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Kraftwerke stehen still

Der niedrige Pegel der Flüsse macht den Energieproduzenten Sorgen. Und er kann Badenden gefährlich werden.

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© André Braun

Von Maria Fricke

Kriebstein/Mahlitzsch. Gerade einmal 36 Zentimeter misst der Pegel der Zschopau in Kriebstein, 50 der der Freiberger Mulde in Mahlitzsch. Die Flüsse führen aufgrund der Trockenheit kaum mehr Wasser. Das wirkt sich nicht nur auf die Fische und Pflanzen in den Gewässern aus. Auch die Betreiber der Kraftwerke stöhnen angesichts der Situation. Und das nicht, weil gestern der bisher wärmste Tag des Jahres war.

In Sörmitz steht das Wasserkraftwerk an der Freiberger Mulde still. „Die Situation ist jetzt so: Entweder die Maschinen laufen weiter, dann würden aber die Fische kaputt gehen, oder wir stellen ab. Wir haben die Maschinen abgestellt“, so Jörg Richter von der Sächsischen Wassermüller GmbH aus Burgstädt, die die Anlage betreibt. So extrem sei die Situation bisher nur einmal 2003 gewesen. Bis zu 80 Kilowattstunden (kWh) erzeugt die Anlage im Normalbetrieb pro Stunde. Im Jahr kommt so eine elektrische Arbeit von 250 000 kWh zusammen. Zum Vergleich: Ein Zwei-Personen-Haushalt in einem Einfamilienhaus benötigt pro Jahr rund 3 600 kWh Strom.

Roßweiner Werk wird repariert

Stillstand herrscht derzeit auch am Wasserkraftwerk an der ehemaligen Stadtmühle in Roßwein. Grund dafür ist allerdings nicht der aktuelle Wasserstand der Freiberger Mulde, sondern eine Generalreparatur der Anlage. Diese ist beim Hochwasser 2013 stark beschädigt worden. Zwischen sechs und acht Wochen werden die Reparaturen aller Voraussicht nach noch dauern. Bis zu 180 kWh pro Stunde erzeugt die Anlage im Normalbetrieb, pro Jahr knapp 450 000.

Noch in Betrieb ist die Anlage, die auf der Fläche von Sachsenobst in Neugreußnig steht. „Das Wasserkraftwerk hat eine spezielle Turbine, die auch bei Niedrigwasser läuft. Aber wenn es so weiter geht, werden wir auch die Maschine abschalten müssen“, sagt Jörg Richter. Ihre Leistung liegt bei 115 kWh pro Stunde, hochgerechnet aufs Jahr sind das 350 000 kWh. Die Leistungen aller drei Anlagen werden ins öffentliche Netz eingespeist.

Mit deutlich weniger Leistung sind derzeit auch die Wasserkraftanlagen in Limmritz und Meinsberg am Netz, wie Betreiber Stefan Eggerstorfer sagt. Bis zu 700 000 Kilowatt könnte das Kraftwerk in Meinsberg pro Monat leisten. Im Juli waren es nur 100 000 gewesen. Ähnlich sieht es in Limmritz aus. Statt 500 000 Kilowatt Strom pro Monat brachte die zweite Anlage Eggerstorfer im Vormonat nur 88 000 Kilowatt. Gebaut wurden die beiden Kraftwerke bereits vor mehr als 100 Jahren von der Papierfabrik Kübler & Niethammer. „Wenn es regnet, gehen die Zahlen wieder nach oben“, sagt Eggerstorfer. Doch er ist wenig optimistisch: „Der August ist erfahrungsgemäß noch trockener als der Juli.“

Sommer 2003 noch schlimmer

Nur zehn Prozent der möglichen Wassermenge fließt derzeit durch das Wasserkraftwerk an der Talsperre Kriebstein, wie Herbert Wastel von der Firma Karl Bau GmbH sagt, die die Anlage betreibt. Der Wasserstand der Zschopau am Messpunkt in Kriebstein liegt zurzeit 40 Zentimeter unter dem Normalwert. Kompensiert werden kann der Verlust nicht. Wastel hofft, dass er sich durch mehr Wasser in den kommenden Monaten ausgleicht. Bisher sei die Situation an der Talsperre nur einmal so extrem gewesen, im Jahr 2003. „Wenn es dort nicht sogar noch gravierender gewesen ist“, so Wastel. Der Strom aus Kriebstein wird ebenfalls ins öffentliche Netz eingespeist.

Für die Fische ist die aktuelle Dürreperiode zwar eine Herausforderung, aber ihr Bestand sei noch nicht gefährdet, wie Karin Bernhardt, Sprecherin des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) sagt. Zwar gebe es in einigen Regionen Sachsens bereits Notfischungen, doch im Altkreis sei dies nicht der Fall. Sowohl die Anglerverbände als auch die Behörden würden die Flüsse daher regelmäßig in Augenschein nehmen.

Etwa im Abstand von einem Monat finden in Freiberg Mulde und Zschopau, aber auch in den kleineren Flüssen wie Striegis und Jahna Untersuchungen statt. Die Ergebnisse der vergangenen Analysen zeigen laut Karin Bernhardt bisher noch keine Auffälligkeiten. Zwar sinke derzeit in Freiberger Mulde und Zschopau der Sauerstoffgehalt, doch dies sei im Jahresverlauf vom Winter zum Sommer normal. „Die Werte liegen aber noch weit über dem für Fische kritischen Wert“, so die Sprecherin des LfULG. Auch der organische Kohlenstoff sowie der Ammonium-Gehalt befinden sich nicht im kritischen Bereich. Selbst bei den kleineren Flüssen zeigen sich bislang keine Auffälligkeiten. „Keiner der behördeninternen Informationswerte wurde bisher überschritten“, sagt Bernhardt.

Amt rät vom Flussbad ab

Dennoch rät das Landesamt vom Baden in den Flüssen ab, auch wenn es kein Gesetz gibt, dass dies verbietet. Die Flüsse besäßen jedoch nicht die gleiche Qualität wie Badegewässer, erst recht nicht, wenn sie nur wenig Wasser führen, macht die Sprecherin des LfULG deutlich. Aufgrund von Abwassereinleitungen in die Flüsse könnten diese mit Keimen belastet sein, die mitunter die Gesundheit angreifen können. „Es empfiehlt sich daher, zum Baden die Freibäder und Badeanstalten mit geprüfter Wasserqualität zu nutzen“, sagt Karin Bernhardt.