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Komplette Etage unter Wasser

Das Wohnheim der Lebenshilfe ist im Ausnahmezustand. Dort war unbemerkt eine Leitung geplatzt.

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© André Braun

Von Jens Hoyer

Döbeln. Der schlanke Weihnachtsmann hat sich noch ein Kissen unter den Mantel geschoben, um als echter Ruprecht durchzugehen. Die Frauen und Männer an den Tischen lachen, als sie ihn sehen. Der Praktikant in der roten Kutte verkörpert auch ein bisschen Normalität für die Bewohner und Mitarbeiter des Wohnheims der Lebenshilfe. Seit 9. Dezember ist dort das ruhige Leben aus den Fugen geraten. An diesem Tag stellten Fachleute fest, dass ein Schaden an einer Leitung eine ganze Etage unter Wasser gesetzt hatte. Acht schwer pflegebedürftige Menschen mussten in kürzester Zeit aus ihren Zimmern.

Eine Schleuse versperrt den Durchgang im Flur. Pflegedienstleiterin Carmen Gey öffnet einen Reißverschluss. Eine Plane soll die Staub und Pilzsporen von den anderen Etagen des Hauses fernhalten. Dahinter ist eine Baustelle. Fliesen sind aus dem Fußboden gebrochen, Trockenbauwände teilweise entfernt. Einen halben Meter hoch ist die Feuchtigkeit in die Gipskartonplatten hinaufgekrochen. An manchen Stellen sieht man noch, wie sich der Schimmel ausgebreitet hat. Handwerker sind gerade dabei, Löcher in den Fußboden zu schneiden, um die Schläuche der Trockengeräte anschließen zu können.

„In einen halben oder dreiviertel Jahr kann man hier vielleicht wieder wohnen“, sagt Carmen Gey. Sie steht neben einem Loch im Fußboden. Dort drinnen, zwischen den Dämmplatten, war eine Wasserleitung durch Korrosion undicht geworden. Durch Zufall hatten die Mitarbeiter entdeckt, dass sich in einem Zimmer ein verdächtiger Streifen an der Wand entlangzog. Die Fachleute stellten den Wasserschaden am Nikolaustag fest. Wie lange das Wasser munter sprudelte, kann niemand sagen. Es müssen Mengen gewesen sein. Der Fußboden in der ganzen unteren Etage ist vollgesogen. Auch Hauswirtschafts- und Heizungsraum sind betroffen und die Brandmeldezentrale. „Sogar im Fahrstuhlschacht stand das Wasser“, sagte Carmen Gey. In den Wänden und hinter den Schränken hatte sich schon der Schimmel breitgemacht. Bemerkt hatte das vorher niemand. „Wir rücken ja nicht jeden Tag die Schränke beiseite“, sagte die Pflegedienstleiterin. Im bewohnten Zustand habe es in den Räumen auch keinen verdächtigen Geruch gegeben.

„Hier musste ganz schnell alles raus“, so Carmen Gey. Das sei schon wegen der elektrischen Geräte eine Frage der Sicherheit gewesen. Aber wohin mit acht pflegebedürftigen Menschen. „Wir haben überall angerufen, ob uns einer helfen kann.“ Aber niemand sei darauf eingerichtet gewesen, so viele geistig- und körperlich behinderte Menschen aufzunehmen. Die Lebenshilfe fand schließlich die Lösung. Im eigenen Haus wurde zusammengerückt. Aus Ein- wurden Zwei und aus Zwei- wurden Dreibettzimmer. Ein Teil des Speiseraums ist zum Zimmer für vier Bewohner umfunktioniert. Nur eine Bewohnerin hatte in die Einrichtung nach Hartha umziehen müssen. Die Firma Kupfer stellte zwei Garagen zur Verfügung, in die noch verwendbare Möbel eingestellt wurden. Die Gesundheits- und die Heimaufsicht seien sehr kooperativ gewesen und auch der Tüv und die Feuerwehr wegen des Brandschutzes, sagte Gey. Auch mit den Eltern und Betreuern der Bewohner mussten die Veränderungen abgestimmt werden, sagte Gey. „In den letzten Wochen hat hier niemand weniger als zehn bis zwölf Stunden am Tag gearbeitet. Alle auszuräumen ist das Eine. Alles wiederzufinden und weiterzuarbeiten das Andere.“ Zumindest bleibt die Lebenshilfe auf dem riesigen Schaden nicht sitzen. Die Versicherung, in diesem Fall die Axa, übernimmt die Kosten und hat sich auch um die Handwerker gekümmert.