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Kommentar: Rechtsstaat nach Gutdünken

Sven Siebert über das Gequatsche im Fall Edathy

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Es ist entschieden zu viel gequatscht worden. Die Edathy-Affäre zeigt, wie schnell es mit dem Rechtsstaat bergab geht, wenn die an einem Ermittlungsverfahren Beteiligten nach eigenem Gutdünken mit ihrem Wissen hausieren gehen.

Noch ehe gegen den damaligen SPD-Bundestagsabgeordneten förmlich ermittelt wurde, waren zahlreiche Außenstehende über den Kinderporno-Verdacht im Bilde. Die brisanten Informationen erreichten auch viele Politiker – in Land und Bund, vor allem in der SPD. Und spätestens hier wurden rechtsstaatliche Grenzen missachtet.

Mancher wollte Schaden abwenden – vom Land, von der Politik, auch von der SPD. Andere instrumentalisierten ihr Wissen, wohl um sich wichtig zu machen oder dem politischen Gegner zu schaden.

Edathy, gegen den gestern der Prozess eröffnet wurde, hat bisher versucht, sich als untadeliger Bürger darzustellen, der durch rechtswidriges Handeln der Justiz in deren Mühlen geriet. Dieses Bild ist wenigstens stark einseitig. Er kann nun aber zurecht beklagen, dass sein Fall en détail öffentlich breitgetreten wurde, ehe er Gelegenheit zur Verteidigung in einem fairen Verfahren hatte. Mindestens ebenso schwer wiegt aber der Verdacht, Mitwisser der Ermittlungen hätten zumindest billigend in Kauf genommen, dass ihre Informationsweitergabe strafvereitelnd wirkte, weil Edathy Beweise vernichten konnte. Der Fall Edathy ist noch nicht abgeschlossen, selbst wenn das Verfahren gegen ihn selbst eingestellt werden sollte.