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Landkreis plant Millionenumzug

Für 25 Millionen Euro will der Kreis bauen und Behörden in Meißen konzentrieren. Das hätte Folgen für Riesa.

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© Sebastian Schultz

Von Christoph Scharf

Wer in Riesa schon mal ein Auto angemeldet hat, kennt das Gebäude: Der wuchtige Block der einstigen Kaserne an der Heinrich-Heine-Straße beherbergt eine Reihe von Außenstellen der Kreisverwaltung. Nicht nur die Zulassungsstelle ist dort zu finden, auch Mitarbeiter von Sozialamt, Jugendamt, Gesundheitsamt sitzen dort.

Fast dreimal so viele sind mit dem Kreis-Jobcenter bei der Riesaer Arbeitsagentur eingemietet. Geht es nach der Kreisverwaltung, sollen alle 180 in der Heinrich-Heine-Straße unterkommen.
Fast dreimal so viele sind mit dem Kreis-Jobcenter bei der Riesaer Arbeitsagentur eingemietet. Geht es nach der Kreisverwaltung, sollen alle 180 in der Heinrich-Heine-Straße unterkommen. © Sebastian Schultz

Laut Landratsamt sind aktuell an der Heinrich-Heine-Straße in Riesa 50 Mitarbeiter beschäftigt. Deutlich mehr sind es an der Riesaer Breitscheidstraße im Gebäude der Arbeitsagentur. Dort arbeiten 131 Mitarbeiter des Landkreises, die meisten von ihnen im Jobcenter. Diese 131 Angestellten können sich auf einen Umzug gefasst machen: Denn das Landratsamt plant einen so großen Behördenumbau, wie seit Jahren nicht.

2008 waren die damaligen Landkreise Meißen und Riesa-Großenhain fusioniert. Seitdem verteilt sich die Verwaltung auf die Standorte Meißen, Großenhain, Riesa und Radebeul. Nun will man mit einem Großprojekt die Verwaltung konzentrieren und interne Abläufe optimieren. Stimmen die Kreisräte am nächsten Donnerstag bei der Kreistagssitzung im Riesaer Stern zu, wird in Meißen neben dem vorhandenen Landratsamt an der Brauhausstraße ein Neubau geplant, der Platz für 270 Arbeitsplätze bietet. Auch ein klimatisierter Kreistagssitzungssaal mit 160 Plätzen soll dort entstehen, Platz für 6 000 laufende Meter Archivregal, Stellplätze und ein Parkdeck für 250 Fahrzeuge. Selbst ein Führungs- und Lagezentrum für den Katastrophenschutz soll dort einziehen.

Ein Hauptgrund für die geplante Investition ist, dass bislang noch etwa 185 Beschäftigte in angemieteten Objekten untergebracht sind. Die meisten davon arbeiten in Riesa – wo das Jobcenter bei der Arbeitsagentur eingemietet ist. In Meißen sind das Kreisordnungsamt und das Kreisschul- und Kulturamt fremd eingemietet. Diese Mietverträge will der Landkreis kündigen – und so pro Monat rund 21 000 Euro sparen.

Das ist aber noch nicht alles: Auch Ämter, die bislang in eigenen Liegenschaften in Meißen sitzen, sollen umziehen – so das Gesundheitsamt und das Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt (Lüva). Schließlich würden diese Liegenschaften „den Anforderungen an die Standards einer modernen Verwaltung“ langfristig nicht mehr genügen, heißt es in der Vorlage. Außerdem hat die Arbeitsagentur Interesse daran gezeigt, an der Meißner Brauhausstraße 32 Büros anzumieten. – Ziel ist es laut Kreisverwaltung, die Leitung des Hauses und das Gesundheitsamt in Meißen an der Brauhausstraße zu konzentrieren und das Dezernat Technik dort einzuordnen. Das Lüva soll in Großenhain am Remonteplatz zusammengeführt werden. Diese Konzentrierung lasse „erhebliche Synergie-Effekte“ erwarten, die sich „positiv auf die Leistungsfähigkeit der Verwaltung auswirken“ würden und „zweifelsohne“ auch den Einwohnern zugutekämen. Immerhin: Man wolle Außenstellen mit viel Publikum – vor allem in den Bereichen Soziales und Jugend – in Großenhain, Riesa und Radebeul beibehalten.

Kreisräte sind skeptisch

Für das gesamte Vorhaben kalkuliert die Verwaltung mit einem Aufwand von 25 Millionen Euro – bei einer Förderung von 3,8 Millionen Euro. Zudem lasse die stabile wirtschaftliche Lage in Deutschland und Sachsen eine „weiterhin gute finanzielle Ausstattung“ des Landkreises erwarten. Man strebe deshalb an, die Eigenmittel vollständig selbst zu finanzieren. Und falls man doch Kredite brauche, seien ja die Zinsen niedrig.

Doch werden die Kreisräte das Millionenprojekt überhaupt genehmigen? In der CDU-Fraktion gehen die Meinungen laut SZ-Informationen weit auseinander. Thomas Gey, Chef der Fraktion SPD/Grüne/Piraten, ist skeptisch. „Unsere Fraktion kann der Vorlage nicht zustimmen“, sagt der Radebeuler. Vor dem Hintergrund der Entwicklung im ländlichen Raum stelle man das Ziel einer weiteren Zentralisierung der Verwaltung in Meißen ohnehin infrage. „Wir haben moderne Kommunikationsmittel, da müssen nicht alle Mitarbeiter in einem Haus sitzen.“ Zwar sei man nicht grundsätzlich gegen einen Neubau, sieht aber die Variante kritisch. „Die Wirtschaftlichkeitsstudie ist ihr Papier nicht wert.“ Bei gerade mal vier Sitzungen pro Jahr sehe man auch keinen Bedarf für einen großen Sitzungssaal.

Momentan tagen die Kreisräte abwechselnd im Riesaer Stern und im BSZ Meißen. Wie lange es so bleibt, ist damit unklar. Immerhin: Dezernent Manfred Engelhard versicherte auf SZ-Anfrage, dass nach derzeitigem Stand alle 181 Arbeitsplätze der Kreisverwaltung in Riesa auch in Riesa bleiben: Sie sollen sämtlich in der Heinrich-Heine-Straße konzentriert werden. Großenhain dagegen büßt von derzeit 322 Arbeitsplätzen laut Plan knapp 100 ein. Läuft alles nach den Wünschen der Verwaltung, würde der Bau in Meißen 2020 beginnen und 2023 abgeschlossen sein.