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Kuscheln mit den Kälbchen

Die Agrarproduktion in Struppen will Transparenz für ihre Kunden. Das hat einen ernsten Hintergrund.

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© Kristin Richter

Von Carina Brestrich

Struppen. Wenn Mario Richter in den Stall kommt, lässt das erste Kalb nicht lange auf sich warten. Mit dem Maul zupft schon bald ein schwarz-weiß geflecktes an der Arbeitsjacke des Tierwirts. Dabei sind die Kälbchen eigentlich satt. Denn die erste Fütterung ist an diesem Tag bereits durch. „Das ist wie bei Kindern. Die wollen auch gern naschen“, sagt der Tierwirt. Aber mehr gibt es an diesem Morgen nicht. Dafür sorgt ein Chip am Halsband der Kälber. Er registriert jede Fütterung und gibt der computergesteuerten Tränke ein Signal, damit keiner zu viel oder zu wenig bekommt.

Wie genau das Kuhleben in den Ställen der Agrarproduktion „Am Bärenstein“ in Struppen aussieht, das ist am Sonnabend beim Hoffest zu sehen. Dann werden die Besucher mit dem Festungsexpress auch durch die Ställe auf dem Milchhof chauffiert. Außerdem gibt‘s einen Einblick in die betriebseigene Wurstproduktion, dort wird die moderne Technik vorgestellt. „Unser Ziel ist Transparenz“, erklärt Ines Senger vom Vorstand der Agrarproduktion. „Die Besucher können sehen, wie unsere Tiere leben, wie wir produzieren“, sagt sie.

Dass das Tierwohl in der Agrarproduktion dabei stets an erster Stelle steht, macht sich unter anderem an den Zahlen bemerkbar. Denn geht es der Kuh gut, dann gibt sie auch viel Milch. So waren Milchkühe in Struppen auch vergangenes Jahr wieder fleißig: „Unsere Kühe haben eine Lebensleistung von 37 000 Litern“, sagt Mario Richter, der den Bereich Tierproduktion leitet. Zum Vergleich: Im sachsenweiten Schnitt geben Kühe in ihrem Leben etwa 27 000 Liter Milch.

Doch die guten Produktionsergebnisse bringen der Struppener Agrarproduktion momentan nur wenig. Wie viele Milchviehbetriebe kämpfen auch die Struppener mit den niedrigen Milchpreisen. „Wir leben von der Substanz“, sagt Ines Senger, die auch im Vorstand des Landesbauernverbandes sitzt. Eine halbe Million Euro an Einnahmen hat das Landwirtschaftsunternehmen seit dem Einbruch der Preise eingebüßt. Dies könne der Betrieb auch über die Fleischproduktion und den Direktverkauf nicht auf Dauer ausgleichen. „Mit den Milchpreisen war es schon immer ein Auf und Ab. Aber so eine lange Durststrecke hatten wir noch nie“, sagt Ines Senger.

Jammern aber will Ines Senger nicht. Vielmehr möchte sie mit ihren Mitarbeitern beim Hoffest mit den Gästen ins Gespräch kommen. „Als Landwirtschaftsbetrieb haben wir natürlich auch eine Bindung zur Region“, sagt sie. Überhaupt wolle sie den Verbrauchern für zu niedrige Erzeugerpreise keinen Vorwurf machen. „Wenn die Milch so günstig angeboten wird, kann man es den Leuten nicht verübeln, wenn sie dann auch zugreifen.“

Dass es gerechtfertigt wäre, mehr zu bezahlen, das sehen die Besucher beim Hoffest am Wochenende. Dann soll neben den ernsten Themen auch der Spaß nicht zu kurz kommen. Beim Naturmarkt etwa laden 40 Händler aus der Region ein, ihre Produkte zu probieren. Für Kinder gibt es ein großes Bastelangebot, eine Strohrutsche und allerhand Tiere zum Streicheln und Beobachten. Außerdem können sich die Besucher beim Rodeo-Reiten ausprobieren oder mit dem Ochsengespann aus Zebu-Rindern mitfahren.

Hoffest Agrarproduktion Struppen, 23.4., 10–17 Uhr, Landschlachthof