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Lamborghini – mehr als ein Auto

Vor 25 Jahren starb der Erfinder der Luxuskarossen an einem Herzinfarkt. Was nur wenige wissen: Der Mann war ein Multitalent.

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© picture alliance / Ansa

Von Michael Ossenkopp

Der Legende nach kam Ferruccio Lamborghini eher zufällig zum Sportwagenbau. Ende der 1950er-Jahre besaß der Autonarr einen Mercedes 300 SL sowie mehrere Ferraris 250 GT, als Coupé, Berlinetta und 2+2. Bei allen Ferrari-Modellen kämpfte Lamborghini mit Kupplungsproblemen. Deshalb war er mehrmals in der Vertragswerkstatt. Weil es keine Abhilfe gab, beschwerte er sich schließlich persönlich beim Chef Enzo Ferrari. Daraufhin soll der Commendatore einen cholerischen Anfall bekommen haben, von einem „Treckerfahrer“ lasse er sich nicht über seine Autos belehren. Vermutlich brachte erst dieser Streit Lamborghini auf die Idee, eigene leistungsstärkere und besser verarbeitete Sportwagen zu bauen als die teuren Fahrzeuge aus Modena.

Schon 1962 begann Lamborghini mit den Vorbereitungen, ein Jahr später gründete er die Fabrik „Automobili Ferruccio Lamborghini S.p.A.“ in Sant’Agata nahe Bologna und engagierte die Besten der Branche. Mit der Entwicklung eines kraftvollen Antriebs (zwölf Zylinder, 3,5 Liter Hubraum und über 400 PS) beauftragte er Giotto Bizzarrini, der zuvor schon bei Ferrari und Iso Motoren entworfen hatte. Als Designer des legendären Lamborghini 350 GTV fungierte Franco Scaglione, er galt als „Mann fürs Wilde“, trotz oder gerade wegen seiner Alkohol- und Kokainabhängigkeit.

1965 wurde auf dem Autosalon in Turin der Prototyp eines Lamborghini Miura gezeigt. Spontan bot Stardesigner Nuccio Bertone an, eine Karosserie für den Wagen zu entwerfen. Innerhalb von sechs Monaten schuf er eine ultraflache Form von zeitloser Schönheit. Auf dem Genfer Salon 1966 präsentierte Perfektionist Lamborghini den Serien-Miura, benannt nach einer spanischen Kampfstierzucht. Er beschleunigte in gut sechs Sekunden auf Tempo 100 und mit dem riesigen, quer eingebauten Motor hinter den Sitzen raste der Bolide als erstes Serienauto an die 300 Stundenkilometer schnell über den Asphalt.

Lamborghini hatte Testfahrerlegende Bob Wallace von Maserati abgeworben, der sich auf öffentlichen Straßen hitzige Rennen mit Ferrari lieferte, die hier ihre neuen Fahrzeuge „ausprobierten“. Für die 170 Kilometer lange Strecke zwischen Mailand und Modena benötigte Wallace nur 38 Minuten, was einem unglaublichen Durchschnittstempo von 238 Kilometern in der Stunde entsprach – und das auf einem nicht abgesperrten Autobahnabschnitt. Von Rom nach Neapel (230 Kilometer) rauschte er zwischen Fiats und Lastwagen unter einer Stunde durch.

Bis 1973 wurden lediglich 765 Miura hergestellt, selbst prominente Käufer wie Frank Sinatra, Dean Martin, Rod Stewart oder der Schah von Persien mussten sich bis zur Auslieferung gedulden. 1966 kostete ein Miura umgerechnet etwa 38 500 Euro. Heute liegen mäßig erhaltene Exemplare bei mindestens 300 000 Euro, Autos in sehr gutem Zustand knacken schon mal die Millionengrenze. Nachfolger des Miura wurde 1974 der Countach. Doch da hatte Lamborghini die Mehrheit seiner Firmenanteile bereits verkauft. Damals waren wegen der Ölkrise schwere Zeiten für spritfressende Sportwagen angebrochen, zudem zeigte sein Sohn Tonino wenig Interesse an der Autoproduktion. Ferruccio selbst kehrte zu seinen Wurzeln zurück – dem Weinbau. Denn er stammte aus einer Winzerfamilie, doch sein Interesse an Technik hatte seinen Lebensweg zunächst in eine andere Richtung geführt. Nach einem Ingenieurstudium in Bologna diente er im Zweiten Weltkrieg bei der italienischen Luftwaffe und reparierte Militärfahrzeuge, 1945 geriet er auf Rhodos für ein Jahr in Kriegsgefangenschaft, hier verarbeitete er deutsche Panzer und Lastwagen der Alliierten zu Traktoren. Nach seiner Rückkehr blieb er der Branche treu und baute in seiner Werkstatt alte Militärgefährte zu dringend benötigten landwirtschaftlichen Maschinen um. 1948 gründete er die „Lamborghini Trattori“ und entwickelte „carioche“ (traktorähnliche Fahrzeuge) mit zwei- bis vierzylindrigen Dieselmotoren. Das Unternehmen lief prächtig, innerhalb weniger Jahre gehörte Lamborghini zu den größten Landmaschinenherstellern Italiens. Zwischenzeitlich produzierte er auch Kühlaggregate, für den Bau von Hubschraubern versagte ihm die italienische Regierung die Genehmigung. „Mechanik lag mir stets im Blut“, sagte er einmal über seine Interessen. Auch der Satz „Geld, Erfahrung und Gesundheit kann man im Leben nicht genug haben“ stammte von dem rastlosen Tüftler.

Ab 1974 pflanzte er in Borgo Panicale in Umbrien auf seinem Gut „Tenuta Patrizia Lamborghini“ verschiedene Rebsorten an. Und seine Weine sind bei Kennern sehr beliebt. Sein Rotwein „Colli del Trasimeno“ ist unter dem Namen „Sangue di Miura“ („Blut des Miura“) über die Grenzen Italiens hinaus bekannt. Heute liegt die Weinproduktion in den Händen von Lamborghinis Tochter Patrizia.

Zurzeit entsteht in Hollywood ein Film über das Leben des Sportwagenbauers, der unter dem Titel „Lamborghini – The Legend“ 2019 in die Kinos kommen soll. Um die Geschichte so authentisch wie möglich zu gestalten, berät Lamborghinis Sohn Tonino die Filmcrew.