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Klinikruine doch noch verkauft

Die Gebäude in Großröhrsdorf stehen seit vielen Jahren leer. Ein Investor aus Dresden will das Grundstück entwickeln.

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© René Plaul

Von Reiner Hanke

Großröhrsdorf. Es wirkt von der Ferne ein bisschen wie ein Schloss im Dornröschenschlaf, das nur geweckt werden müsste. Doch das Gebäude an der Stiftstraße ist nurmehr eine Ruine, gezeichnet von Verfall und den unübersehbaren Spuren von Einbrüchen und Zerstörung. „Die Gebäude sind in sehr desolatem Zustand und teilweise zusammengebrochen“, schätzt der Kreis als Eigentümer ein.

Vor drei Jahren schien der Abriss durch den Kreis als Eigentümer in greifbare Nähe gerückt zu sein. So habe es zwar für das Areal Interessenten gegeben. Die wollten aber die Ruine nicht mit übernehmen. Der Abriss sollte die Chancen für den Verkauf des Areals verbessern. Bis heute blieb er aber aus. Jetzt hat sich offenbar doch noch ein Käufer gefunden.

Für die Anlieger wie Familie Muschter ist das ehemalige Kreiskrankenhaus – auch Carl-Großmann-Stift genannt – unterdessen schon lange kein schöner Anblick mehr. Seit Ende der 1990er Jahre steht die Frauenklinik leer. „Die Leute schmeißen Müll rein“, sagt Doris Muschter. Es wimmele von Ungeziefer. Es kümmere sich ja auch niemand um den Gebäudekomplex. Jugendliche träfen sich dort und machen Halligalli. Obwohl an diesem Gebäude für Muschters und viele Großröhrsdorfer Erinnerungen hängen, wäre aus ihrer Sicht mittlerweile wohl selbst ein Abriss besser als dieser Zustand. „Unsere große Tochter ist 1969 hier geboren. Ich habe nur gute Erinnerungen“, sagt Doris Muschter. Oft würden auch ehemalige Schulklassen zu Klassentreffen hier vorbeischauen, berichtet die Großröhrsdorferin. Dann streifen auch immer wieder Ex-Großröhrsdorfer um das Gebäude, wollen wissen, wie lange die Klinik schon leer steht und sind traurig wegen des erbärmlichen Zustands. „Das sollte nicht so sein“, sagt auch Doris Muschter.

Mehrere Vermarktungsversuche

Seit 1998 bemühte sich der Kreis bisher erfolglos, das Grundstück zu vermarkten. Er benötige es nicht mehr, um seine Aufgaben zu erfüllen, so die Begründung. Das Grundstück sei im Gegenteil zur finanziellen Belastung und zum Sicherheitsrisiko geworden. So schrieb der Kreis das Areal mehrfach öffentlich zum Verkauf aus. Doch es wollte sich kein Käufer finden, dem die Immobilie zusagte. Entweder es passte die Grundstücksgröße nicht oder der Umfang der nötigen Investitionen, der Zustand des Gebäudes oder die Umnutzungsmöglichkeiten, die Bebaubarkeit oder der Kaufpreis oder alles zusammen. Auch gemeinsam mit der Stadt Großröhrsdorf gab es Vermarktungsversuche. Durch die war letztlich der jetzige Käufer auf das Areal aufmerksam geworden, heißt es aus dem Landratsamt. Es ist die Dresdner Immobilienfirma „PIAG ProInvest Real Estate AG“.

Es habe wohl einiges zusammengespielt, damit der Verkauf endlich klappen konnte, heißt es aus dem Landratsamt. Sprecher Gernot Schweitzer: „Dazu beigetragen haben wahrscheinlich die positiven Vorgespräche mit einem Makler, die Vermittlung von Interessenten durch die Stadt Großröhrsdorf und die Zusammenarbeit mit der Stadt. Hinzu kommt, dass die Bestände an solchen schwierigen Immobilien im Raum Dresden so gut wie erschöpft sind und teilweise nicht finanzierbar.“

Der Technische Ausschuss des Kreistages hat nun beschlossen, das Gebäude samt Grundstück mit 7 430 Quadratmetern Größe an die Firma zu verkaufen. Die Unterschrift unter dem Kaufvertrag sei aber noch nicht geleistet, räumt der Kreis ein. Dem bleibt unterm Strich ein Gewinn von 40 000 Euro für den Kreishaushalt. Das klingt wenig. Dennoch versichert die Behörde, die frühere Klinik sei nicht unter dem Wert verkauft worden. Der Grundstückswert liege bei 105 000 Euro. Dem stünden allerdings Abrisskosten von 217 000 Euro gegenüber, ist die Rechnung des Kreises. Der Käufer sei sowohl durch Sachverständige als auch durch die Stadt Großröhrsdorf empfohlen worden. Er plant nach Informationen aus dem Landratsamt Abrissarbeiten und eine wohnwirtschaftliche Nutzung: „Es sollen sowohl altersgerechte Wohnungen als auch Wohnungen für junge Familien entstehen.“ Weitere Überlegungen gehen in die Richtung möblierter Appartements.

Teile der Substanz erhalten

Jörg Schäfer von der PIAG beschreibt das Konzept so: „Unser Unternehmen plant eine Art Familienwohnen, dies unter teilweiser Einbindung der vorhandenen Altbausubstanz und Errichtung von Neubauflächen.“ Das heißt: Der Investor will zumindest Teile der Substanz und damit auch ein Stück Geschichte und Erinnerung erhalten. Wenn es die Substanz zulasse. Das Unternehmen beschäftige sich derzeit mit verschiedenen Gestaltungsansätzen, so Jörg Schäfer. Nach Abschluss der Planungen könne dann eine Aussage zu Größen und Investitionen getroffen werden.

Für Anwohnerin Doris Muschter klingt es nach einem guten Konzept. Es bleibe jetzt nur, das Beste zu hoffen.

Die PIAG ProInvest Real Estate Aktiengesellschaft ist ein Unternehmen, das ausschließlich im Immobilienbereich, hier insbesondere in wohnwirtschaftliche Immobilien in Sachsen, investiert. Die Gesellschaft erwirbt, entwickelt, hält, vermietet und managt Immobilien mit Wachstumspotenzial und beteiligt sich an Immobilienprojekten.