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Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und AfD

Heiko Hessenkemper und Veronika Bellmann zittern bis zum Schluss. Die Region bleibt der CDU treu.

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© Dietmar Thomas

Von Maria Fricke

Mittelsachsen. Ungewöhnlicher Anblick am späten Sonntagnachmittag in der Döbelner Innenstadt. Trotz trüben Herbstwetters sind zahlreiche Passanten unterwegs. Bis 17.30 Uhr haben viele von ihnen vor allem ein Ziel: das Wahllokal. Danach wird es schlagartig leerer auf den Straßen. Um 18 Uhr ist die Bundestagswahl 2017 vorbei. Bis dahin ist es zumindest im Döbelner Rathaus sowie im Wahllokal am Lessing-Gymnasium ruhiggeblieben. Keine besonderen Vorkommnisse. Sogar auf den ersten Blick mehr Wahlbeteiligung als bei vergangenen Wahlen, zumindest im Rathaus.

Nach dem vorläufigen Endergebnis lag AfD-Politiker Heiko Hessenkemper nur 0,9 Prozent bei den Erststimmen hinter der gebürtigen Eppendorferin.
Nach dem vorläufigen Endergebnis lag AfD-Politiker Heiko Hessenkemper nur 0,9 Prozent bei den Erststimmen hinter der gebürtigen Eppendorferin. © Dietmar Thomas
© Grafik/SZ

Stimmen zur Bundestagswahl

Anja Lauckner (34): "Wenn man schon das Recht zu wählen hat, dann sollte man auch wählen gehen. Und das habe ich heute auch getan. Mir geht es dabei vor allem um mehr Familienfreundlichkeit in der Politik. Zum Beispiel, dass man für Kita-Plätze nichts mehr bezahlen muss. Ich habe am späten Nachmittag in meinem Wahllokal gewählt."
Anja Lauckner (34): "Wenn man schon das Recht zu wählen hat, dann sollte man auch wählen gehen. Und das habe ich heute auch getan. Mir geht es dabei vor allem um mehr Familienfreundlichkeit in der Politik. Zum Beispiel, dass man für Kita-Plätze nichts mehr bezahlen muss. Ich habe am späten Nachmittag in meinem Wahllokal gewählt."
Eva Eckert (69): "Es soll wieder vorwärts und allen gut gehen. Deswegen war ich heute Nachmittag in meinem Wahllokal wählen. Ich bin Rentnerin und wünsche mir, dass es für den Mittelstand mehr Rente gibt. Und auch für die Kinder sollte etwas getan werden. Sachsen braucht mehr Lehrer. Die Kinder und Jugendlichen sind wichtig für die Zukunft."
Eva Eckert (69): "Es soll wieder vorwärts und allen gut gehen. Deswegen war ich heute Nachmittag in meinem Wahllokal wählen. Ich bin Rentnerin und wünsche mir, dass es für den Mittelstand mehr Rente gibt. Und auch für die Kinder sollte etwas getan werden. Sachsen braucht mehr Lehrer. Die Kinder und Jugendlichen sind wichtig für die Zukunft."
Dirk Martini (36): "Deutschland braucht eine Veränderung. Ich will auch mal eine sicherere Rente haben. Aber wer weiß, ob es dass dann bei mir noch gibt. Ich war heute Mittag nach dem Aufstehen in meinem Wahllokal wählen. Das letzte Mal habe ich es nicht geschafft, weil ich keine Zeit gefunden habe. Das sollte dieses Mal anders sein."
Dirk Martini (36): "Deutschland braucht eine Veränderung. Ich will auch mal eine sicherere Rente haben. Aber wer weiß, ob es dass dann bei mir noch gibt. Ich war heute Mittag nach dem Aufstehen in meinem Wahllokal wählen. Das letzte Mal habe ich es nicht geschafft, weil ich keine Zeit gefunden habe. Das sollte dieses Mal anders sein."
Werner Vilcsko (56): "Es ist schon wichtig, dass man wählen geht. Es sollte vor allem mehr Wert auf Kinder gelegt werden. Das will ich mit meiner Stimme bewirken. Ohne Kinder haben wir keine zukünftigen Konsumenten. Die Politik muss familienfreundlicher werden. Dann kommt der Rest von ganz alleine."
Werner Vilcsko (56): "Es ist schon wichtig, dass man wählen geht. Es sollte vor allem mehr Wert auf Kinder gelegt werden. Das will ich mit meiner Stimme bewirken. Ohne Kinder haben wir keine zukünftigen Konsumenten. Die Politik muss familienfreundlicher werden. Dann kommt der Rest von ganz alleine."

Punkt 18 Uhr beginnt dort wie in den anderen Wahllokalen ein ungeahntes Kopf-an-Kopf-Rennen um den direkten Einstieg in den Bundestag. Es wird das Schloss der Wahlurne aufgeschlossen sowie die zusätzliche Versiegelung durchtrennt. Fünf Wahlhelferinnen beginnen mit dem Auszählen der Stimmzettel. 536 Wahlscheine gehen durch ihre Hand. Sieben davon können sie gleich zur Seite legen. Ungültig. Einige Wähler haben allen Wahlkreisabgeordneten ein Kreuz verpassen, andere haben die beiden Listen für Erst- und Zweitstimme einfach durchgestrichen. Eine Etage darüber widmet sich ein weiteres Team den Wahlscheinen, die per Briefwahl eingegangen sind. Über 900 blaue Umschläge stapeln sich auf dem langen Tisch. Beim ersten Zählen gab es einen Fehler. Die Frauen und Männer müssen noch einmal ran.

