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Läufer lieben die Görlitzer Strecken

Der Europamarathon gilt wegen seiner bergigen Etappen als Besonderheit in der Szene. Über 1 600 Sportler sind am Sonntag dabei.

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© SZ-Archiv / H.-E. Friedrich

Von Daniela Pfeiffer

Görlitz. Peter Johnston hat jetzt schon einen Rekord aufgestellt. Zwar ist der Görlitzer Europamarathon erst an diesem Sonntag, aber der Preis für die weiteste Anreise ist ihm gewiss. Aus Neuseeland hat er sich gemeldet. Über die Möglichkeit der Onlineanmeldung – diese lief bis 15. Mai – ist das für Läufer aus aller Welt kein Problem. In den vergangenen Jahren gab es schon Teilnehmer aus Sibirien, Singapur und Australien.

Die Herren hinter dem Lauf: Norbert Wege, Werner Horn, Jaroslaw Chuderski, Günter Friedrich und Detlef Lübeck (v.l.) ziehen die Fäden bei der größten Görlitzer Sportveranstaltung.
Die Herren hinter dem Lauf: Norbert Wege, Werner Horn, Jaroslaw Chuderski, Günter Friedrich und Detlef Lübeck (v.l.) ziehen die Fäden bei der größten Görlitzer Sportveranstaltung. © SZ-Archiv / Pawel Sosnowski

„Uns finden auch immer wieder Profiläufer aus Äthiopien“, berichtet Günter Friedrich, der Vorsitzende des Europamarathon-Vereins. „Die fragen uns dann an, wer die Flüge und Hotel bezahlt und wie hoch das Preisgeld ist.“ Aber so läuft das in Görlitz natürlich nicht. Der Europamarathon ist in erster Linie ein Volkslauf – ohne die ganz großen Geldsummen. „Und das wollen wir auch bleiben“, sagt Günter Friedrich.

Europamarathon am 28. Mai, Start- und Ziel auf der Elisabethstraße.

Die SZ gibt einen Überblick

1605 Sportler sind in 17Disziplinen bislang angemeldet

Mit dem Online-Anmeldeschluss hatten sich 1605 Sportler registriert. Der überwiegende Teil auf den kürzeren Laufstrecken wie fünf Kilometer (335), zehn Kilometer (361) oder den Halbmarathon (239). Am Lauf der Läufe, dem Marathon, nehmen 140Sportler teil. Insgesamt bietet der Verein 17Disziplinen, darunter den Bambinilauf die Allerkleinsten, Tretroller, Walken, Skaten, Handbike und erstmals auch Einrad. Letzteres ergab sich aus einer Anfrage vom Sächsischen Landesverband. „Das wird quasi ein Test, wenn es gut läuft, wer weiß: Vielleicht finden mal die Deutschen Meisterschaften hier statt“, sagt Detlef Lübeck vom Verein. Die Einradfahrer gehen genau wie die Halbmarathonläufer über 21Kilometer an den Start. Die Anmeldezahlen werden sich erfahrungsgemäß noch erhöhen. Denn am Marathonwochenende sind noch Nachmeldungen möglich. Und bei schönem Wetter kommt in der Regel noch einmal ein großer Schwung Kurzentschlossener, so Detlef Lübeck. Das kann sogar noch mal ein Drittel der bislang Gemeldeten sein.

400Freiwillige sichern die Laufveranstaltung ab

Ohne sie wäre die ganze Veranstaltung überhaupt nicht denkbar: Über 400 freiwillige Helfer braucht der Verein jedes Jahr – und findet sie auch. Seien es diejenigen, die von Anfang mithelfen oder die Schüler des Augustum-Annen-Gymnasiums, die beim Aufbau helfen. Ein Teil der Freiwilligen kümmert sich darum, dass die Sportler unterwegs nicht verdursten oder einen Hungerast haben. 18Verpflegungsstellen richten sie ein, davon drei in Polen – mithilfe der polnischen Freiwilligen. Aller fünf Kilometer ist eine solche Stelle vorgeschrieben, wo die Läufer im Vorbeikommen einen Wasserbecher oder Obst greifen können. 5000Liter Getränke stehen bereit, dazu Unmengen an Äpfeln und Bananen. Bei großer Hitze müssen dazwischen sogar noch Erfrischungsstellen aufgebaut werden. Das alles passiert am Lauftag in aller Herrgottsfrühe. Denn immerhin fallen ab 9Uhr schon die ersten Startschüsse. Für ihre Mühen bekommen die Freiwilligen keinen Cent, dafür aber ein jedes Jahr neu aufgelegtes Helfershirt und einen Verpflegungsbeutel. Nicht zuletzt zählen dazu auch einmal mehr zahlreiche Physiotherapeuten, die im Akkord schwere Läuferwaden wieder locker massieren.

