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Krähen kreisen über Löbau

Anwohner der Äußeren Bautzner Straße beklagen sich über Lärm und Dreck. Einer von ihnen kämpft sogar mit Waffen gegen die Vögel. Die Stadt hilft anderweitig.

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© Bernd Gärtner

Von Marcus Scholz

Entlang der Äußeren Bautzner Straße, Ecke Goethestraße, geht es tagsüber hoch her. Krähen kreisen dort durch die Lüfte, fliegen über die Dächer der Häuser zu ihren Nestern, schreien lauthals und verdrecken die Gehwege. Das Federvieh hat nahezu jeden Baum im Areal an der Äußeren Bautzner in Beschlag genommen und macht wieder einmal negativ von sich reden. Oder besser gesagt: immer noch, nur eben an anderer Stelle. Denn auch am Promenadenring nisten Krähen, räumen Papierkörbe leer und stören den Frieden am Amtsgericht. Anwohner beschweren sich darüber regelmäßig, wie Löbaus Pressesprecherin Eva Mentele mitteilt.

.. und Bürgersteige von den Vögeln markiert.
.. und Bürgersteige von den Vögeln markiert. © Bernd Gärtner

Einer, der von dem Gekreische an der Äußeren Bautzner Straße nicht direkt betroffen ist, sich aber unweigerlich mit dem Thema auseinandersetzen muss, ist Hermann Hohlfeld. Der Neugersdorfer besitzt ein Mietshaus in der Goethestraße und darf sich schon seit mittlerweile zwei Jahren das Ach und Weh seiner Mieter anhören. „Sie müssen vier Uhr morgens die Fenster zumachen, weil es dann so laut ist“, sagt Hohlfeld. Hinzukommen würden mit Vogelkot beschmierte Fassaden, dreckige Autos und Fenster. „Wenn man dort auf dem Fußweg laufen will, sollte man am besten eine Mütze aufsetzen“, so der Neugersdorfer. Um auf das Krähenproblem aufmerksam zu machen, haben Hohlfelds Mieter bereits Unterschriften gesammelt und ihr Anliegen bei den zuständigen Behörden von Landkreis und Stadt vorgetragen.

Die haben sich kooperationsbereit gezeigt – der eine mehr, der andere weniger. Die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Görlitz hat sich der Sache schon im Mai 2014 angenommen. Fazit: Die Verschmutzung würde zwar nicht das unzulässige Maß überschreiten, der Lärm aber, könnte als unzumutbare Belastung für die Anwohner gewertet werden. Allerdings mit dem Hinweis, dass es sich bei Krähen um geschützte Singvögel handeln und das die Sache schon wieder anders aussehen lassen würde. „Wenn das so ist, dann bin ich Opernsänger“, sagt Hohlfeld. Im Oktober 2015 hat die Behörde sogar noch weitere Messungen durchgeführt. Das geht aus den Aufzeichnungen des Neugersdorfers hervor. Das Ergebnis ist noch offen. Der Landkreis bestätigt die Vorgänge und will sich demnächst zum Sachverhalt äußern.

Die Stadt Löbau hat sich derweil dem Krähenärger außerhalb der Brutzeit angenommen, erste Maßnahmen getroffen und Bäume an der Äußeren Bautzner Straße so verschneiden lassen, dass sie dort nicht mehr nisten können. „Die Krähen kommen trotzdem immer wieder. Mehr können wir aber nicht machen, weil die Tiere unter Naturschutz stehen“, sagt Eva Mentele. Aus der Stadt könne man die Vögel damit sowieso nicht gänzlich vertreiben. „Dann suchen sie sich eben andere Plätze“, sagt sie. Neuerdings hätten die Krähen beispielsweise den Park an der katholischen Kirche zu ihrem Revier gemacht.

Die Plage an der Goethestraße bleibt damit aber trotzdem bestehen. Das bekommen auch Schüler und Lehrer der angrenzenden Heinrich-Pestalozzi-Oberschule zu spüren. Außensportanlagen seien verdreckt und müssten regelmäßig mit Hochdruckreinigern gesäubert werden. Auf dem Lehrerparkplatz an der Goethestraße seien außerdem die Autos von April bis Oktober ständig mit Kot überzogen, so Schulleiter Hans-Jürgen Gerk.

Um den Vögeln wenigstens ein bisschen Einhalt zu gebieten, hat Anwohner Florian Rösl, auf dessen Grundstück die Krähen auf drei großen Bäumen nisten, schwere Geschütze aufgefahren. „Ich habe einen Antrag zur Vergrämung der Vögel gestellt und ihn bewilligt bekommen“, sagt er. Anschließend hat Rösl sich einen kleinen Waffenschein besorgt und eine Schreckschusspistole gekauft, um das Federvieh zu vertreiben. Sein Urteil fällt ernüchternd aus: „Es hat eigentlich nicht viel gebracht. Ich habe viel Geld in Munition investiert, die Vögel kommen in der Schonzeit aber immer wieder zurück und besetzen die Bäume“, sagt Florian Rösl. Er würde sich nun wünschen, dass die Stadt reagiert und sich geeignete Maßnahmen einfallen lässt. Denn, obwohl sich die Krähen auf seinem privaten Grund aufhalten, sei es längst von öffentlichem Interesse, die Tiere zu vertreiben.

Mietshauseigentümer Hermann Hohlfeld ist selber Meinung: „Die Stadt will doch das Quartier entlang der Äußeren Bautzner Straße aufwerten. Dann gehört auch dazu, dass die Krähen entfernt werden“, sagt er. Schließlich sollen seine Mieter in Zukunft länger als bis zum Morgengrauen im warmen Bett liegen können.