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Kleines Schild – große Aufregung

Mal ist es weg, mal steht es wieder auf dem Acker bei Ulbersdorf. Laut Gesetz ist es aber gar nicht zulässig.

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© Dirk Zschiedrich

Von Anja Weber

Ulbersdorf. Aus ihren Sympathien für die asylkritische und islamfeindliche Pegida-Bewegung in ihrer Hochburg Dresden machen einige Ulbersdorfer keinen Hehl. Ein Landbesitzer stellte bereits vor Monaten ein Schild mit der Aufschrift „Pegida“ auf seinen Acker. Das war zeitweise verschwunden. Jetzt steht es wieder. Und das gefällt nicht jedem. Knut Langenbach zum Beispiel schrieb deshalb einen Brief an Bürgermeister Daniel Brade (SPD), den er auch in Kopie an die Sächsische Zeitung schickte. Gemeinsam mit seiner inzwischen verstorbenen Frau hatte er vor etwa 20 Jahren ein Anwesen in Ulbersdorf gekauft, es saniert, und wie er schreibt, zu einem ansehnlichen Haus im Dorf hergerichtet. Und auch sonst kann sich Ulbersdorf durch schmucke Häuschen, Vorgärten und vor allem ein ausgeprägtes kulturelles Leben sehen lassen. Dafür hat es für den Ort einige Auszeichnungen gegeben.

Einwohner fordert Aufklärung

Das Ansehen bestehe aber nicht nur aus schönen Häusern und aus den Kriterien, die für die Teilnahme an solchen Wettbewerben wichtig seien, schreibt Knut Langenbach. „Es besteht auch aus dem Geist kommunaler und demokratischer Solidarität, der das kommunale Leben bestimmt und der Fremden, seien es Touristen oder Asylsuchende“, so Knut Langenbach. Das Schild würde eben jenen Geist nicht ausdrücken. Schriftlich fordert er nun Bürgermeister Brade auf, zu prüfen, ob dieses Schild außerhalb von Wahlzeiten überhaupt gesetzlich zulässig ist. Und er fordert das Stadtoberhaupt auf, zu prüfen, wie „dieser politischen Tendenz entgegengewirkt werden kann und gegebenenfalls zumindest mit öffentlichen Erklärungen Klarheit darüber zu schaffen, dass Pegida nicht für die Gemeinde Hohnstein oder auch nur für die Ortschaft Ulbersdorf steht“, so Langenbach in seinem Brief.

Bereits im Oktober letzten Jahres gab die AG Asyl zu bedenken, dass entgegen der asylfeindlichen Tendenz im Gemeindegebiet, eher ein offener und freundlicher Umgang mit Flüchtlingen dem Tourismus förderlich sei. Eine Branche, von der in Hohnstein viele leben. Und im Übernachtungsgewerbe ist das offenbar zu spüren. Vor allem in den Monaten Mai und Juni 2015 sei ein Rückgang an Übernachtungen zu verzeichnen gewesen, sagte damals Tourismuschef André Häntzschel. Er stellte Thesen und Fragen in den Raum wie zum Beispiel, dass man abwarten müsse, wie sich Pegida generell auf die Entwicklung auswirken werde. Und welche Folgen die damaligen Negativschlagzeilen aus Heidenau haben werden.Der Imageschaden in der Branche sei aber da. Und schon wenn fünf Prozent weniger Gäste kämen, wäre das für Hohnstein tatsächlich ein Problem, so der Tourismuschef im Oktober letzten Jahres. Es ist allgemein bekannt, dass zum Beispiel in Dresden Händler, Gastronomen, Hoteliers und Vermieter einen Rückgang an Umsätzen und Übernachtungen beklagen – wegen der Pegida-Bewegung.

Inzwischen hat Hohnstein selbst für Schlagzeilen gesorgt, so unter anderem mit der anfänglichen Ablehnung der Stadträte, Asylbewerbern kommunale Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Erst kürzlich brachte sich Bürgermeister Daniel Brade ins Gespräch. Er forderte bei Hohnsteins Neujahrsempfang im Januar nicht nur eine Kurskorrektur bei der Asylpolitik. „Mein Vorschlag wären Neuwahlen 2016 auf Bundesebene und dass auch Pegida mit antritt, um zu sehen, was wird. Ich bin mir sicher, es wäre eine hohe Wahlbeteiligung.“ Deshalb stören sich in der Gemeinde offenbar auch wenige an dem „Pegida-(Wahl)Werbeschild“.

Alle Schilder müssten weg

Auf Nachfrage von SZ verweist Bürgermeister Daniel Brade auf das Grundgesetz. Nach diesem hat jeder das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. „Pegida ist weder als verfassungsfeindliche Organisation eingestuft noch verboten. Insofern obliegt es den politischen Parteien und der Bürgerschaft sich mit Pegida auseinanderzusetzen und dazu zu positionieren“, sagt er. Zu dem Schild in Ulbersdorf habe es vereinzelte Beschwerden von angereisten Gästen in der Touristinformation gegeben, musste er jedoch einräumen. Allerdings seien die Übernachtungszahlen von 2015 gegenüber 2014 gleichbleibend, betonte er. Es gebe keine Einbußen.

Das Schild selbst dürfte aber an dieser Stelle offenbar gar nicht stehen. Im Straßengesetz ist ein Aufstellverbot beziehungsweise eine Zustimmungspflicht der Straßenaufsichtsbehörde außerhalb der Ortsdurchfahrten verankert. Darauf verweist der Bürgermeister. „Wir hatten das Thema 2010/2011 schon einmal. Damals ging es um das Werbeschild des „Almenhofes“. Das Schild durfte stehen bleiben, auch die Werbeschilder vom Hofladen Fröde und für die Firma HTS durften außerhalb der Ortsdurchfahrt bleiben. Nach dem Gesetz müssten alle Schilder weg“, sagt der Bürgermeister. Die Stadt habe damals den Vorschlag zur Verlängerung der Ortsdurchfahrt entlang der S 165 gemacht, um die Schilder zu legalisieren. Der Antrag vom 15. März 2012 an das Landratsamt sei bis heute unbeantwortet geblieben. Was nach wie vor gilt, ist der Grundsatz: gleiches Recht für alle.