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Klaus-Dieter Brühl: Bilder von damals

Der SZ-Fotograf zeigt derzeit in der Preuskerbücherei Aufnahmen, die er in 25 Jahren in Großenhain als Bildreporter machte. Hier eine Auswahl.

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© SZ

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. „Er hat festgehalten, was in dem Moment wichtig war.“ So beschreibt Bibliotheksmitarbeiterin Katrin Schäfer treffend, wie Pressefotos von Klaus-Dieter Brühl zustande gekommen sind. „Über 25 Jahre lang habe ich im Röderstädtchen alles, was irgendwie interessant, spannend oder außergewöhnlich, kurz erwähnenswert war, festgehalten“, bestätigt auch der Bildreporter. Im Jahr seines 65. Geburtstages und damit kurz vorm Abschied aus dem Berufsleben hat der langjährige Mitarbeiter der Sächsischen Zeitung noch einmal akribisch in seinen Archiven gegraben – und eine Ausstellung zusammengebracht, die man gewiss als sein Lebenswerk identifizieren könnte.

25 Jahre Pressefotografie

Alle wollen Steine  Hauptmarktsteine umsonst gab es am 28. Juni 2009. Ein richtiges Volksfest wurde der Abschied von der alten Marktpflasterung. Das allgemeine Ausbuddeln der alten Pflastersteine vor der Marktsanierung hatte einen Hintergedanken: Die Stadt wollte sich die Kosten für den Abtransport sparen. Hunderte Einwohner waren mit Taschen, Beuteln, Handwagen und Autohängern gekommen, um ihre persönlichen Erinnerungssteine selbst auszugraben. Und so ergab sich der Effekt, dass viele ein Stück Großenhain mit nach Hause nahmen, auch wenn dies ganz weit weglag. Aus einer verpfuschten Baustelle eine der nettesten Stadt-Aktionen zu machen ist Großenhain gelungen. Gut 600 Menschen kamen, um bei den Klängen der Riesaer Blasmusikanten Baufreiheit zu schaffen. Danach wurde der Platz für rund 600 000 Euro erneut gestaltet. Nur 15 Jahre hat das Pflaster in der Stadtmitte gehalten. Die um 1900 verlegten, grob gebrochenen Steine waren 1994 herausgenommen und in ein frisches Sand-Kies-Bett gesetzt und mit Kunstharzmörtel verfugt worden. Doch die Steine platzten - vor allem bei Frost. Dadurch wurde der Zustand des Hauptmarktes von Jahr zu Jahr schlechter.
Alle wollen Steine Hauptmarktsteine umsonst gab es am 28. Juni 2009. Ein richtiges Volksfest wurde der Abschied von der alten Marktpflasterung. Das allgemeine Ausbuddeln der alten Pflastersteine vor der Marktsanierung hatte einen Hintergedanken: Die Stadt wollte sich die Kosten für den Abtransport sparen. Hunderte Einwohner waren mit Taschen, Beuteln, Handwagen und Autohängern gekommen, um ihre persönlichen Erinnerungssteine selbst auszugraben. Und so ergab sich der Effekt, dass viele ein Stück Großenhain mit nach Hause nahmen, auch wenn dies ganz weit weglag. Aus einer verpfuschten Baustelle eine der nettesten Stadt-Aktionen zu machen ist Großenhain gelungen. Gut 600 Menschen kamen, um bei den Klängen der Riesaer Blasmusikanten Baufreiheit zu schaffen. Danach wurde der Platz für rund 600 000 Euro erneut gestaltet. Nur 15 Jahre hat das Pflaster in der Stadtmitte gehalten. Die um 1900 verlegten, grob gebrochenen Steine waren 1994 herausgenommen und in ein frisches Sand-Kies-Bett gesetzt und mit Kunstharzmörtel verfugt worden. Doch die Steine platzten - vor allem bei Frost. Dadurch wurde der Zustand des Hauptmarktes von Jahr zu Jahr schlechter.
