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Kleine Buchmesse in Görlitz

Selten kamen Autoren so dicht gedrängt an die Neiße wie in den nächsten Tagen.

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© André Braun

Von Sebastian Beutler

Görlitz. Natürlich kann man an diesem Wochenende nach Leipzig fahren, um Schriftsteller und Autoren kennenzulernen. Zur Buchmesse eben. Angesichts der vielen GR-Kennzeichen auf dem autobahnnahen Messe- Parkplatz machen das auch viele. In diesem Jahr aber könnte sich auch das Hierbleiben lohnen. Denn selten sind die Möglichkeiten so zahlreich, mit Buchautoren in Kontakt zu kommen, wie an diesem Wochenende. Vorausgesetzt, man hat sich frühzeitig ein Ticket gesichert. Jedenfalls, wenn es Gregor Gysi sein sollte. Der früheren Bundesvorsitzende der PDS und jetzige Vorsitzende der Europäischen Linken liest an diesem Freitag aus seiner Autobiografie „Ein Leben ist zu wenig“, die sich seit Wochen in der Spiegel-Bestsellerliste ganz weit oben findet. Die Platzkarten in der Kulturbrauerei für die Lesung des 70-Jährigen sind seit langer Zeit restlos vergriffen.

Einen Tag später tritt Uwe Krüger in Görlitz auf. Der wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaften der Universität Leipzig landete vor zwei Jahren mit seinem Buch „Mainstream – Warum wir den Medien nicht mehr trauen“ einen Bestseller. Krüger, 1978 geboren, analysiert in seinem Buch die Berichterstattung zum Ukraine-Konflikt 2013 und der Griechenland-Krise 2015. Dabei ist er der Frage nachgegangen, warum deutsche Medien so einheitlich berichteten. Seine These: Dieser Mainstream-Effekt hat mit professionellen Auswahlkriterien in den Redaktionen zu tun, aber ebenso mit Lobby-Netzwerken, mit der sozialen Herkunft der Journalisten und verschlechterten Arbeitsbedingungen der Branche. Obwohl Krüger in seinem Buch immer wieder von Medien und Journalisten spricht, handelt sein Buch vor allem von Journalisten überregionaler Medien. Lokal- und Regionaljournalismus war nicht Gegenstand seiner Untersuchungen. Die Görlitzer Volkshochschule hat sich Krüger zu ihrem 100-jährigen Bestehen eingeladen. Für zehn Euro kann man Krüger am Sonnabend ab 15 Uhr in der Stadtbibliothek erleben. Rechtzeitig zu seiner Lesung veröffentlichte die Mainzer Universität Ergebnisse ihrer Langzeitstudie „Medienvertrauen“. Demnach vertrauen 42 Prozent der Deutschen den etablierten Medien in wichtigen Fragen, nur noch 13 Prozent glauben, dass die Bevölkerung von den Medien systematisch belogen wird, vor einem Jahr waren es noch 20 Prozent.

Wer von Begegnungen mit Menschen in Polen hören will, der kommt dann am Dienstag, 15 Uhr, erneut in der Stadtbibliothek auf seine Kosten. Im Vorprogramm der Literaturtage berichtet Hans Bollinger von seinen Reisen ins Nachbarland.