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Lambertz kommt zu Dynamo

Andreas Lambertz zieht nach Dresden, aber nicht wegen der schönen Stadt, sondern weil er ein Ziel hat – mit Dynamo.

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© Robert Michael

Von Sven Geisler

Dresden. Die Tränen, das weiß Andreas Lambertz, sind nicht aufzuhalten. Es wird ein emotionaler Abschied am Pfingstsonntag, wenn der Held der Fortuna-Fans in Düsseldorf noch einmal die Mannschaft auf den Platz führt. Ein letztes Mal. Es steht zwar schon seit ein paar Wochen fest, dass er den Verein verlassen wird, für den er 13 Jahre gespielt hat und mit dem er von der Ober- bis in die Bundesliga aufgestiegen ist. Aber so wirklich vorstellen kann sich das immer noch keiner: Fortuna ohne Lambertz, „Lumpi“ ohne Fortuna?

Doch der 30-Jährige wird den Abschied verschmerzen, denn seit gestern ist es nun auch offiziell, wohin für ihn die Reise geht. Mit Frau Stefanie, Sohn Collin (acht Jahre) und Tochter Caitlin (drei) zieht Lambertz nach Dresden. Gestern war er in der Stadt, um nach der medizinischen Untersuchung bei den Schwarz-Gelben – wie seit Tagen erwartet – einen Vertrag bis 30. Juni 2017 zu unterschreiben. Mit einem klaren Ziel, nämlich „in den nächsten Jahren mit Dynamo den Sprung zurück in die 2. Bundesliga zu schaffen“.

Es spricht schon mal für Lambertz, dass in der offiziellen Pressemitteilung nicht die üblichen Floskeln von der schönen Stadt, dem tollen Stadion und den super Fans auftauchen. „Natürlich ist es für einen Fußballer auch etwas Besonderes, in der 3. Liga im Schnitt vor mehr als 20 000 Zuschauern spielen zu dürfen“, wird er zitiert. Aber wirklich Spaß macht das einem wie ihm nur, wenn er auch erfolgreich ist. Sein erster Übungsleiter bei der SG Orken-Noithausen, Georg Reisdorf, erinnert sich: „Verlieren kann er überhaupt nicht. Dann gab er schon mal den wüsten Igel.“

Nachzulesen sind solche Geschichten im Buch „Lumpis Weg“, der sicher kein leichter war, den Lambertz umso zielstrebiger gegangen ist. „Es gab talentiertere Kicker. Aber keiner besaß diesen absoluten Ehrgeiz“, berichteten seine Jugend-Trainer bei Bayer Dormagen dem Journalisten Frank Lehmkuhl. Das „dürre Kerlchen mit der Terrier-Mentalität“ wie der Buchautor Lambertz treffend charakterisiert, setzt sich durch. Sein Aufstieg mit der Fortuna von der viertklassigen Oberliga-Nordrhein bis in die Bundesliga ist einmalig, dass er in jeder Spielklasse mindestens ein Tor erzielte erwähnenswert. Denn wenn Lambertz eine Schwäche hat, dann die im Abschluss.

Aber Dynamo hat ihn nicht als Torjäger verpflichtet, sondern als einen „absoluten Mentalitätsspieler“, der „mit seinem Charakter vorangehen und eine wichtige Säule in unserer Mannschaft sein wird“. Das sagt Trainer Uwe Neuhaus über den Neuzugang, den er schon mal zu Union Berlin holen wollte. „Als er jetzt wieder auf mich zugekommen ist, hat er mir das Gefühl vermittelt, dass er mich unbedingt haben möchte. Das war für mich letztlich der ausschlaggebende Grund“, erklärt Lambertz, der andere Optionen wie etwa vom Zweitliga-Aufsteiger MSV Duisburg hatte.

Abschied geht an die Nieren

Dass Dynamo angeblich das finanziell lukrativste Angebot abgegeben haben soll, mag stimmen, stellt aber seine Entscheidung keinesfalls infrage. Lambertz ist nicht nur auf dem Platz ein ehrlicher Arbeiter, sondern auch eine grundehrliche Haut, wie Wegbegleiter versichern. Deshalb wird es ihm in Dresden keiner übelnehmen, dass ihm der Abschied aus Düsseldorf nach dann 338 Partien an die Nieren geht. „Fortuna ist nicht nur ein Arbeitgeber, sondern viel viel mehr“, hat er dem Express gesagt.

Profis, die so lange und authentisch mit ihrem Verein verbunden sind, wünschen sich die Fans – gerade in einer Zeit, in der die Trikots kaum so schnell beflockt werden können, wie die Spieler die Vereine wechseln. Lambertz ist nicht nur wegen seiner Position im defensiven Mittelfeld, sondern kann auch mit seiner Ausstrahlung ein würdiger Nachfolger für Cristian Fiel werden. Fußballerisch ist er freilich ein anderer Typ, mehr Kämpfer als Stratege. „Ich erwarte von ihm, dass er seine Führungsqualitäten einbringt“, sagt Neuhaus. „Davon werden vor allem die jüngeren Spieler in unserem Kader profitieren.“

Lambertz weiß aus Erfahrung die emotionalen Ausschläge einzuordnen, die bei einem Traditionsverein besonders heftig ausfallen – das ist in Düsseldorf nicht anders. Der Abstieg aus der Bundesliga 2013 war „das schlimmste Erlebnis“. Natürlich bleibt er danach trotzdem, aber als er jetzt merkt, dass er bei der Fortuna in die zweite Reihe geschoben wird, verzichtet Lambertz darauf, seinen Vertrag zu verlängern.

Der Dauerrenner mit der Pferdelunge fühlt sich zu jung für die Ersatzbank und keinesfalls zu alt für seinen ersten Vereinswechsel als Profi. „Ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass es zwischen mir und Dresden passen könnte“, sagt der Mann, den alle „Lumpi“ nennen, seit ihm Mitspieler Michael Rösele in seinem ersten Trainingslager diesen Spitznamen verpasste.