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Ladenroulette in der Altstadt

Fast zwanzig Geschäfte haben in diesem Jahr in der Innenstadt neu eröffnet. Andere stehen vor dem Aus. Daran sind nicht nur Bauarbeiten Schuld.

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© Claudia Hübschmann

Von Marcus Herrmann

Meißen. Langweilig wird es Touristen und Einheimischen in der Meißner Innenstadt, speziell am Markt, nicht. Gibt es nach wie vor doch sehr vielfältige Einkaufsmöglichkeiten. Auffällig ist aber: Es ist reichlich Bewegung drin. Während gefühlt immer mehr Geschäfte leer stehen, Händler über die sinkende Nachfrage stöhnen, Inhaber oder Vermieter an jeder zweiten Ecke nach Nachfolgern suchen, sprechen die nackten Zahlen eine vermeintlich andere Sprache. „Die Entwicklung des Einzelhandels in den vergangenen zwölf Monaten ist positiv. Ein Besuch der Meißner Innenstadt lohnt sich“, sagt Meißens Stadtsprecher Philipp Maurer.

Belegen kann er diese Aussage mit aktuellen Zahlen. Insgesamt haben in diesem Jahr mindestens 23 Geschäfte oder Restaurants in der Stadt neu eröffnet, allein 19 in der Altstadt. Das sei als positives Zeichen für die Attraktivität der Innenstadt zu bewerten.

Direkt am Markt, dem zentralsten und für Touristen wichtigen Platz und den von ihm abgehenden Gassen und Straßen – Marktgasse, Fleischergasse, Burgstraße und Elbstraße – sind es aber nur noch sieben Neueröffnungen. So sind etwa Sport Ruscher in der Marktgasse 15, die Galerie Pidoux am Markt 8, Isopp Raumdesign an der Burgstraße 13 oder das Schuhoutlet an Fleischergasse 5 in diesem Jahr dazu gekommen. Gerade im innersten Zentrum scheinen das aber nicht genug, um die Geschäftsaufgaben zu kompensieren.

Schon ein halbes Jahr leer steht der ehemalige Laden für erzgebirgische Volkskunst an der Burgstraße 5. Trotz intensiver Bemühungen des Vormieters, sein Traditionsgeschäft weiterzugeben, konnte die G&W Gebäude- und Wohnungsverwaltung noch keinen Nachmieter finden. „Kein Wunder bei den Mieten, die im Zentrum verlangt werden“, sagt die Besitzerin des auf der Burgstraße 4 befindlichen Textilgeschäfts „B-Modern“.

Viele Geschäftsbesitzer am und um den Markt würden unter hohen Mieten und weniger Touristen leiden, die den Weg in die Altstadt finden. Diese Entwicklung glaubt auch Anke Schmidt von der Papeterie „klein & fein“ auf der Burgstraße wahrzunehmen. Nach drei Jahren wird sie Ende Januar nach Halle an der Saale ziehen, ihr Geschäft in Meißen aufgeben.

Die 32-Jährige glaubt, dass die hohen Mieten für junge Gründer das Hauptproblem für zunehmenden Leerstand am Areal um den Marktplatz sind. „Außerdem fehlten in den letzten Monaten die wirklichen Höhepunkte auf der Albrechtsburg, in der Manufaktur oder dem Theater, die spürbar viele Touristen anziehen und diese auch in die Innenstadt locken“, sagt sie. Positiv sieht sie aber das Engagement von Stadtmarketingchef Christian Friedel und Wirtschaftsförderer Martin Schuster. Deren Einsatz werde sich langfristig für die Händler der Innenstadt auszahlen, so Schmidt.

Kurzfristig zu tun gibt es umso mehr: So steht Sport Striegler an der Elbstraße nach wie vor leer. Im daneben gelegenen Modegeschäft „Stylista“ ist gerade Räumungsverkauf. Ein Schild am Schaufenster kündet von der „Geschäftsaufgabe“.

Für viele Händler am Markt seien es in diesem Jahr vor allem die vielen Baustellen gewesen, die die Kundenzahlen nach unten gedrückt hätten, so eine Mitarbeiterin im Erzgebirgsladen an der Elbstraße. Das Bild des stetigen Wechsels setzt sich in der Marktgasse 13 fort. Hier musste die Wäscheschnellreinigung „Blitzsauber“ aufgeben, die Räume werden ab 1. Januar weiter vermietet. Ob es für das bekannte Kaffeehaus am Markt eine Zukunft gibt, ist ebenfalls unsicher (SZ berichtete).

Lediglich umziehen, nicht aufgeben wird derweil Raumausstatter Thomas Tallacker. Das Geschäft wird zum 1. Januar allerdings nicht mehr an der Ecke Hahnemannsplatz/Neumarkt, sondern an der Niederfährer Straße zu finden sein. Weiterhin stabil laufen die Geschäfte in der Spielstube an der Marktgasse 11. „Von hohen Mieten sind wir nicht betroffen, da die beiden Stockwerke dem Inhaber selbst gehören“, sagt eine Mitarbeiterin der SZ.

Da die Spielothek vor allem vom einheimischen Stammpersonal lebe, sei man auf Tourismus nicht angewiesen. Insgesamt bleibt der Wandel am Meißner Marktplatz die größte Konstante. „Wir hoffen im nächsten Jahr weitere Neueröffnungen verkünden zu können“, so der Stadtsprecher. Die Chancen auf inhabergeführte, spezialisierte Läden stehen nach wie vor gut – insofern sich Interessenten die Miete leisten können. Denn die meist recht kleinen Ladenflächen in der Innenstadt sind für größere Ketten nicht interessant.