strießener wollte neue Mitstreiter und Sponsoren finden. Nur die neue Tischlerei „Werk 9“ reagierte und versorgte die Oberlausitzer Landsknechte mit urigen Tischen und Bänken.

Der Zabeltitzer Schlosspark oder die Großenhainer Innenstadt sind laut Berger ohnehin die geeigneteren Orte, das Leben und Kämpfen im Dreißigjährigen Krieg nachzustellen. Doch die Stadtverwaltung zögert. Zur Landesgartenschau 2002 und zum 800-jährigen Jubiläum 2005 wurde der Schwedenangriff bereits nachgestellt. Sogar mit Kanonen. Zwei laute Spektakel, die zahlreiche Zuschauer begeisterten. Damals seien auch etwa 150 bis 200 Darsteller beteiligt gewesen, so Stadtsprecherin Diana Schulze. Außerdem mussten Wasseranschlüsse, Waschgelegenheiten, Schießpulver, Holz, Stroh und Verpflegung zur Verfügung gestellt werden. Also weitere Kosten, die auf eine Kommune zukommen.

„Diese Nachstellungen sind ein Publikumsmagnet und finden immer guten Zuspruch“, sagt die Stadtsprecherin. „Es muss allerdings zum jeweiligen Veranstaltungskonzept passen.“ Grundsätzlich wäre eine solche Nachstellung auch bei zukünftigen Veranstaltungen wieder denkbar.

2017, wenn sich die erste Stadtbelagerung zum 380. Mal jährt, ist für die Oberlausitzer Landsknechte allerdings unrealistisch. „Das wird wohl zu kurzfristig für die Planung, denn viele Gruppen haben das nächste Jahr schon verplant“, sagt Berger. 2018 wäre besser. „Denn das ist natürlich das Jahr schlechthin“, sagt er. Dann ist es genau 400 Jahre her, dass der Dreißigjährige Krieg seinen Anfang nahm.