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Klinik mit Hotelservice

Neue Wege für die Pflege gehen die Pulsnitzer Rehaeinrichtungen. Das bietet Seiteneinsteigern Perspektiven.

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© Patrick Kallweit

Von Reiner Hanke

Pulsnitz. Hotelservice steht auf dem Schildchen. Maik Nicolaus trägt es auf dem eleganten Hemd. Die Bezeichnung mag ungewöhnlich erscheinen. Denn sein Arbeitgeber ist kein Hotel im klassischen Sinne. Es ist die Helios Klinik Schloss Pulsnitz. Maik Nicolaus ist Leiter des neuen Services. Die Reha-Klinik ist unter anderem auf Schlaganfallpatienten spezialisiert, die Schwesterklinik am Schwedenstein auf psychosomatische Erkrankungen.

In der Helios Klinik Schloss Pulsnitz werden zum Beispiel Patienten nach einem Schlaganfall wieder zurück auf den Weg ins Leben geführt.
In der Helios Klinik Schloss Pulsnitz werden zum Beispiel Patienten nach einem Schlaganfall wieder zurück auf den Weg ins Leben geführt. © Photo: Matthias Schumann

Die Pulsnitzer Helioskliniken schlagen derzeit neue Wege ein, um dem Mangel an Pflegepersonal zu begegnen. Dabei spielt der neue Hotelservice eine Rolle. Die Helioskliniken haben mehrere Konzepte, die Seiteneinsteigern die Chance bieten, in der Pflegebranche Fuß zu fassen. Damit wollen die Kliniken die Pflege für die Zukunft in den kommenden zehn Jahren sichern. Fehlende Pflegekräfte sind bundesweit ein Problem. Bundesgesundheitsminister Spahn hat deshalb 13 000 zusätzliche Pflegekräfte versprochen. Darauf wollen sich die Pulsnitzer nicht verlassen.

Wie ist die Situation in den Pulsnitzer Helios Kliniken?

Einerseits sei die Zahl älterer Patienten steigend, was den Pflegeaufwand erhöhe. Andererseits würden in den kommenden Jahren viele Mitarbeiter in den Ruhestand gehen, erklärt Pflegedienstleiterin Annette Nagel. In den nächsten 15 Jahren fast ein Viertel der gesamten Belegschaft. Nach der politischen Wende sei viel Personal eingestiegen, das in ein paar Jahren gemeinsam in Rente geht. Die Lücken seien nicht leicht zu schließen. Vom Personalmangel betroffen ist derzeit in Pulsnitz vor allem die Schlossklinik. Über 200 Pflegekräfte weist der Stellenplan aus. Fünf sind aktuell unbesetzt. Dazu kommt das Problem der Krankenstände mit teilweise langwierigen Leiden: durch körperlich schwere Arbeit, aber auch durch eine gewisse psychische Belastung. Es gebe noch eine Tendenz, die Lücken in die Personalplanung reiße. Für Pflegekräfte ist es heute leichter, eine Stelle zu finden als noch vor wenigen Jahren. So steige das Risiko einer Fluktuation. Der Konkurrenzdruck sei groß. Sonderzahlungen und -konditionen bei Urlaub und Freizeitausgleich locken. Ein weiteres Phänomen lässt sich mit Work-Life-Balance beschreiben und mache die Mitarbeitersuche schwer. Einige Bewerber lehnen Schicht- oder Nachtdienst ab, weil es nicht in den Lebensplan passt. Das sei natürlich schwierig in einer Klinik. Hier muss dem Risiko einer chronischen Überlastung und Unzufriedenheit gegengesteuert werden.

Was will die Klinik tun, um die Situation zu verbessern?

Die Krankenschwestern und Pfleger sollen nicht mehr Mädchen für alles sein und Unterstützung bekommen, um weiterhin eine qualitativ gute Versorgung sicherzustellen. Sie sollen von allen Aufgaben entlastet werden, die Service-Charakter haben und sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren. Damit werden Stellen geschaffen, die sich leichter besetzen lassen. Diese Aufgaben übernehmen Service-Assistenten. Dazu kommen Assistenten zur Pflegeunterstützung, die etwas näher am Patienten dran sind. Für Seiteneinsteiger sind diese Assistenz-Jobs der Weg in den Pflegebereich.

Was bedeutet Pflegeunterstützung in der Schloss Klinik?

Die Assistenten in der Pflegeunterstützung gehen bei der Körperpflege der Patienten zur Hand oder bei der Nahrungsaufnahme und dem Toilettengang. Es gebe viele Menschen in der Region, die helfen wollen, weiß die Pflegedienstleiterin. Aber sie benötigen das entsprechende Grundwissen. Das kann nun in einem dreimonatigen Kurs aus Theorie und Praxis vermittelt werden. Dabei arbeitet die Klinik mit einer Schule für soziale Berufe zusammen.

Welche Aufgaben übernimmt der Service-Assistent?

Die Service-Assistenten arbeiten auf den Stationen, erklärt Maik Nicolaus. Als Chef des Hotelservice ist er für die Assistenten verantwortlich. Sie bringen zum Beispiel die Aufenthaltsräume in Ordnung. Sie bereiten Mahlzeiten vor, holen das Essen und verteilen es. Bestimmte Reinigungs- und Aufräumarbeiten gehören dazu. Oder sie kochen Tee für die Patienten und helfen, die Telefonkarte aufzuladen. Sie können auch beim Wäschewechsel helfen. Die Assistenten nehmen auch Essenwünsche auf und unterhalten sich mit den Patienten. Die Klinik wolle schon auch einen Qualitätssprung im Service und beim Wohlfühlfaktor der Patienten erreichen, sagt Maik Nicolaus. Deshalb auch Hotelservice als klare Aussage zum Anspruch. Zehn solche Service-Assistenten werden jetzt eingestellt. Bis Oktober soll die Mannschaft komplett sein. Bewerber aus dem Gastro-Bereich hätten zum Beispiel gute Voraussetzungen. Den Krankenschwestern und -pflegern bleibe letztlich mehr Zeit für ihre ursächlichen Aufgaben bei den Patienten. Beide Einsatzbereiche für Seiteneinsteiger lassen Entwicklungsmöglichkeiten bis zum examinierten Pfleger zu. Die Klinik unterstütze das auch.

Wie steht es um die Ausbildung im eigenen Haus?

Dort hat die Klinik einen Neustart begonnen. Bisher erfüllte die Klinik nicht alle Voraussetzungen für die Ausbildung. So gebe es im Rehabilitationsbereich keinen OP oder eine Notaufnahme. Um die Ausbildung zu forcieren, suche man sich nun Partner. Bis zu acht Azubis wären möglich. Aber die Klinik will ihr Vietnam-Projekt mit vier Auszubildenden weiterführen, die jetzt in die Klinik kommen.

Am 27. September lädt die Schlossklinik in Pulsnitz zu einem Bewerbertag ein. Dann können sich Interessenten für die Assistenz-Jobs in der Klinik vorstellen.