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Künstler statt Asylbewerber?

Der Landkreis sucht nach einer Nutzung für das 2016 sanierte ehemalige Kinderkurheim. Denn als Flüchtlingsunterkunft wird es wohl nicht mehr benötigt.

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© Norbert Millauer

Von Sven Görner

Volkersdorf. Ein Künstlerhaus oder gar eine Künstlerkolonie in Volkersdorf? Ein Ort, an dem gleich neben den Waldteichen und dem Gelände der FKK-Freunde Kunstschaffende einen Ort zum Arbeiten, zum Gedankenaustausch und zur Präsentation ihrer Arbeiten hätten? Bisher ist es nur eine Idee oder Vision, über die Landrat Arndt Steinbach (CDU) kurz mit einigen Kommunalpolitikern gesprochen hat. Aber immerhin schaffte es diese sogar in die Vorlage der Landkreisverwaltung für die letzte Kreistagssitzung im zu Ende gegangenen Jahr. In dieser ging es darum, was aus den vielen Asylbewerbequartieren werden soll, die der Kreis angesichts der Flüchtlingsflut 2015 selbst neu geschaffen oder angemietet hatte, nun aber nicht mehr in diesem Umfang benötigt.

Seit September letzten Jahres könnten die sanierten Gebäude des früheren Kinderkurheims genutzt werden. Doch sie stehen leer. Ihre Zukunft ist derzeit ungewiss. Ein Konzept muss her, damit 1,4 Millionen Euro nicht sinnlos investiert wurden.
Seit September letzten Jahres könnten die sanierten Gebäude des früheren Kinderkurheims genutzt werden. Doch sie stehen leer. Ihre Zukunft ist derzeit ungewiss. Ein Konzept muss her, damit 1,4 Millionen Euro nicht sinnlos investiert wurden. © Norbert Millauer

So auch die 140 für Männer, Frauen und Kinder in dem einstigen Kinderkurheim Volkersdorf. Das hatte seit der Abreise der letzten weißrussischen Kinder Ende 2012 leergestanden. Eigentlich wollte es die Landeshauptstadt, der die auf Volkersdorfer Flur liegende Immobilie damals gehörte, abreißen und das Gelände als Ausgleich für Baumaßnahmen in der Stadt renaturieren. Doch Landratsamt und Dresdner Stadtverwaltung verständigten sich. Die Stadt bekam Ersatzausgleichflächen im Landkreis, das Landratsamt das aus maroden Baracken bestehende Heim.

Rund rund 1,4 Millionen Euro wurden investiert, um diese für die Asylbewerber bewohnbar zu machen. Dafür wurden nicht nur die Gebäude saniert. Auf Drängen der Stadt Radeburg und der Freiwilligen Feuerwehr Volkersdorf wurde auch in den Brandschutz investiert. Dazu gehörte der Bau von Löschwasserzisternen mit 40 Kubikmetern Fassungsvermögen und einer Druckerhöhungsstation am Ortseingang, damit es aus dem Hydranten im Bedarfsfall nicht nur tröpfelt.

Mit dem im Vorjahr stark zurückgegangenen Flüchtlingszahlen ist das abseits gelegene Objekt für den Landkreis nun nur noch eine Reserveeinrichtung, für die nach anderweitigen Nutzungsmöglichkeiten gesucht werden soll. Wie realistisch dabei die Künstlerhaus-Idee ist, muss sich zeigen. Bisher gibt es weder ein Konzept mit Bedarfsanalyse und Kostenschätzung, noch ist klar, wer ein solches Haus betreiben könnte und wie das finanziert werden soll.

Wie schwer sich solch eine Idee umsetzen lässt, zeigt sich seit Jahren nur wenige Kilometer entfernt von Volkersdorf – beim Roten Haus am Dippelsdorfer Teich. Ein Ansatz wäre aus Sicht von Moritzburgs Bürgermeister Jörg Hänisch (parteilos), möglicherweise beide Projekte miteinander zu verbinden. Vielleicht könnte dabei ja auch die gemeindeeigene Kulturlandschaft Moritzburg GmbH eine Rolle spielen, die sich derzeit um das Rote Haus kümmert. Und auch das Wirken der Brücke-Künstler in Moritzburg noch stärker in die heutige Zeit holen möchte.

Im Landratsamt sieht man das ähnlich. Auf keinen Fall wolle man eine Konkurrenz zum Roten Haus schaffen, sagt Dezernent Manfred Engelhard. Und natürlich sollen mögliche Pläne mit den betroffenen Kommunen besprochen werden. Das wäre in erster Linie also Radeburg, zu der Volkersdorf als südlichster Ortsteil gehört.

„Ich würde es gut finden, wenn für das Gelände ein schlüssiges Konzept gefunden werden würde“, sagt Michaela Ritter (parteilos), die Bürgermeisterin der Zille-Stadt. Selbst habe ich momentan allerdings keine Idee, wie das frühere Kinderkurheim künftig genutzt werden könnte. „Da bisher keine Flüchtlinge eingezogen sind, gab es aber aus dem Ort immer mal wieder Fragen, ob denn das Heim nicht wieder für die Tschernobyl-Kinder genutzt werden könnte“, sagt die Radeburger Rathauschefin.

Von 1991 bis 2012 hatten sich fast 16 000 weißrussische Kinder in Volkersdorf von den Spätfolgen der Reaktorkatastrophe erholt. Dass der Trägerverein des Heimes sein Engagement schweren Herzens einstellte, lag nicht in erster Linie daran, dass für die Finanzierung des Betriebes pro Durchgang 20 000 Euro Spenden eingesammelt werden mussten. Den Ausschlag hatten die rund 500 000 Euro gegeben, die für die notwendigsten Sanierungsmaßnahmen hätten investiert werden müssen. Geld, das weder die Stadt Dresden noch eine andere Stelle geben wollten.

„Es ist schade, dass jetzt fast das Dreifache investiert wurde, die Gebäude aber nun leerstehen“, sagt Bernd Born. Der 74-jährige Dresdner hatte das Kurheim die ganzen Jahre geleitet und dabei vielen Widrigkeiten getrotzt. Eine Rückkehr der weißrussischen Kinder wird es indes kaum geben. „Der Verein hat sich nach dem Ende des Heimes aufgelöst. Auch die langjährigen Kontakte nach Minsk sind inzwischen abgebrochen“, sagt Bernd Born.