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Kunst hinter Gittern

Die Wanderausstellung „Resozialisierung durch Kunst“ ist dort angekommen, wo sie eine Heimat erhält: in Waldheim.

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© D. Thomas

Von Heike Heisig

Waldheim. Das ist wirklich in einem Gefängnis entstanden? Diese Frage kennt Ingo Ließke zur Genüge. Er ist Ausbilder in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Waldheim und leitet überdies die Arbeitsgemeinschaft Modellbau. Deren Ergebnisse sind jedes Jahr zum Tag der offenen Tür – das nächste Mal am 26. August – zu sehen. Bei dieser Gelegenheit hat der Autor François Maher Presley 2016 die sowohl detailgetreuen als auch funktionstüchtigen Modelle gesehen und mit seiner Begeisterung darüber nicht nur den sächsischen Justizminister und Jörg Wolfgang Krönert angesteckt. Mit Letzterem ist als Mitherausgeber und -verleger das Buch „Resozialisierung durch Kunst und Kultur“ entstanden.

So heißt auch die Wanderausstellung, die nach mehreren Stationen seit Sonnabend bis 15. September im Rathaus zu sehen ist. In Waldheim soll sie auch einen dauerhaften Platz bekommen. Gezeigt werden Fotos von einer Schauspielaufführung Gefangener, düstere, aber auch sehr farbenfrohe Malereien, teilweise filigrane Specksteinskulpturen und eben Modelle von Dampflokomotive, Feldkanone oder oszillierender Dampfmaschine. Alles ist in verschiedenen sächsischen Anstalten während der Ausbildung, bei Therapien sowie der Resozialisierung entstanden.

Waldheims JVA-Leiter Harry Kempf macht keinen Hehl daraus, dass er großen Respekt davor hat, was unter Leitung von Ingo Ließke entsteht. Auch ihm haben es die Modelle angetan. Den Gästen zur Ausstellungseröffnung berichtet er, weshalb die Beschäftigung mit Kultur – und damit mit sich selbst – für die Gefangenen so wichtig ist: „In der Kunsttherapie öffnen sich die Gefangene häufiger mehr als in den üblichen Gesprächen.“ Sie lernten eine andere Seite an sich und des Lebens kennen, würden ermutigt und motiviert. Denn so leicht sei das Leben in einem Gefängnis nicht, wie angenommen wird. Kempf spricht von Selbstzweifeln, Ängsten, Einsamkeit, Langeweile, auch von Aggressionen. Nach anfänglicher Skepsis sei die Kunsttherapie akzeptiert und anerkannt. In den zehn sächsischen Anstalten seien 15 Kunsttherapeuten beschäftigt, unterstützt von noch mehr Ehrenamtlichen, so Kempf. Für Prof. Frank Czerner von der Hochschule Mittweida kann Kunst, die in Gefängnissen entsteht, Brücken schlagen. Auch er hat an dem Buch mitgearbeitet.