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Knatsch um Kunnerwitzer Gastronomie

Die Windmühle bekommt immer mehr Konkurrenz. Hinter den Kulissen rumort es.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Ingo Kramer

Diesen Sonnabend hat Sven Vetter eigentlich allen Grund zur Freude. Der 41-jährige Gastronom lädt zum Schlachtefest in sein Gasthaus „Zur Windmühle“ nach Kunnerwitz ein. Bei einem großen Buffet mit Leber- und Blutwurst, Wellfleisch, Haxen und Sauerkraut kann er auf ein volles Haus hoffen.

Das hat er nicht alle Tage. „Vor drei Jahren hatte ich neun Mitarbeiter, jetzt sind es nur noch fünf“, sagt er. Ein Grund dafür ist die wachsende Zahl der Mitbewerber. Vetter spricht bewusst nicht von Konkurrenz, auch wenn ihn die Entwicklung nicht immer freut. Wer heute in Kunnerwitz eine Familienfeier außerhalb des eigenen Grundstücks machen will, der muss nicht zu ihm kommen. Im Kunnerwitzer Bürgerhaus steht ein großer Raum zur Vermietung, seit diesem Monat gibt es zudem das Kochstudio Regenbogen. „Und letztlich können die Leute auch beim Sportverein oder bei der Feuerwehr feiern“, sagt der Gastwirt. Wenn man bedenke, dass es zum Pfaffendorfer Schloss auch nicht weit ist, und dass dort ebenfalls ein Raum für Feiern gemietet werden kann, so habe er insgesamt fünf Mitbewerber in nächster Nähe. Für ein Dorf sei das eigentlich zu viel. Aber darum geht es Vetter gar nicht: „Ich ziehe den Hut vor jedem, der sich heute auf eigene Füße stellt.“ Er ist diesen Schritt schon vor 15 Jahren mit der Tankstelle in Weinhübel gegangen. Seit 13 Jahren betreibt er die Windmühle in Kunnerwitz.

Was ihn an manchen Punkten aber stört: „Die Leute halten sich nicht an Absprachen.“ So habe sich der Verein Kunnerwitzer Gemeinschaft, der das Bürgerhaus betreibt, im Januar 2015 in seinem Haus gegründet. Gut gefallen habe ihm anfangs, dass Vereinsvorsitzende Simone Drescher ihn über alle Pläne informiert habe und ihm auch gesagt habe, dass er zu Feiern seine Speisen ins Bürgerhaus liefern könne: „Dafür habe ich auch ein Angebot gemacht.“ Allerdings habe er in den zwei Jahren seit der Inbetriebnahme des Bürgerhauses keinen einzigen Auftrag von dort erhalten. Im Gegenteil: Viele Veranstaltungen, etwa der monatliche Seniorengeburtstag, die immer in der Windmühle stattgefunden haben, sind ins Bürgerhaus abgewandert, sodass diese Einnahmen seither verloren sind. Auf 20 bis 30 Prozent schätzt er seinen Rückgang durch das Bürgerhaus.

Simone Drescher bestätigt, dass Vetter ein Angebot abgegeben hat. „Mindestens zweimal hat er seitdem auch ins Bürgerhaus geliefert“, sagt sie und widerspricht damit der Aussage des Wirtes. Prinzipiell könne natürlich jeder, der das Bürgerhaus mietet, selbst entscheiden, wo er sein Essen bestellt. Viele würden sich aus Preisgründen für das Marktstübl Reichenbach entscheiden. Doch auch für das Kochstudio Regenbogen, wo sie selbst die Mitinhaberin ist, haben sich bereits zwei oder drei Mieter entschieden. Allerdings aus freien Stücken. Nur, weil sie für beides den Hut aufhat, gebe es keine Essensvorgaben. Im Übrigen habe sie mehrfach versucht, Sven Vetter die Hand zu reichen. So habe sie voriges Jahr durchgesetzt, dass die Weihnachtsfeier des Vereins Kunnerwitzer Gemeinschaft mit 60 Leuten in der Windmühle stattfindet und nicht im Reichenbacher Schwaben-Pfeil, den viele Vereinsmitglieder bevorzugt hätten, weil es dort uriger ist.

Doch Vetter ärgert sich nicht nur über Simone Drescher, sondern auch über den Kunnerwitzer Kindergarten, den er zwölf Jahre beliefert hat, bis Herbst 2016. Dann erhielt der Kindergarten eine neue Küche. Die wurde mit Fördermitteln bezahlt – und dieses Geld gab es nur mit der Auflage, dass der Kindergarten die Küche anschließend selbst betreibt. „Dabei hatte mir der Kindergarten-Vorstand vorher immer gesagt, dass ich auch nach dem Umbau selbstverständlich Betreiber bleibe“, sagt Sven Vetter, der dem Vorstand Wortbruch vorwirft.

Danilo Weise, der zweite Vorsitzende des Vereins, weist das zurück. Ja, es habe vorher Gespräche gegeben, in denen Vetter gesagt wurde, dass der Verein unter bestimmten Voraussetzungen weiter mit ihm arbeiten würde. Aber eine feste Zusage sei das nicht gewesen. „Dass die Fördermittel an die Bedingung des Eigenbetriebes geknüpft waren, haben wir auch erst mit der Förderzusage 2016 erfahren“, sagt Weise. Dadurch sei keine Vertragsverlängerung möglich gewesen. Inzwischen ist die neue Küche drin, die bisherige Köchin geblieben – und als zweite Kraft Weises Frau eingestellt. Gastwirt Vetter spricht von Vetternwirtschaft, Weise weist das zurück: „Meine Frau ist keine Köchin, sie kümmert sich um Einkauf und Abrechnungen.“ Gerade Letzteres spare viel Zeit, da er selbst ehrenamtlicher Schatzmeister ist und über seine Frau jetzt schnellen Zugang zu allem hat.

Wie der ganze Knatsch beigelegt werden kann, ist offen. „Ich wollte ein Gespräch, bei dem Pfarrer Wollstadt als Mediator dabei ist“, sagt Weise. Vetter habe das abgelehnt. Simone Drescher hingegen sieht keinen Handlungsbedarf: „Ich habe mir nichts vorzuwerfen.“ Sie grüße Vetter weiterhin freundlich – und mehr nicht. Und Vetter selbst? „Ich will das Thema in den Ortschaftsrat einbringen, dort das Gespräch suchen“, sagt er. Diesen Sonnabend konzentriert er sich aber erst einmal auf sein Schlachtefest. 18.30 Uhr geht es los, Karten für 20 Euro sind noch zu haben.