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Kommentar: Kontrollen werden zur Gratwanderung

Ralph Schermann über Schwarzfahrer in Görlitzer Bussen und Bahnen

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Schwarzfahrer zahlen fünf Mark. Das waren Zeiten! Die Strafe galt in den 1960er Jahren. In den Görlitzer Straßenbahnen wurde sie damals eingeführt, weil die Schaffner ausgedient hatten. Die Görlitzer nahmen das auch als eine Art Volkssport, am Fahrpreis zu sparen, obwohl der für Erwachsene mit zwölf DDR-Pfennigen schon fast geschenkt war. Die Zahlboxen machten allerdings Kontrollen schwer: Ein Hosenknopf, eine Unterlegscheibe, irgendwas hinein, mehrmals am Ticket-Hebel geruckt, und schon hatte man einen Fahrschein. Erst mit Stempel- oder Locher-Entwertern wurde es übersichtlicher. Und am Ende der DDR waren statt fünf schon 20 Euro fällig, wurde wer ohne Fahrschnipsel erwischt.

Seitdem dreht sich die Spirale zwischen Tarif und Abschreckung und liegt derzeit bei 60 Euro erhöhtem Beförderungsentgelt. Von Volkssport ist längst keine Rede mehr: Durch Schwarzfahren entgehen deutschen Verkehrsbetrieben bis 350 Millionen Euro im Jahr. Das ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat. Je teurer, desto härter werden auch die Bandagen. Kontrolleure werden von Erwischten angegriffen, langen aber durchaus auch selbst schon mal überzogen zu. Zum Schwarzfahren kommen mitunter Beleidigungen und Anzeigen wegen Körperverletzung. Und nie gab es so viele Widersprüche gegen die 60 Euro wie 2016 – darunter sogar immer erfinderischere Begründungen. Was ist nur so schwer daran, dem Kontrolleur einfach einen gültigen Fahrschein zu zeigen?