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Kraftwerk belebt Gastronomie in Mitte

Im August öffnet neben der Operette ein neues Restaurant. Auch im Handel gibt es Aufschwung.

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© Sven Ellger

Von Nora Domschke

Neue Sachlichkeit soll es heißen – angelehnt an den Baustil, in dem die Industriegebäude im Kraftwerk Mitte entworfen sind. Am 17. August will Lorenz Köhler sein neues Restaurant am Wettiner Platz eröffnen. Mit seinem Geschäftspartner Christoph Radke betreibt er seit 2016 Jahr das & Rausch in der Bürgerstraße in Pieschen.

In der Heizzentrale des Kraftwerks wurden in den vergangenen Wochen Gastraum und Küche gebaut, jetzt wartet Köhler auf die Möbel. Wie es der Kneipenname andeutet, wird die Einrichtung schlicht in Holz und Stahlrohr gehalten. Insgesamt 35 Sitzplätze gibt es im Innenraum, 35 weitere im Hof. In einem separaten Raum, der auch gemietet werden kann, sollen größere Gruppen verköstigt werden.

Apropos Verköstigung: Für die Neue Sachlichkeit holt Köhler seinen Koch aus dem & Rausch ins Kraftwerk, wo er mit einem zweiten Kollegen an den Töpfen stehen wird. Auf der Karte wird es italienische und deutsche Gerichte geben. Köhlers gute Kontakte in der Gastro-Szene helfen ihm, gelerntes Servicepersonal für sein Restaurant zu finden. Keine Selbstverständlichkeit in der Branche, denn gute Fachkräfte sind derzeit rar und heiß umworben. Dafür müssen Dresdner Wirte mitunter tiefer in die Tasche greifen. „Wir zahlen eben nicht nur Mindestlohn“, bestätigt auch Köhler.

Von Vorteil sei auch der Standort direkt neben Operette und Theater Junge Generation. Etwas Neues aufzubauen reize junge Köche und Kellner, so Köhlers Erfahrung. Und natürlich auch ihn selbst. Deshalb war er sofort begeistert, als Martin Fiedler von Neonworx ihn 2015 angesprochen hatte. Die Firma vermietet in der Heizzentrale Arbeitsplätze an Kreative und Start-up-Unternehmen. „Wir haben uns nun erst einmal darauf konzentriert, die Büros fertig zu machen – jetzt folgt die Gastronomie.“

Neben dem Bistro T 1 im alten Pförtnerhaus am Wettiner Platz ist Köhlers Kneipe das zweite Angebot dieser Art im Kraftwerk. T 1-Betreiber René Kuhnt hat lange auf die Verstärkung gewartet. Regelmäßig platzt sein Bistro aus allen Nähten, vor allem, wenn es Aufführungen gibt. Der Bedarf ist groß – schließlich müssen sich neben den Theatergästen auch jene Menschen versorgen, die auf dem Kraftwerksgelände arbeiten. Das sind neben Schauspielern, Bühnentechnikern und Musikern auch Lehrer des Heinrich-Schütz-Konservatoriums und Jungunternehmer bei Neonworx. Deshalb soll es künftig noch weitere gastronomische Angebote im Kraftwerk-Areal geben: Im alten Speicher an der Könneritzstraße ist Platz für 150 Gäste, im Lichtwerk steht eine weitere, 350 Quadratmeter große Gastro-Fläche zur Verfügung. Mit einem Dresdner Gastronom sei inzwischen ein Vorvertrag für die Fläche im Speicher geschlossen, sagt Drewag-Sprecherin Gerlind Ostmann. T 1-Chef René Kuhnt bestätigt, dass er der neue Betreiber des Speicher-Restaurants ist. Eröffnen wird er frühestens 2019 – zunächst steht die Sanierung des Gebäudes an. Im Lichtwerk ist ein Restaurant mit gehobener Küche geplant. Auch dafür sei die Drewag im Gespräch mit Interessenten, so die Sprecherin.

Axel Klein ist begeistert vom Konzept des Kunst- und Kulturkraftwerks. Als Chef des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Dresden sieht er darin eine große Chance für den Stadtteil. „Die Theater werden an diesem Standort noch mehr Gäste haben als bisher.“ Das zahle sich auch für Gastronomen aus. Er räumt aber ein, dass ein Restaurant innerhalb des Areals ein gutes Konzept haben müsse, um die Spielzeitpausen der Theater zu überbrücken. Doch nicht nur innerhalb des alten Industriegeländes tut sich etwas. Auch im angrenzenden Viertel siedeln sich neue Cafés und Restaurants an. Neben dem Schießhaus mit traditioneller sächsischer Küche ergänzen seit Kurzem das Pau Pau Deli und das Moka das Angebot um Kaffeespezialitäten und handgemachtes Eis. In der Schützengasse hat der vom Dresdner Spitzenkoch Gerd Kastenmeier ausgebildete Koch Elvis Herbek das Restaurant Finesse eröffnet, einige Meter weiter befindet sich in einem Dreiseithof das vegetarische Restaurant Brennnessel.

Dabei profitieren die Gastronomen in der Wilsdruffer Vorstadt nicht nur vom aufstrebenden Musikerviertel – neben dem Kulturkraftwerk befindet sich am Wettiner Platz auch die Musikhochschule – sondern auch von Hunderten Zuzüglern, die das Viertel zunehmend beleben. Tendenz steigend, denn viele Bauprojekte mit weiteren Wohnungen werden erst in den kommenden Monaten fertig, etwa im Herzogin Garten und am Postplatz.

Der Aufwärtstrend ist auch an der Entwicklung des Handelsstandorts zu sehen: So haben sich allein in diesem Jahr insgesamt 20 Gewerbetreibende im Umfeld des Kraftwerks neu angemeldet. Damit haben sich mittlerweile 150 Geschäfte, darunter 41 Handelsbetriebe, angesiedelt.