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Klingenberg streicht Ortschaftsräte

Der Landtag hat den Verdienst von Ortsvorstehern verbessert. Nun geht der Schuss nach hinten los.

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© Frank Baldauf

Von Anja Ehrhartsmann

Eigentlich wollte die Gemeinde Klingenberg ermöglichen, dass zu den bestehenden Ortschaftsräten in Beerwalde und Colmnitz auch andere Ortsteile lokale Gremien bilden können. Nun gibt es gar keine Ortschaftsräte mehr. Seine Entscheidung hat sich der Klingenberger Gemeinderat am Dienstagabend nicht leicht gemacht, das war auch für die Zuhörer spürbar, die in so großer Zahl zur Sitzung erschienen waren, dass die Stühle im Versammlungsraum der Pretzschendorfer Feuerwehr nicht ausreichten.

Ins Rollen gebracht hatte die Abstimmung eine Entscheidung des Landtages, der das Sächsische Beamtengesetz Mitte des Jahres angepasst hatte. Darin ist die Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Bürgermeister und Ortsvorsteher festgesetzt. Um Ortschaftsräte zu stärken und politisches Engagement zu fördern, sollten Ortsvorsteher mehr Geld für ihre Arbeit bekommen, erläuterte Bürgermeister Torsten Schreckenbach (BfK). Allerdings bleiben die Kosten bei den Städten und Gemeinden hängen. Diese fallen mitunter deutlich ins Gewicht: Bisher bekamen Ortsvorsteher in Beerwalde monatlich 94,50 Euro von der Gemeinde ausbezahlt, in Colmnitz waren es 190,50 Euro. Mit der Änderung, die rückwirkend zum 1. Januar in Kraft getreten ist, gehen an den Ortsvorsitz von Beerwalde monatlich 210 Euro, an den in Colmnitz 525 Euro, rechnete Bürgermeister Schreckenbach vor. Würden die neuen Ortschaftsräte in Ruppendorf, Friedersdorf, Obercunnersdorf und im Ortsteil Klingenberg gebildet, müsste die Gemeinde insgesamt rund 25 000 Euro im Jahr für ihre Ortsvorsteher ausgeben. Diese in solchem Maße zu entschädigen, stehe in keinem Verhältnis zu dem, was etwa Ortswehrleiter oder Vereinsmitarbeiter bekommen. Würde die Gemeinde so viel Geld in die Ortschaftsräte stecken, wecke das Begehrlichkeiten, so die Befürchtung des Gemeindeoberhauptes, die mehrere Ratsmitglieder teilten.

Obwohl das Thema schon nichtöffentlich vorberaten wurde, diskutierte der Gemeinderat ausgiebig. „Das ist wieder typisch, dass von oben was beschlossen wird und wir müssen es ausbaden“, sagte Sonja Fischer (Die Linke). „Als Ortschaftsrat ist man an der Basis und nah am Bürger dran. Ich krieg‘ nicht immer mit, was zum Beispiel in Colmnitz passiert“, sagte die Ruppendorferin. „Ortschaftsräte sind ein gewähltes Gremium. Ist das gewollt, dass die Demokratie abgeschafft wird?“, gab sie zu bedenken. „Ich bin für die Ortschaftsräte.“ Seine Enttäuschung über die Entscheidung des Landtages brachte Werner Oeser (CDU) zum Ausdruck, einziger Gemeinderat aus Beerwalde. Jens-Michael Neubert (CDU) sprach sich ebenfalls für den Erhalt der Ortschaftsräte aus. Warum Kreistag oder Städte- und Gemeindetag, in dem alle Bürgermeister sitzen, nichts unternommen hätten?, fragte Fischer. Der Städte- und Gemeindetag werde zu Gesetzesentwürfen gehört und habe diesen Entwurf abgelehnt, sagte Torsten Schreckenbach.

Auch Tom Hänel (CDU) meldete sich zu Wort: „Was der Landtag entschieden hat, war gut gewollt, aber schlecht umgesetzt, und das Geld wird nicht zum Beschluss mitgeliefert“, sagte er. „Wir schaffen politische Instanzen ab, weil wir es uns nicht leisten können.“ Ökonomisch betrachtet könne er aber nicht für den Erhalt der Ortschaftsräte stimmen. Diese Meinung teilten noch andere Ratsmitglieder.

Am Ende wurde der Beschluss mit knapper Mehrheit gefasst. Zehn Ja-Stimmen hatte es gebraucht, um die Ortschaftsräte aus der Hauptsatzung zu streichen, und zehn Befürworter hatten sich gefunden. Sechs Räte stimmten dagegen.