Elefant vorm Rathaus  Da staunte der damalige Großenhainer Bürgermeister Eberhard Hoffmann (l.): der Zirkus Frankello war im März 1991 zu Gast in Großenhain. Und der Zirkusdirektor samt Elefantendame kam gleich vors Rathaus – heute undenkbar. Bürgermeister Hoffmann durfte den Elefanten füttern. Das ganze Wochenende gastierte das Familienunternehmen im Zelt auf dem Festplatz am Schacht. Groß und Klein waren begeistert.
Elefant vorm Rathaus Da staunte der damalige Großenhainer Bürgermeister Eberhard Hoffmann (l.): der Zirkus Frankello war im März 1991 zu Gast in Großenhain. Und der Zirkusdirektor samt Elefantendame kam gleich vors Rathaus – heute undenkbar. Bürgermeister Hoffmann durfte den Elefanten füttern. Das ganze Wochenende gastierte das Familienunternehmen im Zelt auf dem Festplatz am Schacht. Groß und Klein waren begeistert.
Aus für die Herrenmode  Es war am 1. Juli 1991, als die Herrenmode GmbH an der Carl-Maria-von-Weberallee ihre Pforten schließen musste. Ehemals 200 Mitarbeiter, überwiegend Frauen, wurden arbeitslos. Der Betrieb war in der DDR als VEB Herrenmode vom Hauptbetrieb in Dresden verwaltet worden. Die Beschäftigten kamen zumeist in Umschulung. Zurück blieben leere Tische und Bügeleisen. Heute ist hier u. a. das Ärztehaus.
Aus für die Herrenmode Es war am 1. Juli 1991, als die Herrenmode GmbH an der Carl-Maria-von-Weberallee ihre Pforten schließen musste. Ehemals 200 Mitarbeiter, überwiegend Frauen, wurden arbeitslos. Der Betrieb war in der DDR als VEB Herrenmode vom Hauptbetrieb in Dresden verwaltet worden. Die Beschäftigten kamen zumeist in Umschulung. Zurück blieben leere Tische und Bügeleisen. Heute ist hier u. a. das Ärztehaus.
Good bye Lenin  Im Juli 1998 fiel der offizielle Startschuss für die Sanierung von Flächen auf dem Flugplatz, nachdem die Stadt eine Teilfläche von rund 70 Hektar vom Freistaat Sachsen übernommen hatte. Beabsichtigt war, das Flugplatzgelände als Standort einer großflächigen Gewerbeansiedlung auszuweisen und den Flugplatz zivil weiterzunutzen. Für den Abriss von Gebäuden und die Sanierung der Flächen gab der Freistaat drei Millionen Euro und aus dem EU-Förderprogramm Konver noch mal so viel aus. Die Gelder wurden bis Ende 1999 genutzt. So fiel auch Lenin in diesem ehemaligen Objekt der Roten Armee der Abrissbirne zum Opfer.
Good bye Lenin Im Juli 1998 fiel der offizielle Startschuss für die Sanierung von Flächen auf dem Flugplatz, nachdem die Stadt eine Teilfläche von rund 70 Hektar vom Freistaat Sachsen übernommen hatte. Beabsichtigt war, das Flugplatzgelände als Standort einer großflächigen Gewerbeansiedlung auszuweisen und den Flugplatz zivil weiterzunutzen. Für den Abriss von Gebäuden und die Sanierung der Flächen gab der Freistaat drei Millionen Euro und aus dem EU-Förderprogramm Konver noch mal so viel aus. Die Gelder wurden bis Ende 1999 genutzt. So fiel auch Lenin in diesem ehemaligen Objekt der Roten Armee der Abrissbirne zum Opfer.
