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Krokodil trifft Jugendfreund

De Gaulle zeigt sich jetzt den Dresdner Zoo-Besuchern. Ihn beim Fressen zu beobachten, könnte allerdings noch dauern.

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© dpa

Von Jana Mundus

Ganz staatsmännisch bewahrt De Gaulle die Ruhe. Die Hektik um ihn herum scheint ihm egal zu sein. Kinder wollen hochgehoben werden, damit sie ihn besser sehen können. Mancher Erwachsene zückt den Fotoapparat, um ein Bild von ihm zu machen. De Gaulle tut nichts. Er liegt einfach im Wasser, an der tiefsten Stelle seines Beckens im Professor-Brandes-Haus. Am Mittwoch präsentierte sich das neue Krokodil des Dresdner Zoos zum ersten Mal den Besuchern. Die Eingewöhnung könnte ihm leichter fallen als gedacht. In Dresden trifft er schließlich auf einen alten Bekannten.

De Gaulle fällt auf. Nicht nur durch die 3,80 Meter Länge, die ihn zum größten Reptil seiner Art in Deutschland machen. Auch durch seinen Namen. Hat er den doch vom ehemaligen französischen Staatschef Charles de Gaulle geerbt. Nicht ohne Grund. Die große Nase des Franzosen machte Eindruck. Die des Krokodils ebenso. „Das Maul ist sogar leicht gekrümmt“, erklärt Kurator Matthias Hendel. De Gaulle – diesen Namen hat auch Michael Hoffmann all die Jahre nicht vergessen. Der heutige Tierpfleger im Dresdner Zoo kam 1973 als Lehrling in den Berliner Tierpark und traf dort – den jungen De Gaulle. Als Wildfang kam der Sunda-Gavial, so die genaue Bezeichnung seiner Art, damals nach Berlin. „Er ist wohl 1971 in Indonesien geschlüpft“, so Hoffmann. Korrekt sagen könne das jedoch niemand. „Es ist schon verrückt, dass wir uns nach 40 Jahren nun in Dresden wiedersehen“, ist Hoffmann immer noch ein wenig überrascht. „Als ich zum ersten Mal hörte, wer da zu uns kommt, wusste ich sofort Bescheid. So ein Name ist ja selten.“

Dass sich De Gaulle im Umkehrschluss an ihn erinnert, glaubt der Zoo-Mitarbeiter allerdings nicht. Dafür seien zu viele Jahre vergangen. Trotzdem wird sich das Krokodil mit seiner Hilfe wohl gut im neuen Zuhause einleben. Schließlich kümmerte sich Hoffmann schon 30 Jahre lang um seinen Vorgänger, das Leistenkrokodil Max. Er war im Sommer mit fast 60 Jahren an einer schweren Entzündung in der Schulter und einer Bronchitis gestorben.

Michael Hoffmann ist nicht der einzige Pfleger, der De Gaulle versorgen wird. Zum dreiköpfigen Team gehören außerdem noch Michelle Nitzsche und Michi Scheffert. Sie alle hatten gehofft, dass nach dem Tod von Max noch zügiger ein neuer Bewohner für die Krokodil-Anlage gefunden wird. Nicht nur um der vielen Besucher willen, die ihr Krokodil vermissten. „Ein Transport in der kalten Jahreszeit ist nicht ohne Risiko“, erklärt Michelle Nitzsche. So war De Gaulles Umzug vom Leipziger Zoo nach Dresden am Dienstag eine spannende Angelegenheit. „Diese Tiere leben in freier Wildbahn in Südostasien und sind tropische Temperaturen gewöhnt“, so die Pflegerin weiter. Mollige Wärme in der Transportkiste und im Fahrzeug sind kein Problem. Allerdings musste die Box danach noch vom Auto ins Professor-Brandes-Haus geschafft werden. Und zwar zügig, damit das Tier nicht friert. Sunda-Gaviale bekommen nämlich schnell eine Lungenentzündung.

Doch alles klappte – sogar besser als gedacht. Kurzer Schreckmoment, als De Gaulle aus seiner Kiste kroch. „Der kam richtig herausgeschossen“, schildert Hoffmann, der in diesem Moment der Einzige im Gehege war. Doch keine Gefahr. Das Krokodil ging sofort baden. In den nächsten Tagen wird er das Wasser wohl selten verlassen. „Er ist erst einmal noch zurückhaltend, muss sich an die neue Umgebung gewöhnen“, so Michi Scheffert. Die Leipziger Kollegen haben das Tier noch gefüttert. Selbst wenn es in den kommenden Wochen fremdelt und keinen Hunger hat, wäre das also nicht schlimm. Mit 180 Kilogramm ist es gut genährt und verträgt ein paar Wochen Diät ohne Probleme.

In Sachen Fütterung müssen sich die Zoo-Mitarbeiter allerdings umstellen. Während Max einmal pro Woche ein Kaninchen fraß, schafft De Gaulle diese Portion nicht. „Er frisst Forellen oder Zwerghühner“, sagt Michael Hoffmann. Weil der Sunda-Gavial aber deutlich mobiler als das alte Leistenkrokodil ist, holt er sich seine Leckerbissen von einer Bambusstange, die die Pfleger in sein Gehege halten. Und noch etwas gehört zum Festmahl – musikalische Umrahmung. Oder zumindest ein kleines Pfeifkonzert. „Die Leipziger haben eine bestimmte Melodie gepfiffen, auf die De Gaulle reagiert hat“, fügt Hoffmann hinzu. Er und die Kollegen hätten deshalb schon mal pfeifen geübt.