Bereits um 18.19 Uhr steht das erste Wahlergebnis fest. In Wetterwitz sind die Stimmen ausgezählt. Es folgen Littdorf um 18.23 Uhr und Grunau um 18.29 Uhr. Bis die Ergebnisse öffentlich einsehbar sind, dauert es allerdings. Um 19.15 Uhr sind auf der Internetseite des Statistischen Landesamtes Sachsen, der zentralen Anlaufstelle für die Wahlergebnisse an diesem Sonntagabend, noch keine Ergebnisse aus Mittelsachsen zu finden.

Bis kurz vor der 18 Uhr hatte die AfD Mittelsachsen im sozialen Netzwerk Facebook zur Wahl aufgerufen. Doch auch danach sollten die Bürger in die Wahllokale gehen, als Wahlbeobachter. Zumindest im Döbelner Rathaus war bis 18.20 Uhr keiner dieser Aufforderung gefolgt.

Genau eine Stunde später, gegen 19.20 Uhr, steht das erste Ergebnis aus Mittelsachsen fest. In Dorfchemnitz haben über 47 Prozent der Wähler sowohl ihre Erst- als auch ihre Zweitstimme der AfD gegeben. Die CDU erhielt nur 33 Prozent der Erststimmen. Ein Trend, der sich fortsetzen sollte. Um 19.40 Uhr sind vier Gemeinden in Mittelsachsen ausgezählt. Bis dahin liegt die AfD bei den Erststimmen vorn.

Gegen 20 Uhr steht das erste Ergebnis im Altkreis fest. Auch in Leisnig ist die AfD mit 27,5 Prozent Erststimmenanteil stark vertreten. Aber die CDU-Bundestagsabgeordnete Veronika Bellmann bekommt mit 32,6 Prozent mehr Erststimmen. Acht Gemeinden sind bis dahin ausgezählt, AfD und Heiko Hessenkemper liegen vor der CDU. Kurz nach 20 Uhr: In Zschaitz-Ottewig bestätigt sich das. Hessenkemper vorn, 0,3 Prozent dahinter Bellmann.

Auch in Ostrau und im Striegistal gewinnt der AfD-Politiker.

Gegen 21.15 Uhr sind fast alle Gemeinden ausgezählt. Die großen Städte Freiberg, Döbeln und Mittweida fehlen noch. CDU-Frau Bellmann liegt mit 34,3 Prozent der Stimmen knapp vor Hessenkemper mit 32,9 Prozent der Erststimmen. Der AfD-Politiker gewinnt wiederum im Striegistal, und schmälert den Abstand zur CDU auf 1,2 Prozent der Stimmen. Überraschend ist, dass Hessenkemper in Freiberg 30,8 Prozent der Erststimmen holt.

Doch gegen 21.50 Uhr ist absehbar, was kurz nach 22 Uhr feststeht: mit knappem Vorsprung von 0,9 Prozent holt Veronika Bellmann mit 32,4 Prozent der Erststimmen das Direktmandat. Sie bleibt damit Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis 161. „Es war ein spannender Wahlkampf bis zur letzten Gemeinde. Das Ergebnis muss ich nun auch erst einmal verkraften“, sagt Bellmann am Abend. Die Mehrheit der Wähler im Altkreis hat sich für die Christdemokratin ausgesprochen. Neben Leisnig wurde auch in Döbeln, Waldheim, Hartha, Kriebstein, Roßwein und Großweitzschen mehrheitlich für die CDU-Kandidatin gestimmt. Trotzdem war der Abstand zur AfD in vielen Gemeinden gering. Und noch ein weiterer Erfolg für die AfD-Politiker: Die meisten Zweitstimmen im Wahlkreis 161 gehen an die Partei. Auffällig hier: Neben Ostrau, Striegistal und Zschaitz-Ottewig, in denen auch Hessenkemper vorn lag, bekommt die AfD in Döbeln und Waldheim knapp mehr Zweitstimmen als die CDU. Simone Raatz, bisherige Bundestagsabgeordnete der SPD, wird es voraussichtlich nicht noch einmal in den Bundestag schaffen.

Fast 75 Prozent der Wahlberechtigten im Wahlkreis 161 haben sich an der Wahl beteiligt. Das sind 5,6 Prozent mehr als 2013. Auffällig ist auch in Mittelsachsen, dass mehr Wähler die Möglichkeit der Briefwahl genutzt haben.

Landrat Matthias Damm (CDU) begrüßt den Ausgang der Wahl, da die Kontinuität durch die Wiederwahl Bellmanns das Beste für den Landkreis ist. Dass die AfD auch in Mittelsachsen so stark ist, sei ein bundes- und sachsenweiter Trend, den es nun zu analysieren gelte.