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Kundenfrust in Bus und Bahn

Am Busbahnhof in Döbeln hängen veraltete Tarifinfos. Hinweise auf weitere Anschlüsse fehlen.

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© Dietmar Thomas

Von Tina Soltysiak

Döbeln. Es sind nur drei Minuten, die des einen Glück und des anderen Leid sind. Wer zum Sonntag mit dem Zug von Riesa aus nach Döbeln fährt, kommt 17.11 Uhr am Bahnhof an. Der Zug aus Leipzig fährt um 17.17 Uhr ein. „Aber um 17.14 Uhr fährt der Stadtbus A ab“, erzählt eine ältere Dame aus Döbeln, die regelmäßig nach Leipzig fährt, um ihre Kinder zu besuchen. „Drei bis fünf Minuten warten, das dürfte doch nicht das Problem sein. Steffen Holzapfel von der Verkehrsgesellschaft Döbeln hat mir recht gegeben. Aber die Entscheidung geht ja von Mittweida aus“, sagt die Frau. Eine Stunde müssten sie und ihre Freundinnen warten, ehe der nächste A-Bus nach Döbeln Ost fährt. „Der Bahnhof ist aber am Wochenende zugeschlossen. Deshalb bestellen wir uns dann meist eine Taxe“, erzählt sie.

Und das ist noch nicht alles, was die Fahrgäste stört. Nach dem DA-Selbsttest der Busverbindung zwischen Meißen über Nossen nach Döbeln hat sich ein Mann gemeldet und auf die fehlenden Tarifinformationen hingewiesen. Auch am Montagvormittag hingen an einem Fahrgastunterstand lediglich die Tarife gültig ab dem 1. August 2014 aus. Seit dem 13. Dezember 2015 gelten allerdings nach der Abbestellung der Regionalbahn 110 zwischen Döbeln und Meißen neue Fahrpläne und Tarife. Anstelle des Zuges haben die Verkehrsverbünde Oberelbe (VVO) und Mittelsachsen (VMS) die Buslinie 416 „verlängert“: Sie fährt von Meißen über Lommatzsch bis nach Döbeln weiter. An der digitalen Anzeigetafel am Hauptbahnhof in Döbeln tauchte die Linie allerdings nicht auf (DA berichtete).

RB 110 auf dem Abstellgleis

Zuständig für die Fahrpläne ist der VMS. Sprecherin Silke Dinger war bis zum Redaktionsschluss leider nicht zu erreichen.

Der Mann kritisierte außerdem, dass jegliche Hinweise auf Anschlussmöglichkeiten an den Buswartehäuschen fehlen. Die sind lediglich in der gemeinsamen Broschüre von VVO und VMS namens „Das neue Busnetz Nossen: Direkt an Ihre Ziele“ aufgelistet. Dafür ist zu lesen, dass die Fahrradmitnahme auch in der Linie 416 nur begrenzt möglich ist.

Bei der Küchentischtour mit Wirtschaftsminister Martin Dulig (CDU) hatte der Nossener Stadtrat Peter Wunderwald (Grüne) seinem Ärger über die Abbestellung der RB 110 zwischen Döbeln und Meißen noch einmal Luft gemacht. Er bezeichnete die momentane sächsische Verkehrspolitik als einen „Rückfall hinter die Zeit von Bismarck“. Dulig wies darauf hin, dass nicht er die Strecke abbestellt hat, sondern es eine Entscheidung des Zweckverbandes gewesen sei. Er stellte zugleich weitere Investitionen in den ÖPNV in Aussicht. Der Freistaat stellt Fördermittel in Höhe von insgesamt 131,5 Millionen Euro zur Verfügung. Davon würde auch Mittelsachsen profitieren. Gefördert werde der Bau von Anlagen des Busverkehrs, also zum Beispiel Buswendeschleifen, barrierefreie Haltestellen oder Fahrgastunterstände, unter anderem in Waldheim und Hainichen.

Die Nossen-Riesaer Eisenbahn-Compagnie (NRE) wird voraussichtlich ab April neuer Betreiber der Bahnstrecke Döbeln-Meißen. Die Mitglieder der NRE hatten angeregt, die Züge von und nach Leipzig bis Roßwein verkehren zu lassen. Schließlich wäre die Wartezeit am Döbelner Hauptbahnhof derzeit so lang, dass der Zug auch bis Roßwein und zurück fahren könnte. Dadurch entstünden geschätzte Mehrkosten von 200 000 Euro pro Jahr. Allerdings müsste der VMS mitziehen. Das tut er aber nicht, sondern verweist auf das neue Busnetz Nossen (DA berichtete).

Verwirrung um Bahn nach Chemnitz

Kürzlich wurde bekannt, dass die Bahnverbindung RB 45 Chemnitz-Mittweida-Döbeln-Riesa-Elsterwerda ebenfalls abbestellt werden soll. Die Grünen-Fraktion im Landtag kritisierte diesen durch den Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) öffentlich angedachten Schritt. „Nach einer Abbestellung würden Städte wie Mittweida, Erlau, Waldheim und Ostrau im Landkreis Mittelsachsen oder Zeithain und Gröditz im Landkreis Meißen endgültig vom Eisenbahnnetz abgekoppelt. Damit würde auch die touristische Erreichbarkeit der Region infrage gestellt“, so Katja Meier, verkehrspolitische Sprecherin der sächsischen Grünen.

Eine Abbestellung der Strecke wäre ein Schildbürgerstreich, so Meier. Denn erst Mitte 2015 wurden die Verträge für diese Strecke abgeschlossen: Die Mitteldeutsche Regiobahn (MRB), ein Tochterunternehmen der Transdev GmbH, wird das Elektronetz Mittelsachsen (EMS) ab dem 12. Juni 2016 für 14,5 Jahre betreiben, zu der eben auch die Zugverbindung der RB 45 zählt.

Das Unternehmen, das sich selbst als Deutschlands größten privaten Betreiber von Bahn- und Busverkehren bezeichnet, hat Anfang des Monats außerdem den Zuschlag im europaweiten Ausschreibungsverfahren zur Vergabe des Dieselnetzes Nordwestsachsen für die Strecke Leipzig – Grimma – Döbeln (Linie R 6) erhalten.