90Streckenposten halten Autos in Schach

Es ist eine der größten Sorgen, die die Veranstalter jedes Jahr haben: Werden alle heil ins Ziel kommen? Wird auch ja kein Unfall passieren? Dafür tun sie, was sie können – in Zusammenarbeit mit Polizei, Rettungskräften und Feuerwehr. 30Polizisten und 90freiwillige Streckenposten sorgen dafür, dass Autofahrer die Läufer nicht gefährden. „Es gibt leider einige Wenige, die penetrant Gefahren provozieren“, sagt Werner Horn, ebenfalls Vereinsmitglied. „Manche beharren eben auf ihr Recht, die Straße für sich benutzen zu können.“ Es habe in den vergangenen Jahren Fälle gegeben, wo Polizisten von solchen Kraftfahrern sofort ein Bußgeld kassiert haben oder der Staatsanwalt am nächsten Tag zu Hause klingelte und die Fahrerlaubnis einzog. Vor allem die Skater mit ihren hohen Geschwindigkeiten sehen die Vereinsleute besonders gefährdet und appellieren eindringlich an alle Kraftfahrer, am Sonntagvormittag nach Möglichkeit das Auto stehenzulassen. Dazu werden sogar extra Flyer hinter die Scheibenwischer von Autos geklemmt.

75000Euro kostet die Organisation des Europamarathons

Es waren mal 50000Euro, die der Verein für Absperrungen, Ampeln, das Stellen von Kontrolleuren und Kampfrichtern, Moderator, Kampfrichter und dergleichen berappen musste. Inzwischen sind es 75000Euro, informiert Norbert Wege, der Kassenwart des Europamarathon-Vereins. „Wir erarbeiten uns dieses Geld jedes Jahr mühsam mithilfe unserer Kilometerpaten und von Sponsoren“, sagt er. Umso stolzer ist der Verein, dass er mit dem Schuhhersteller Birkenstock, der im Gewerbegebiet Ebersbach produziert, jetzt einen neuen Hauptsponsor präsentieren konnte. „Ganz entscheidend für uns ist trotzdem immer das Wetter am Lauftag. Ist es schön, gibt es viele Schlussanmeldungen und gute Umsätze an den Ständen. Das macht sehr viel aus“, so Wege.

Europamarathon sticht mit zwei Besonderheiten hervor

Ohne diese beiden Dinge wäre der Europamarathon mit Sicherheit nicht zu einer so beliebten Laufveranstaltung geworden: die bergigen und dabei noch grenzüberschreitenden Strecken. „Wer Görlitz durchsteht, kann überall laufen, so könnte das Motto heißen“, sagt Günter Friedrich. „Wir haben insbesondere viele Inlineskater wegen der bergigen Strecke.“ Mancher glaube das gar nicht. Aber wer in der Schlussphase noch den Weinberg hoch muss, wisse, wovon Friedrich redet. Trotzdem hoffe er, dass Auswärtige noch Muße haben, beim Lauf die schöne Gegend zu bewundern. „Denn das ist unser Ziel: Keine Rekorde, sondern unsere Region bewerben.“

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Nachmeldungen: 27. Mai, 14 bis 20 Uhr und 28. Mai, 7 Uhr bis jeweils 45 Minuten vor Start – im Augustum-Annen-Gymnasium (Annengasse 4). Zu diesen Zeiten werden auch die Startunterlagen an alle Sportler ausgegeben.