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Kommt ein kleiner Teddybär ...

Die SZ erinnert an Zittauer Dinge, die alle kennen, obwohl sie nicht mehr da sind. Heute: das Kinderkaufhaus Bummi.

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© Frank Winkler

Von Arndt Bretschneider

Die Direktion der Zittauer HO hat Anfang der 60er Jahre eine Dienstreise nach Bernburg an der Saale unternommen. Hier stand republikweit das erste Bummi-Kaufhaus. Nicht jede HO- oder Konsum-Kinderwarenverkaufsstelle konnte sich in der DDR Bummi nennen. Der niedliche Stoffbär war bei Jung und Alt bekannt und beliebt wie Schnatterinchen oder Pittiplatsch. Es entstand eine Art Ehrentitel, den das Ministerium für Handel und Versorgung nach Prüfung verlieh. Zittauer Verantwortliche wollten sich vor Ort überzeugen, was hier Neues am Entstehen sei. Drei Fachleute kehrten nach Besichtigung und Gesprächen ins Dreiländereck zurück, um genau so was auch in Zittau aufzubauen. Der Rat des Kreises, Abteilung Handel und Versorgung, las den Reisebericht und hörte sich die Argumente an. Nach verbaler Zustimmung ging es in die Realisierungsphase mit allen Hürden und Problemen. In der Innenstadt sollte das Geschäft angesiedelt sein, doch ein geeignet großes und freies Objekt fand sich zunächst nicht.

© Frank Winkler

Jahre vorher sprach die HO mit Johann Jacob Ziegler, Inhaber des Samenfachgeschäfts in der Inneren Weberstraße 3. Dieser sagte, dass die Räume für sein Sortiment ziemlich groß und die Miete recht hoch sei. Wenn man für ihn ein kleineres Objekt fände, würde er es der HO überlassen. Diese bot ihm auf dem Löbauer Platz etwas an, was er dankend ablehnte, favorisierte er doch die Innenstadt. So fuhr er 1958 eigens nach Berlin zum Präsidenten der Republik, Wilhelm Pieck, und erhielt eine Audienz, um sein Anliegen vorzubringen. Nach sanftem „Eingriff von oben“ konnte die Samenhandlung in die Bautzner Straße 3 wechseln, wo sie Zieglers Schwiegersohn bis kurz nach der Wende führte. Die Abteilung Industriewaren der HO richtete nunmehr in der Inneren Weberstraße 3 eine schlichte Verkaufsstelle für Kindersachen ein. Das blieb etwa fünf Jahre so, bis feststand, daraus ein Bummi-Kinderkaufhaus zu machen. Man hatte in Bernburg erfahren, dass bestimmte Anforderungen an die Beschaffenheit des Verkaufsraumes und entsprechender Sortimentsbreite zu erfüllen seien. Jetzt waren Innenarchitekt, Umbaugenehmigung und Baumaterialzusage vonnöten. Alles konnte bereitgestellt und eine Zwischendecke im ersten Stock eingebaut werden, um so die Angebotsfläche zu verdoppeln. In Zittau sollte vom Baby bis zum Grundschulkind, außer bei Sportartikeln, der Bedarf durch Bummi gedeckt werden. Die Schuhabteilung brauchte eine gewisse Fläche, die beim Nachbarn, Mortka Schwarz, damals Innere Weberstraße 1, zur Verfügung stand. Der aber lehnte ein Austauschangebot der HO ab und behielt Recht.

Dieser war Mitte der 60er Jahre bei der Verkaufskultur seiner Zeit voraus. Man richtete eine Vorstufe der Selbstbedienung ein. Ob dieser eine Beratung des selbst ausgewählten Stückes wollte, blieb ihm überlassen. Die Verkäuferinnen wurden aber geschult, stets Zeit dafür zu finden, auch wenn der Laden rappelvoll war. All das wurde im Juni 1965 Realität, und es gab ein großes Fest. Die gesamte Straße blieb stundenlang für den Verkehr gesperrt. Das goldgelbe Plüschbärchen reiste an, um die Ministeriumsurkunde zu übergeben, spielte und tanzte mit den Kindern – zur Freude der Mädchen und Jungen aus den Kindergärten. Mit dem Bummi verbunden war ein großer Vorteil: eine zentral vom Ministerium in Berlin gesteuerte Warenfondsverteilung. Nur wenige der 252 DDR-Kreisstädte hatten in der Kinderversorgung solch eine Vorzugsstellung. Der steigende Umsatz wurde in Zittau dafür zum Beweis.