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Kulturzentrum vor dem Verkauf

Wenig Nutzer, Sanierungsstau: Die Stadt will sich von Gebäude und Grundstück trennen. Ein Nachbar interessiert sich dafür.

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© Matthias Seifert

Von Eric Weser

Spansberg. Wenn Immobilien der öffentlichen Hand an private Investoren verkauft werden sollen, sorgt das bisweilen für politische Kontroversen. Nicht so derzeit in Gröditz: Einmütig haben die Stadträte diese Woche bestimmt, dass das kommunale Grundstück, auf dem die Spansberger Scheune, die Kegelbahn und der alte Fußballplatz liegen, verkauft werden soll. Interesse an dem 1,3 Hektar großen Areal hat nach SZ-Informationen der Eigentümer des benachbarten Gasthofs „Zum wilden Bär“, Enrico Jopp. Der Gröditzer Bürgermeister Jochen Reinicke (parteilos) bestätigte das gestern auf SZ-Anfrage.

Kommt der Handel zustande, würde vereinigt, was zur DDR-Zeiten auseinandergerissen wurde: Einst hatten das Gaststättengebäude, die Scheune und deren Nebengebäude, in dem sich die Kegelbahn befindet, bereits zusammengehört.

Wirklich verkauft ist das Grundstück mit Scheune und Kegelbahn aber noch nicht: Im Ausschuss wurde zunächst ein Grundsatzbeschluss gefasst. Dem muss noch der Stadtrat zustimmen. Und danach werden noch einmal einige Monate ins Land gehen, ehe das Grundstück samt Immobilien den Besitzer wechseln kann. Einfach so darf die Stadt an den Gasthof-Eigentümer jedenfalls nicht verkaufen: Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass es ein öffentliches Ausschreibungsverfahren geben muss. Ende August, nach dem Ratsbeschluss, soll es eingeleitet werden. Stadtchef Reinicke schätzt, dass der Verkauf frühestens gegen Jahresende besiegelt wird. Dass sich bis dahin noch ein anderer Interessent neben Gasthof-Besitzer Jopp findet, schließe er aus, so Jochen Reinicke.

Aber warum will sich Gröditz eigentlich überhaupt vom einstigen sportlich-kulturellen Ortszentrum trennen? Ein Grund sind geringe Nutzungszahlen: Der Stadtverwaltung zufolge wird vor allem die Scheune, die Platz für bis zu 200 Personen bietet, recht wenig in Anspruch genommen. Nur bei der Kegelbahn gebe es eine nachhaltige Nutzung. Ein weiterer Grund: Sanierungskosten von geschätzten 60 000 Euro, die den Marktwert des Ensembles von etwa 43 000 Euro deutlich übersteigen.

Keine Sparmaßnahme

Mit dem derzeitigen Sparkurs der Stadt habe der geplante Verkauf des Grundstücks indes nichts zu tun, so Jochen Reinicke. Schon vor Jahren, als Nauwalde noch eine eigenständige Gemeinde war, habe es Verkaufsabsichten gegeben. Ein Handel sei damals nicht zustande gekommen, weil damalige Interessenten letztlich wieder abgesprungen seien. Nun hoffe und wünsche er sich, dass es mit dem Gasthofbesitzer klappt, so der Bürgermeister. Eine Sichtweise, der sich auch viele Stadträte fraktionsübergreifend angeschlossen haben.

Aber nicht nur in der Stadtpolitik, auch in der Altgemeinde Nauwalde und in Spansberg wird der geplante Besitzerwechsel überwiegend mit Wohlwollen gesehen, was viele mit der positiven Entwicklung des „Wilden Bären“ in den letzten Jahren begründen. Bedenken, dass es durch die Privatisierung zu Problemen kommen könnte, haben weder Ortschaftsräte noch Vertreter des Heimatvereins Rödertenne, der die Scheune regelmäßig für seine Feste nutzt – wie demnächst wieder beim Erntefest und Traktorentreffen am 5. September.

Zwar wisse man noch nicht, was der neue Eigentümer mit den Gebäuden vorhat und wo man künftig zum Beispiel das Erntefest abhalten soll, sagt etwa Ingo Nosofsky vom Heimatverein. Aber vielleicht könne man sich ja über eine künftige Nutzung mit dem neuen Besitzer einigen, wenn es so weit ist. Die von der Stadt vorgeschlagene alternative Nutzung des neuen Gröditzer Dreiseithofs sieht man in Spansberg mit Skepsis: Sie sei für private Feiern, aber nicht für Dorffeste geeignet.

Der mögliche neue Eigentümer hält sich derweil mit öffentlichen Äußerungen über seine Pläne für das Areal zurück: Enrico Jopp teilte gestern auf SZ-Anfrage mit, er wolle zunächst die Entscheidung des Stadtrates am 25. August abwarten.