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Harte Linie im Infinus-Prozess

Der Vorsitzende Richter lässt alle Anträge der Verteidigung ins Leere laufen. Es werden bereits Verhandlungstermine in den Sommerferien 2016 abgestimmt.

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© Ronald Bonß

Von Ulrich Wolf

Dresden. Die Entschlossenheit wich mitunter sogar der Verärgerung. Wer hier von einem „Geheimverfahren“ rede, der stehe jenseits der Realität, donnerte der Vorsitzende Richter Hans Schlüter-Staats. Seine verbale Spitze galt der Phalanx aus zwölf Anwälten, die auch am zweiten Verhandlungstag im Kapitalanlagebetrugsprozess um die Dresdner Finanzgruppe Infinus versucht hatte, das Verfahren zu verzögern.

Vergebens. Die Große Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Dresden lehnte am Montag sämtliche Anträge zur Aussetzung oder gar Einstellung des Prozesses zurück. Die Verteidiger hatten moniert, die Anklage habe das umfangereiche Beweismaterial nur unzureichend ausgewertet. Angesichts der schieren Datenmasse sowie immer neu eintrudelnder Unterlagen sei es unmöglich, eine Verteidigungsstrategie aufzubauen.

In seinen Ablehnungsbeschlüssen wies Schlüter-Staats dies energisch zurück. Es sei eine „schlicht irreführende Behauptung“, Asservate und Akten seien nicht ausreichend zugänglich gemacht worden. Seit einem Jahr stehe der Verteidigung im Landeskriminalamt dafür ein Extra-Arbeitsplatz zur Verfügung, wovon einige Anwälte jedoch erst spät und nur sporadisch Gebrauch gemacht hätten. Beim von der Verteidigung beklagtem „neuem Material“ handle es sich um Exzerpte aus bekannten Unterlagen, „die die Arbeit erleichtern“.

Der Anwalt eines Infinus-Managers scheiterte mit seinem Versuch, die am Verfahren beteiligten sieben Richter und Schöffen zu einer Diensterklärung zu zwingen. Darin sollten sie versichern, dass weder sie noch ihre Verwandten Anleger der Firmengruppe waren. Allein der Nachname der Richterin Monika Müller tauche 180-mal in der Anlegerliste auf, untermauerte der Anwalt seine Bedenken.

Schlüter-Staats hingegen betonte, er habe alle Verfahrensbeteiligten vorab gebeten, verwandtschaftliche Verhältnisse zu den Anlegern zu prüfen. Keiner habe sich gemeldet, und die Kammer selbst sei zu Nachforschungen nicht verpflichtet.

Angeklagt sind sechs Führungskräfte der Infinus-Gruppe. Sie sollen ein Schneeballsystem betrieben haben und dabei rund 22 000 ehemalige Kunden um fast 312 Millionen Euro betrogen haben.

Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt. Im Fokus soll dann Jens Pardeike stehen. Der 48-jährige gebürtige Freitaler ist als Einziger der Angeklagten nicht in Untersuchungshaft, weil er sich der Staatsanwaltschaft bereits in der Ermittlungsphase offenbarte. Pardeike war so etwas wie der oberste Buchhalter bei Infinus.

Richter Schlüter-Staats will bis Ende April nächsten Jahres 104 Zeugen gehört haben. In der dritten bis fünften Sommerferienwoche 2016 soll nicht verhandelt werden, „damit die Verteidiger, die Kinder haben, auch mal Urlaub machen können“.