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Landratsamt verbietet Modelleisenbahnschau

Der Zittauer Verein muss seine Jubiläumsausstellung an drei Tagen schließen. Das verlangt die Behörde.

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© Rafael Sampedro

Von Mario Heinke & Rolf Hill

Wolfgang Göbbels und Karl-Heinz Stange können es kaum glauben, was in dem Brief vom Landratsamt steht. Das Ordnungsamt untersagt den Modelleisenbahnern vom Zittauer-Modell-Eisenbahn-Club ihre traditionelle Modelleisenbahn-ausstellung am Volkstrauertag, Buß- und Bettag sowie am Totensonntag zu öffnen. Zur Begründung schreibt das Amt: „Eine Modellbahnausstellung ist eine Veranstaltung bzw. Vergnügung, die dem ernsten Charakter dieser Tage zuwiderläuft.“ Bis Freitag müssen die Modellbauer dem Amt schriftlich mitteilen, dass sie dem Verbot Folge leisten. „19 Jahre lang hat das niemanden gestört“, sagt Schriftführer Stange. Inzwischen weiß er, dass acht andere sächsische Modelleisenbahnvereine an diesen Tagen ihre Ausstellungen sehr wohl öffnen. „Die zuständige Fachaufsichtsbehörde in Dresden stellt die Genehmigungsfähigkeit der Veranstaltung infrage“, erklärt der Kreis auf Anfrage der SZ. Laut einem Erlass des Sächsischen Staatsministerium des Inneren genießen „stille Feiertage“ besonderen Schutz. Ein wichtiger Grund, solche Ausstellungen ausgerechnet an einem stillen Feiertag durchführen zu müssen, erscheint nicht erkennbar, so das Amt. Gefragt, wer denn definiere, welche Veranstaltungen nicht ernst genug seien, antwortet der Kreis. „Nach Ansicht der Landesdirektion ist eine Modellbahnausstellung immer eine Veranstaltung, die dem ernsten Charakter dieser Tage zuwiderläuft.“

Dem Verein drohen nun erhebliche Einnahmeausfälle, weil der Besucherandrang eben genau an diesen Tagen in den vergangenen Jahren besonders hoch war. Ausgerechnet in diesem Jahr veranstalten die Modellbahnfreunde die 40. Jubiläums-Ausstellung der Zimec-Freunde.

Es gibt nur noch wenige Zittauer Modelleisenbahner, die sich an die Anfänge erinnern oder dabei gewesen sind, als sich im August 1962 fünf Leute gefunden hatten, die gemeinsam ihrem Hobby „Kleine Bahn ganz groß“ frönen wollten. Im Kulturzentrum Weststraße gründeten sie eine Arbeitsgemeinschaft. Zu ihnen gehörten sowohl Wolfgang Göbbels als auch Karl-Heinz Stange. Im August 1968 fand im damaligen „Grünen Ring“ an der Frauenstraße eine erste Ausstellung statt. Dort entstanden die Anfänge einer ersten Gemeinschaftsanlage. Wolfgang Göbbels übernahm den Vorsitz der AG. Den später entstandenen Verein „Zittauer-Modell-Eisenbahn-Club“ (Zimec) leitet er bis heute .

Die Bedingungen für die Modelleisenbahner verbesserten sich mit dem Umzug in die Mandaukaserne im Jahre 1977. Hier standen drei Arbeitsräume zur Verfügung, eine Voraussetzung für den Beginn einer regelmäßigen Ausstellungstätigkeit. Im Mittelpunkt stand dabei die zweite Gemeinschaftsanlage. Wertvolle Kontakte ergaben sich 1990 in Folge der Städtepartnerschaft mit Villingen-Schwenningen zu den Freunden des Villinger Eisenbahn-Clubs. Gegenseitige Besuche wurden seither feste Tradition. Dazu gehören auch die gemeinsamen Exkursionen zu den schönsten Eisenbahnstrecken des Landes. Hauptanziehungspunkt der Ausstellungen war schon immer die große Clubanlage in der Nenngröße H0. Aber die Besucher interessieren sich ebenso für die Fortschritte beim Bau der 1995 begonnenen dritten Clubanlage, dem Nachbau von Streckenteilen der Zittauer Schmalspurbahn in der Nenngröße H0e. Hier wurde besonders auf Detailtreue geachtet. Nur so könne man einen echten Einblick in die Geschichte der „Bimmelbahn“ geben. 1979 veranstaltete die AG die 20. Ausstellung. Es war die letzte in der Mandaukaserne, den unmittelbar danach erfolgte der Umzug in die Räume an der Gerhart-Hauptmann-Straße, dem heutigen Domizil des Vereins. Die Bedingungen der Hobby-Modellbauer verbesserten sich nochmals. Das betraf sowohl die Möglichkeiten zur Zusammenkunft als auch der Arbeit an den Anlagen. Immer wieder gab es bei den Ausstellungen besondere Höhepunkte für die Besucher. 2009 wurde erstmalig der 100-jährige Königlich-Sächsische IV K-Zug in H0e eingesetzt. Zum anderen zeigte der Verein die neu entstandene Dampflokomotive IK Nr. 54 auf einem Modell-Tieflader sowie bei ihrer Willkommenstour durch Sachsen am 3. Juli 2009 auf dem Zittauer Marktplatz.

Die internationalen Verbindungen liegen in den Händen von Schriftführer Karl-Heinz Stange. Er hält Kontakt zu Timothy J. Fairhall aus der fernen neuseeländischen Hauptstadt Wellington. Der ist den Freunden des Zittauer-Modell-Eisenbahn-Clubs. Der heute 67-jährige Hobby-Modellbauer belegte im Jahre 2009 den vierten Platz im weltweit ausgeschriebenen Diorama-Wettbewerb des „Märklin-Magazins“ mit einem Modell des Übergangs unserer Schmalspurbahn über die Mandaubrücke an der Südstraße, stadteinwärts gesehen. Karl-Heinz Stange weiß, dass der Neuseeländer gerade dabei ist, ein Modell des Zittauer Bahnhofes mit allem Drum und Dran zu bauen. Den hatte er 2007 begeistert in Augenschein genommen und den Plan zum Nachbau gefasst.

Weil eine flächenmäßige Ausdehnung der Anlagen nicht möglich ist, konzentrieren sich die Modellbauer auf immer wieder neue Details. Die Anlagen sind ein echtes Gemeinschaftswerk, denn neben der fest installierten Basis sind auch 99 Prozent des „rollenden Materials“ Eigentum des Vereins. Anlässlich der Jubiläumsausstellung zeigen die Modelleisenbahner einige Neuigkeiten. Da wäre zum einen der Zug mit einem NVA-Truppentransport auf der großen Anlage. Hier findet sich nun auch ein polnischer Personenzug mit einer Diesellok SM 42, wie er zuletzt noch nach Bogatynia fuhr. Dem Jubiläum „60 Jahre Robur“ wurde mit einem Transparent am Bahnhof Vorstadt am Schmalspur-Modell gedacht. Umgestaltet wurde außerdem die Spielanlage im Vorraum, wo sich diesmal Riesenrad und Achterbahn drehen werden. Ein Besuch lohnt sich auf alle Fälle, so Karl-Heinz Stange.

Öffnungszeiten: 11. bis 26. November, jeweils sonnabends, sonntags von 13 bis 17.30 Uhr. Am 19., 22. und 26. November wegen Verbots geschlossen.