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Kritik an Millionen-Zuschuss für Manufaktur

Mittelständler sprechen von verschwendetem Steuergeld. Die Opposition im Landtag will dem nachgehen.

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© dpa

Von Peter Anderson

Meißen. Ein Fass ohne Boden, so bezeichnet Geschäftsführer Dietmar Wagenknecht aus Ebersbach-Neugersdorf die Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen. Deshalb hat der Chef einer Werkzeugbau-Firma mit weiteren Unternehmern jetzt einen Brandbrief verfasst. Die Mittelständler werfen dem Freistaat vor, die Insolvenz des Staatsbetriebes mithilfe von Steuergeldern zu verschleppen. Auch von Fördermittelbetrug ist in dem Schreiben die Rede.

Den Auslöser für diese harschen Worte bildet eine Finanzspritze über 28 Millionen Euro, mit der das Land Sachsen den Porzellanproduzenten beim Umsetzen seiner Zukunftsstrategie unterstützt. Im Grunde genommen geht es darum, nach dem gescheiterten Umbau zu einem globalen Luxushaus erneut das Porzellan als Markenkern zu stärken. Gleichzeitig soll das Unternehmen in die Lage versetzt werden, ab 2021 seine insgesamt rund 22 Millionen Euro umfassenden Schulden an seinen Gesellschafter zurückzuzahlen.

Für Wagenknecht ist das nicht nachvollziehbar. Wenn Hochschulen und Universitäten gefördert würden, stärke der Freistaat Zukunftsbranchen. Das liege im Interesse der Öffentlichkeit. Nicht aber, wenn Steuergeld verwendet werde, um einen Hersteller von hochpreisigen Figuren und Geschirr zu subventionieren. Was Wagenknecht besonders stört: Die Staatsregierung begründet den Rettungsschirm für Meissen mit einem sogenannten Private Investor Test.

Dieser besagt, dass ein privater Geldgeber anstelle des Freistaats genau so handeln und ebenfalls knapp 30 Millionen Euro in die durch übertriebene Expansionspläne ins Trudeln geratene Manufaktur pumpen würde. Tatsächlich wies deren Bilanz für 2015 ein Minus von rund zwölf Millionen Euro aus. 2014 waren es aufgrund von Abschreibungen sogar fast 20 Millionen Euro.

„Kein normaler Investor käme auf die Idee, bei diesen Zahlen so viel Geld in das Unternehmen zu stecken“, so Wagenknecht am Montag in einem Telefonat mit der SZ. Gutes Geld werde schlechtem Geld hinterhergeworfen. Auf der anderen Seite fehle es an Mitteln, um die B 178 bis zur A 15 bei Cottbus zu verlängern und einer ganzen Region wirtschaftlich Auftrieb zu verschaffen. Um seiner Kritik Nachdruck zu verleihen, hat Wagenknecht eigenen Angaben zufolge den Brandbrief auch in Form einer Petition beim Landtag eingereicht.

Dort springt vor allem die Opposition auf das Thema an. Die Bündnisgrünen-Abgeordnete Franziska Schubert hat jetzt eine vier Punkte umfassende Kleine Anfrage auf den Weg gebracht. Sie möchte weitere Details zur erneuten Finanzspritze sowie zum Schuldenabbau durch den Staatsbetrieb erfahren. Aufmerksam begleitet wird das Thema auch von dem Meißner Linke-Politiker Tilo Hellmann. Er bemängelt, dass eine Diskussion über die Krise bei Meissen im Parlament höchstens auf Betreiben der Opposition stattfinde.

Im zuständigen Finanzministerium in Dresden sieht Sprecher Stephan Gößl im Gegensatz dazu keinen Bedarf für weitere Informationen und Gespräche. Die 28 Millionen Euro stammten aus dem Sondervermögen Grundstock, so Gößl. Gebildet wird dieser vor allem durch Einnahmen aus dem Verkauf von Grundstücken sowie Unternehmensanteilen der öffentlichen Hand. Wie es aus dem Ministerium weiter heißt, wurde im Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags fortlaufend und ausführlich in mehreren Sitzungen über die neue Unternehmensstrategie und die finanzielle Hilfe durch den Freistaat Sachsen als Gesellschafter der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen berichtet.

Thematisiert worden sei auch die Eigenkapitalzufuhr in Höhe von 28 Millionen Euro. Den Vorwurf der Insolvenzverschleppung weist Gößl als „unzutreffend“ zurück. Der sogenannte Private Investor Test habe eine günstige Prognose dafür abgegeben, dass die Manufaktur ab 2021 in der Lage sein werde, ihre 22 Millionen Euro Schulden an das Land zurückzuzahlen.

Sollte es dazu kommen, müsste Meissen entgegen dem Branchentrend zu Stagnation oder Rückgang ein erstaunliches Wachstum erleben. In den Jahren seit der Wende fuhr das Unternehmen nur sporadisch nennenswerte Gewinne ein. In Wellen musste immer wieder Personal reduziert werden. Auch aktuell läuft der Abbau von rund 60 der 667 Stellen.