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Kommentar: Wahrheit zum Gift muss auf den Tisch

Peter Anderson über den Umgang mit Insektiziden im Wein.

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Die Rückrufaktion von Müller-Thurgau aus dem Weingut Jan Ulrich in Diesbar-Seußlitz ist ein Parade-Beispiel dafür, wie Kommunikation im Krisenfall nicht laufen sollte.

Am Anfang steht die Nachricht über den Fund von Insektengift-Spuren im Beerenmost vom Goldriesling. Das hätten die Kontrolleure allerdings schon vergangenes Jahr festgestellt, teilen die Ämter mit. Aus dem Most sei nie Wein geworden. Jetzt fänden sicherheitshalber Nachkontrollen statt.

Nur wenige Tage später muss die erstaunte Öffentlichkeit erfahren, dass der belastete Most zu 4 000 Litern Wein verarbeitet wurde und munter im Weingut Ulrich vor sich hin reift. Für den Verbraucher bestehe trotzdem keine Gefahr, weil der Goldriesling ja nicht in den Handel gelangt sei, heißt es weiter beruhigend.

Wieder ein paar Tage darauf kommt ans Licht, dass nicht nur der Goldriesling aus Diesbar-Seußlitz Spuren von Insektengift aufweist, sondern auch der Müller-Thurgau. Und der ist offenbar auch bereits in Läden erhältlich, mit großer Wahrscheinlichkeit sogar schon getrunken worden. Unklar bleibt jedoch weiter, wie genau das Insektizid eigentlich in die beiden Weine Goldriesling und Müller-Thurgau gelangt ist.

Wohlgemerkt: Den Weinbauverband trifft in diesem Fall keine Schuld. Das Weingut Ulrich gehört ihm nicht an. Der Verband kann nicht aus erster Hand informieren. Aufgabe des Winzers in Diesbar-Seußlitz wäre es allerdings, nicht scheibchenweise und widersprüchlich zu informieren, sondern ehrlich die ganze Wahrheit auf den Tisch zu packen. Nur so lässt sich noch größerer Schaden vom sächsischen Weinbau abwenden.