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Kriminalität sinkt, aber nicht überall

Die Statistik der Polizei zeigt im Osterzgebirge ein widersprüchliches Bild. Das hat auch mit Asylbewerbern zu tun.

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© Egbert Kamprath

Von Franz Herz

Osterzgebirge. Kriminalität im Osterzgebirge – welches Bild zeigt die Statistik der Polizei? Andreas Mußbach, Leiter des Streifendiensts im Polizeirevier Dippoldiswalde, und Andreas Wächter, der beim Kriminaldienst für Dippoldiswalde und das Osterzgebirge verantwortlich ist, präsentierten der Sächsischen Zeitung die Zahlen für die sechs Gemeinden in der Region Dippoldiswalde.

© SZ

Klingenberg: Starker Anstieg geht auf das Asylheim zurück
„Ich bin neulich mitten in der Nacht von der Polizei angehalten worden“, erzählt Torsten Schreckenbach (BfK), Bürgermeister von Klingenberg. Begeistert war er im ersten Moment nicht, im zweiten Moment ist er aber froh. „Es ist spürbar, dass die Polizei hier öfter unterwegs ist und kontrolliert“, sagt er. Ursache dafür ist die Zunahme von Straftaten in Klingenberg. 267 Straftaten hat die Polizei 2017 registriert, doppelt so viele wie 2016. Nach Einschätzung der beiden leitenden Polizisten gibt es dafür eine Ursache: das Asylbewerberheim in Klingenberg. Es ging im Juni 2016 in Betrieb und wurde 2017 voll ausgelastet.

Einzelne Vorfälle, die damit zusammenhängen, beispielsweise im Supermarkt, machen auch Nachbarn nervös. „Die meisten Straftaten haben aber keine Außenwirkung auf die Bevölkerung“, schätzt Mußbach ein. Viele, auch schwere Auseinandersetzungen, berühren nur das Heim und seine Bewohner. Andere Delikte wie Schwarzfahren müssen gar nicht einmal hier passieren, werden aber automatisch am Wohnort der Verdächtigen registriert.

Hingegen verzeichnet die Polizei in Klingenberg mit 79 Prozent die höchste Aufklärungsquote im Raum Dipps. Auch das liegt am Asylbewerberheim. Wenn die Polizei dorthin gerufen wird, beispielsweise zu einer Auseinandersetzung, ist ein Verdächtiger schneller zu finden als nach einem Laubeneinbruch.

Dippoldiswalde: Verhaftung von Seriendieben wirkt sich positiv aus
In Dippoldiswalde, Altenberg und auch Glashütte sind die Kriminalitätszahlen 2017 spürbar zurückgegangen. Ursache dafür sind Fahndungserfolge. In Dipps gab es im Frühjahr 2016 eine Serie von Laubeneinbrüchen. Die hat geendet, weil die Polizei Tatverdächtige ermittelt hat.

In Dippoldiswalde gibt es nur eine Art von Taten, die angestiegen ist: Vermögens- und Fälschungsdelikte. Hier geht es oft um Computerkriminalität, jemand bietet etwas im Internet an, kassiert Geld und liefert nicht. „Das nimmt zu, auch auf dem Land“, sagt Wächter. Darauf reagiert auch die Polizei. So hat das Revier inzwischen zwei Kollegen, die sich nur um die Computerkriminalität kümmern. Im vergangenen Jahr hat ein Internetbetrüger aus Ostsachsen, der mit der Stadt gar nichts zu tun hatte, eine falsche Dippser Adresse angegeben. Deswegen wurde für viele Fälle erst einmal die hiesige Polizei zuständig, ehe die Verfahren dorthin weitergeleitet wurden, wo die Tat eigentlich passiert ist.

Bei den Sachbeschädigungen ist die Zahl wieder auf das frühere Niveau gesunken. 2015 und 2016 hat es viele Demos aus dem rechtsextremen Umfeld in Dippoldiswalde gegeben. „Danach hatten wir eine Zunahme von Schmierereien“, berichtet Mußbach. „Das gab es 2017 nicht mehr.“

Altenberg: Gute Zusammenarbeit mit der tschechischen Polizei
Ähnlich wie in Dippoldiswalde ist die Kriminalität in Altenberg spürbar gesunken, weil ein tschechischer Serientäter ermittelt wurde, der auch im Grenzgebiet zu Deutschland aktiv war. Bei der Aufklärung haben die deutsche und die tschechische Polizei zusammengearbeitet. Der Mann sitzt mittlerweile in Haft. Insgesamt ging es um eine Serie mit über hundert Einbrüchen im Jahr 2016.

Einfluss auf die Entwicklung in Altenberg hat auch, dass dort im vergangenen Jahr das letzte Asylbewerberheim geschlossen wurde. Tätliche Auseinandersetzungen sind in der Folge um 40 Prozent zurückgegangen, ebenso die Zahl der Rauschgiftdelikte. Hier sieht die Polizei Zusammenhänge mit dem Wegzug der Asylbewerber. Aber auch zunehmende Wachsamkeit der Bürger wirkt sich auf die Statistik aus. So hat der Eigentümer des leerstehenden ehemaligen Sanatoriums Raupennest dieses mit Überwachungstechnik ausgestattet. Die gibt Alarm, wenn dort jemand eindringt, und die Polizei rückt aus. Sofort ist der Hausfriedensbruch, um den es sich dabei handelt, aktenkundig. 17 Hausfriedensbrüche sind 2017 in Altenberg registriert worden. Diese Deliktgruppe hatte folglich als einzige in der Stadt einen Zuwachs.

Glashütte: Straftaten nehmen deutlich ab
Den höchsten Rückgang an Straftaten hat von den sechs Kommunen im Osterzgebirge die Uhrenstadt Glashütte zu verzeichnen. Hauptursache dafür ist auch, dass die Täter, die schon in Dippoldiswalde und Altenberg für Unruhe gesorgt haben, weggesperrt worden sind. So nahm die Zahl der schweren Diebstähle, meistens Einbrüche, um fast die Hälfte ab. In zwei Bereichen gab es Zunahmen, bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und bei Rohheitsdelikten. Hier waren Auseinandersetzungen im Kinderheim der Ausgangspunkt für Anzeigen.

Streitigkeiten um Luxusuhren ließen ebenfalls Vermögens- und Fälschungsdelikte zunehmen, insgesamt waren es 20. So kam es vor, dass angeblich eine noble Uhr zum Service eingeschickt und dann als gestohlen gemeldet wurde. Mehrere solche Fälle hatte die Polizei zu bearbeiten.

Hermsdorf/Erzgebirge: Zunahme auf niedrigem Niveau
Die Zahl der Straftaten hat im Gemeindegebiet von Hermsdorf zugenommen. Insgesamt hat die Polizei 17 Delikte verzeichnet. Interessant ist, dass trotz der Grenznähe kein Rauschgiftfall aufgetreten ist, ebenso wenig wie in Hartmannsdorf-Reichenau.

Hartmannsdorf-Reichenau: Die wenigsten Straftaren in der Region
Im gesamten Gemeindegebiet wurden im Jahr 2017 der Polizei 13 Straftaten angezeigt, die wenigstens in der Region. Darunter sind ganze zwei schwere Diebstähle, ein Wert, den die Polizei als besonders positiv vermerkt.