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Lässt die Sirene den Hausverkauf platzen?

Bleibt die Anlage auf dem Dach, ist das Gebäude unverkäuflich, sagt der Eigentümer. Wie eine Einigung aussehen könnte.

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Von Eric Weser

Wenn auf etwas Verlass ist, dann darauf, dass mittwochs um 15 Uhr die Sirenen heulen. Auch in Tiefenau. Noch hunderte Meter weiter ist der Klang zu hören. Doch das Gerät, das ihn erzeugt, sieht man selbst in Tiefenau kaum – obwohl es in luftiger Höhe auf dem Dach eines Wohnhauses thront. Denn das Gebäude steht gut versteckt im hinteren Teil der Fischergasse. Ein angestammter Platz – von dem der Signalgeber nun allerdings verschwinden soll. Denn die Motorsirene verdirbt dem Hauseigentümer die Laune.

Und das, obwohl er selbst gar nicht in dem Gebäude wohnt. Aber der Gröditzer will das leer stehende Haus, das er von seinem Onkel geerbt hat, verkaufen. Interessenten habe es schon mehrere gegeben, sagt der Noch-Eigentümer, der anonym bleiben möchte. Zum Abschluss eines Kaufvertrages sei es aber bisher nicht gekommen. Was auch an der Sirene liege.

Tatsächlich sind Wohnhäuser mit Sirenen schwer zu vermitteln, sagt Ulrich Löhlein vom Immobilienverband Deutschland. Auch eine Wertminderung ist dem Immobilienexperten zufolge gegeben. „Nur die wenigsten dürften es mögen, wenn in ihrer Nähe regelmäßig ein Alarm losgeht.“

In Tiefenau hat sich inzwischen eine junge Familie gefunden, die das Haus in der Fischergasse kaufen möchte. Deren Bank wolle aber den benötigten Kredit für den nicht in voller Höhe zusagen – der Sirene wegen. Deshalb wandte sich der jetzige Hauseigentümer an die Kommune, mit der Bitte, sie möge den Alarm-Apparat entfernen. „Sonst ist das Haus unverkäuflich.“

Eine schwierige Entscheidung. Einerseits sähe es der Wülknitzer Bürgermeister Hannes Clauß (parteilos) gerne, wenn die Sirene an ihrem bisherigen Platz bliebe. Und würde die Gemeinde das „Sächsische Gesetz über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz“ rigoros durchsetzen, dann könnte sie das auch.

Ohne Alarm geht es nicht

Denn in Paragraf 55 des Gesetzes heißt es: „Die Eigentümer und Besitzer von Grundstücken und Gebäuden haben die Anbringung von Feuermelde- und Alarmeinrichtungen [...] für Zwecke der Brand- und Katastrophenbekämpfung ohne Entschädigung zu dulden.“

Aber sich stur stellen und nur auf das Gesetz verweisen, das will die Gemeinde auch nicht. Zumal die Einwände des Besitzers und der möglichen Hauskäufer durchaus nachvollziehbar seien, wie der Wülknitzer Wehrleiter Frank Wilhelm einräumt. Jetzt müsse ein Kompromiss gefunden werden. Wie könnte der aussehen? „Es wäre denkbar, dass im Ort ein neuer Sirenenmast gebaut wird“, so Frank Wilhelm.

Verzichtet werden kann auf den schrillen Signalgeber jedenfalls nicht. „Wir rufen die Kameraden zwar auch per Handy zum Einsatz“, sagt der Leiter der Gemeindefeuerwehr. „Aber das hat nicht jeder ständig dabei.“ Die Hauptalarmierung erfolge deswegen nach wie vor über die Sirene. Und für den Katastrophenfall müsse sichergestellt sein, dass die Anwohner alarmiert werden, so Frank Wilhelm.

Insgesamt gibt es in der Gemeinde Wülknitz fünf Sirenen. Zwei in Wülknitz und je eine in Lichtensee, Streumen – und Tiefenau. In Streumen ragt der Apparat auch von einem Privatgebäude in den Himmel, das früher einmal der Gemeinde gehörte. In den anderen Orten sind die Sirenen auf kommunalen Immobilien installiert.

In Tiefenau setzt der verkaufswillige Hauseigentümer nun darauf, dass die Gemeinde auf ihn zukommt. „Wenn das Haus leer steht, fällt es doch irgendwann ein. Dann braucht die Gemeinde auch einen neuen Standort für die Sirene. Damit ist doch niemandem geholfen“, sagt er.