Merken

KVG muss Rentnerin Schmerzensgeld zahlen

Ein Unfall in einem Linienbus zwischen Eibau und Oderwitz ist vor Gericht verhandelt worden. Eine Seniorin war gestürzt und verlangte eine Entschädigung.

Teilen
Folgen
© Rafael Sampedro

Von Jens-Rüdiger Schubert

Görlitz. In einer Berufungsverhandlung hatte sich die Zivilkammer des Görlitzer Landgerichts jetzt mit einem Unfall in einem Bus des öffentlichen Nahverkehrs zu befassen. Dabei ging es um einen Vorfall vom 18. Januar 2016.

Eine damals 80-Jährige wollte an jenem Tag mit dem Bus nach Eibau fahren. Nachdem sie in Oderwitz in die Buslinie 51 eingestiegen war, informierte sie den Fahrer über ihre Schwerbeschädigung, indem sie die Vorderseite ihres Schwerbeschädigtenausweises vorzeigte. Da der Bus nur mäßig besetzt war, standen genug freie Plätze zur Verfügung. Auch die gesondert gekennzeichneten Sitzplätze für Schwerbehinderte waren frei. Trotzdem entschied sich die Dame, einen Platz weiter hinten im Bus aufzusuchen. Auf ihre Gehhilfe gestützt lief sie weiter, weil sie in der Nähe des nächsten Ausgangs sitzen wollte. Als sich der Bus in Bewegung setzte, kam es zum Sturz und die alte Frau schlug mit Rücken und Kopf auf. Dabei erlitt sie Prellungen im Bereich des Kopfes, des Beckens und der Unterarme sowie Schmerzen im Bereich der Hüfte und des Gesäßes. Aufgrund ihrer Verletzungen musste die Dame in stationäre und anschließend ambulante Behandlung.

Für die bei dem Sturz erlittenen Leiden und Aufwendungen wollte sie angemessen entschädigt werden und reichte Klage beim Amtsgericht ein. Aber mit der Entscheidung des Amtsgericht Zittau im Mai dieses Jahres waren weder die Klägerin noch die Beklagten einverstanden. Das Amtsgericht hatte entschieden, dass der Klägerin zwar ein Schmerzensgeld von knapp 1 000 Euro zusteht, sie aber trotzdem eine erhebliche Mitschuld trägt. Deshalb habe die Dame ihre Kosten und Aufwendungen zu 53 Prozent selbst zu tragen.

Das wiederum bedeutet, dass die Beklagten 47 Prozent zu tragen haben. Doch weder die beklagte Kraftverkehrsgesellschaft, noch der Kraftfahrer und auch die Haftpflichtgemeinschaft Deutscher Nahverkehrs- und Versorgungsunternehmen sahen das ein. Die Dame hätte von zahlreichen Sitzmöglichkeiten keinen Gebrauch gemacht und auch keine besondere Unterstützung und Aufmerksamkeit eingefordert. Der Bus sei zudem nicht sofort losgefahren, da noch der fließende Verkehr berücksichtigt werden musste. Aufgrund der dabei vergangenen Zeitspanne konnte der Fahrer annehmen, dass die Dame bereits einen Sitzplatz eingenommen habe. Des Weiteren gab es kein ruckartiges Anfahren, wie behauptet wurde. Der Bus fahre mit Anlaufautomatik und habe deswegen eine geringe Anfahrbeschleunigung.

Die Prozessparteien legten darum Berufung gegen das Urteil des Zittauer Amtsgerichts ein. Und damit landete der Fall bei der Zivilkammer des Görlitzer Landgerichts. Dieses Gericht stellte sich aber hinter die Entscheidung des Amtsgerichts. Deswegen schlug es den Prozessbeteiligten vor, die Berufungen zurückzunehmen. Das Landgericht begründete das damit, dass einerseits die Behinderung der damals
80-Jährigen erkennbar war. Und zweitens die Rechtsprechung bereits klare Vorgaben für die Beurteilung eines solchen Unfalls gegeben hat. Wenn der Busfahrer im Allgemeinen davon ausgehen kann, dass ein Fahrgast sich durch Sitzen oder Festhalten selbst zu sichern hat, so hätte er doch in dieser besonderen Situation mehr Sorgfalt walten lassen müssen. Deshalb ist von einer Teilschuld auszugehen. Nach nochmaliger Erörterung der Rechtslage und unter Bezugnahme vorliegender anderer Rechtsprechungen zogen die Prozessbeteiligten die Berufungen schließlich zurück.