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Kooperation über Ländergrenzen

Das Kloster St. Marienstern in Panschwitz-Kuckau und der Landkreis Zlotorya sind seit einiger Zeit Partner. Sie haben sich neue Projekte vorgenommen. Zum Beispiel den Umbau der Klosterbäckerei.

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© Andreas Kirschke

Von Andreas Kirschke

Panschwitz-Kuckau. Werkstatt-Rat Ina Thiede freut sich auf neue Begegnungen. „Da geht es um Sport, Kultur, Sprache. Wir sind sehr gespannt“, sagt die 30-Jährige aus dem Verpackungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen St. Michael im Kloster St. Marienstern Panschwitz-Kuckau. Sie war jetzt bei der Vorstellung des deutsch-polnischen Projekts „Educatio, Repetitio, Labora – Lebenslanges Lernen für Menschen mit Behinderung“ dabei. Bis 2020 fließen etwa 1,25 Millionen Euro grenzüberschreitend in die Behindertenarbeit.

Seit einigen Jahren bereits wirken das Kloster St. Marienstern und der Landkreis Zlotoryja zusammen. 2013 verband sie das Projekt „Et Labora“ (die SZ berichtete). „Wir knüpfen daran an“, sagt Karin Ziesch, Leiterin der Werkstatt St. Michael. Das neue Projekt startete am 20. Oktober mit den Paraolympischen Spielen in Swierzawa. Behinderte maßen ihre sportlichen Kräfte. Jetzt folgt Weiteres. „Vier Säulen prägen das Projekt“, sagt Zygmunt Potocki, Projektkoordinator in der Werktstatt St. Michael. „Wir wollen zwischenmenschliche Kompetenzen verbessern und ausbauen. Wir wollen die berufliche Aus- und Weiterbildung fördern. Und es geht um die Vernetzung mit dem allgemeinen Arbeitsmarkt in der Euroregion Neisse.“

Kompetenzprofile erarbeitet die polnische Seite für die Berufsfelder Buchbinderei, Druckereigewerbe, Druckerei, Hotellerie und Gastronomie. Die deutsche Seite erstellt Berufsprofile für Garten- und Landschaftsbau, Verpackung und Montage, Tischlerei, Bäckerei und Kreatives. Gruppenleiter und Fachanleiter sollen so ihre methodischen Kenntnisse verbessern. „Es sind Bildungsinhalte für zehn Berufe. Das betrifft alles, was die Mitarbeiter wissen und können sollen“, so Zygmunt Potocki. Zum Projekt gehört die Erweiterung der Klosterbäckerei Panschwitz-Kuckau. Dort soll ein Café entstehen. Offen für Einheimische und Touristen. „Durch den Umbau erschließen wir neue Lernfelder für die Behinderten – in Bereichen wie Verkauf, Dienstleistung, Service und Bäckerei“, so Potocki. Der Eingang der Bäckerei wird verlegt. Zugleich entsteht ein Durchgang. Er verbindet künftig das Ernährungs- und Kräuterzentrum direkt mit dem Klosterhof. Lange Umwege entfallen.

Neue Gastronomie in Swierzawa
Viel verändert sich auch in Swierzawa. Seit 2004 besteht die dortige Werkstatt. In ihr arbeiten heute 70 behinderte Menschen und 20 Betreuer. „Es ist die größte Behinderten-Werkstatt in Niederschlesien“, sagte Leiter Maciej Pietruszka. Bislang gibt es in der Werkstatt nur einen Raum für Gastronomie. Dank des EU-Projekts soll erweitert werden. „Wir schaffen künftig die Selbstversorgung mit Essen“, so Maciej Pietruszka. „Wir sorgen für Catering für Einwohner und Gäste. Wir richten ein kleines Restaurant ein. Entstehen soll ein Arbeitsraum zum Erlernen verschiedener Berufe – etwa für Kochhelfer, Kellner, Empfang, Theke bedienen und Aufräumen.“ Öffnen will sich die Werkstatt für neue Berufsfelder. Der Bereich Landschaftspflege ist zwar bekannt. Doch es gibt noch keine fachlichen, praktischen Erfahrungen. „Hier wollen wir vom Wissen der Werkstatt in Panschwitz-Kuckau lernen“, so Pietruszka. Man habe auf dem polnischen Arbeitsmarkt recherchiert. Es gebe durchaus Chancen in bestimmten Nischen für Behinderte: im Bereich Gartenbau, Landschaftsbau, Landschaftspflege. Gerade hier muss präzise und zuverlässig gearbeitet werden. „Das können unsere Behinderten. Von Vorteil ist: Wir liegen mitten im Hirschberger Tal der Schlösser und Gärten. Hier gibt es große Parkanlagen, die gepflegt werden müssen.“ Neue Perspektiven sind somit möglich.

Zum Projekt gehören auch kleine Sprachkurse. Unter anderem bringen Behinderte in Swierzawa im Bereich Druckerei deutschen Behinderten erste polnische Vokabeln und Wendungen bei. Verbessern soll das Projekt die Chancen Behinderter auf dem ersten Arbeitsmarkt. „Unser Ziel ist, Unternehmen in der Euro-Region intensiver und tiefgründiger zu informieren“, sagte Karin Ziesch. „Wir wollen alle Informationen zusammenstellen und dann als Leitfaden verbreiten. Wir versprechen uns einen Türöffner für die Wirtschaft.“

Chancen für Behinderte werden erhöht

Landtagsabgeordneter Aloysius Mikwauschk (CDU) sieht Kontinuität im Projekt. „Es erhöht die Chancen für Behinderte auf dem ersten Arbeitsmarkt. Es sind anspruchsvolle Berufsfelder, die entwickelt werden.“ Wie Ina Thiede vom Werkstatt-Rat freut sich auch Schwester Gabriela, Priorin Administratorin im Kloster St. Marienstern, auf die Zusammenarbeit. Auch bei den Behinderten spürt sie die Begeisterung. „Wir freuen uns, dass wir mehr zusammenrücken.“ Und Altbischof Joachim Reinelt sieht das Projekt als wichtige Brücke zwischen Polen und Deutschland. Wertet es doch die menschlichen Qualitäten Behinderter auf. Wertet es doch die Arbeit der Behindertenwerkstätten auf. „Viele wissen noch gar nicht, wie viele Vorzüge uns solche Werkstätten geben“, sagte er am Dienstag nach seiner Feier der Heiligen Messe in der Klosterkirche gemeinsam mit Polen und Deutschen. „Die Werkstätten stehen für ein menschliches Land.“