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Kultur aufs Land

Eine Familie hat ihre Scheune in Luchau in eine Kleinkunstbühne verwandelt. Doch auch ohne Künstler ist sie einen Besuch wert.

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© Egbert Kamprath

Von Maik Brückner

Luchau. Kultur auf dem Dorf funktioniert nicht. So lautet ein gängiges Vorurteil, von dem Ella Morawietz nichts hält. Mehr noch: Die 46-Jährige hat in diesem Jahr den Gegenbeweis angetreten. In ihrem Heimatdorf Luchau eröffnete sie eine Kleinkunstbühne – in der Museums- und Kulturscheune, die den schlichten Namen „Scheune Nr. 19“ trägt. Diese Hausnummer haben die Morawietz’ in dem kleinen Dorf, das sich unweit der Uhrenstadt Glashütte befindet.

Spaziergang durchs Osterzgebirge vor 100 Jahren

Imkerei der Altvorderen Die Bauern im Osterzgebirge gingen vor hundert Jahren nicht nur der Landwirtschaft nach, einige arbeiteten auch als Imker. Auch das ist in der Scheune zu sehen.
Imkerei der Altvorderen Die Bauern im Osterzgebirge gingen vor hundert Jahren nicht nur der Landwirtschaft nach, einige arbeiteten auch als Imker. Auch das ist in der Scheune zu sehen.
Ausruhen in der guten Stube Nach der harten Arbeitswoche konnten sich die Bauern mal ein paar Stunden Ausruhen gönnen. Das  taten sie in ihrer guten Stube.
Ausruhen in der guten Stube Nach der harten Arbeitswoche konnten sich die Bauern mal ein paar Stunden Ausruhen gönnen. Das taten sie in ihrer guten Stube.
Knochenarbeit in der Waschküche Schnell mal die Waschmaschine anstellen, war nicht. Früher war das Reinigen der Wäsche eine Knochenarbeit, wie der Blick in die Waschküche erahnen lässt.
Knochenarbeit in der Waschküche Schnell mal die Waschmaschine anstellen, war nicht. Früher war das Reinigen der Wäsche eine Knochenarbeit, wie der Blick in die Waschküche erahnen lässt.

Zur Eröffnung der Kleinkunstbühne konnte die Luchauerin den Dresdner Entertainer Alf Mahlo gewinnen. Den traf sie bei einer Veranstaltung. Sie berichtete ihm von ihrer Scheune. Mahlo zeigte sich aufgeschlossen. Im Juni kam er zusammen mit Henriette Ehrlich und Mario Grünewald nach Luchau, um hier die Komödie „Jägerstolz im Unterholz“ zu zeigen – und das gleich zweimal. Die Scheune war bis auf den letzten Platz besetzt. Ein Einstand, den sich Ella Morawietz nicht besser wünschen konnte. Dass sie mal eine Museums- und Kulturscheune betreiben wird, war nicht geplant, als sich die gebürtige Halberstädterin vor gut 20 Jahren in Luchau niederließ. „Das hat sich so ergeben“, sagt sie.

Eigentlich war sie zusammen mit ihrem Mann auf der Suche nach einem Bauernhof, um ausreichend Platz für möglichst viele Tiere zu haben. In Luchau wurde die Familie fündig. Zunächst mieteten sie sich einen Hof an, 2002 kauften sie sich ihren eigenen. Hier hielten sie fortan Hunde, Katzen, Hühn, Gänse und Pferde. Wegen einer Allergie musste sich die Familie später von den Tieren trennen, die Scheune stand bald schon nutzlos herum.

2013 war dann der 50-jährige Geburtstag von Ella Morawietz’ Mann. Wo sollte dieser gefeiert werden? Diese Frage beschäftigte die Familie. Sie entschied sich, die Scheune dafür herzurichten. Aus heutiger Sicht war das der Beginn der Museums- und Kulturscheune. Denn das Umgestalten machte der Familie und speziell Ella Morawietz so viel Spaß, dass nach dem Partyraum in der Mitte des Gebäudes nach und nach ein kleines Museum entstand. Ein Raum wurde zum Wohnzimmer umgestaltet, ein anderer zur Küche, einer zu einem Schlafzimmer und ein weiterer zu einer Waschküche. Ausgestattet wurden alle Räume mit Möbeln und Geräten, wie sie vor gut 100 Jahren üblich waren.

Jede Menge Zeitzeugen gesammelt

„Viele Dinge haben wir uns von Trödelmärkten geholt, andere stammen aus dem eigenen Besitz, wurden uns geschenkt oder geliehen“, sagt Frau Morawietz. Die Museumsscheune gibt inzwischen einen guten Überblick über das frühere Leben der Landbevölkerung im Osterzgebirge. „Der bäuerliche Alltag vor 100 Jahren war durch umfangreiche und intensive Arbeit im Haus, auf dem Hof, im Garten und auf dem Feld gekennzeichnet“, sagt Frau Morawietz. Wer Interesse hat, mehr zu erfahren, dem erklärt sie gern, wie der Flachs zu Leinen, das Korn zu Brot oder Milch zu Butter wurde. Zudem erklärt die Luchauerin, die gelernte Gärtnerin ist und freiberuflich im Künstlermanagement einer Erfurter Plattenfirma arbeitet, wie Kräuter verwendet werden können, um daraus Tees und Gelees herzustellen. Diese Angebote richten sich an Familien, Kleingruppen, Schulklassen und Kindergärten, erzählt sie. Für eine Spende ins „Schweinchen“ führt sie durch die kleine, aber feine Ausstellung.

Parallel dazu möchte Ella Morawietz weitere Veranstaltungen anbieten. Am 2. September wird der Greifswalder Rockpoet Arno Zillmer ein Konzert geben, in dem er eigene Lieder präsentieren wird. Danach stehen Ende Oktober ein Apfelfest und Anfang Dezember eine Adventsveranstaltung an. Frau Morawietz hofft, dass auch dazu viele Besucher in die Kulturscheune Nr. 19 kommen werden. Denn sie glaubt fest daran, dass Kultur auch auf dem Lande gut funktionieren kann.

Kontakt:Telefon 035053 48554