Fußballfans jubeln  Der Großenhainer Fußballverein GFV war 1991 in die Bezirksliga aufgestiegen. Hier jubeln die Fans am Jahn-Sportpark. Der Großenhainer Fußballverein gründete sich 1990 aus zwei Betriebssportgemeinschaften.
Fußballfans jubeln Der Großenhainer Fußballverein GFV war 1991 in die Bezirksliga aufgestiegen. Hier jubeln die Fans am Jahn-Sportpark. Der Großenhainer Fußballverein gründete sich 1990 aus zwei Betriebssportgemeinschaften.
Baden unterm Pilz  Bis in die 90er Jahre war die Großenhainer Seeanlage ein Chlor-Freibad mit Sandstrand. Markant waren dieser Wasserpilz und die aufblasbare Röhre. Im Juni 2000 wurde der Grundstein für den Umbau gelegt.
Baden unterm Pilz Bis in die 90er Jahre war die Großenhainer Seeanlage ein Chlor-Freibad mit Sandstrand. Markant waren dieser Wasserpilz und die aufblasbare Röhre. Im Juni 2000 wurde der Grundstein für den Umbau gelegt.
Husaren voran  Beim Stadtfest im Juni 1998 wurden die Husaren wieder lebendig. Eine Interessengruppe des Schützenvereins und von Großenhain aktiv hatte Uniformen schneidern lassen und das Reiten trainiert. Hier sieht man hoch zu Pferd Rainer Lehnert und Birgit Dreßler. Dahinter fährt die gelbe Postkutsche, die früher auf der Via Regia unterwegs war. Darin saß der damalige Bürgermeister Burkhard Müller.
Husaren voran Beim Stadtfest im Juni 1998 wurden die Husaren wieder lebendig. Eine Interessengruppe des Schützenvereins und von Großenhain aktiv hatte Uniformen schneidern lassen und das Reiten trainiert. Hier sieht man hoch zu Pferd Rainer Lehnert und Birgit Dreßler. Dahinter fährt die gelbe Postkutsche, die früher auf der Via Regia unterwegs war. Darin saß der damalige Bürgermeister Burkhard Müller.
Dampfbad verschwindet  Dampfkarl hieß das alte Dampfbad an der Altdeutschen Schenke an der Weberallee gegenüber der Promenade. 1999 wurde dieses leider ruinöse Gebäude abgerissen. Nach dem Besuch des Dampfbades gönnte sich hier wohl so mancher bei Wirt Karl Haustein ein Bier oder einen Schoppen Wein. In der Gaststube sah es aus wie im Museum – der Charme des 19. Jahrhunderts. Das prächtige Restaurant wurde nach dem Krieg, als an der Stelle nicht mehr gebadet, sondern Wurst gemacht wurde, zum Restaurant Schlachthof und dann zum Seniorentreff. Schmuck und gemütlich soll es in den 1960er Jahren noch gewesen sein. Das Mittagessen kostete 0,35 Mark, es gab auch Unterhaltung.
Dampfbad verschwindet Dampfkarl hieß das alte Dampfbad an der Altdeutschen Schenke an der Weberallee gegenüber der Promenade. 1999 wurde dieses leider ruinöse Gebäude abgerissen. Nach dem Besuch des Dampfbades gönnte sich hier wohl so mancher bei Wirt Karl Haustein ein Bier oder einen Schoppen Wein. In der Gaststube sah es aus wie im Museum – der Charme des 19. Jahrhunderts. Das prächtige Restaurant wurde nach dem Krieg, als an der Stelle nicht mehr gebadet, sondern Wurst gemacht wurde, zum Restaurant Schlachthof und dann zum Seniorentreff. Schmuck und gemütlich soll es in den 1960er Jahren noch gewesen sein. Das Mittagessen kostete 0,35 Mark, es gab auch Unterhaltung.

Die Zeitspanne der Auswahl von 120 Bildern in 40 Rahmen reicht von 1991 bis heute. In der Zeit könnten rund 30 000 Fotos von Kadebe, wie er überall abkürzend genannt wird, erschienen sein. Die Auswahl hat also tatsächlich einiges Kopfzerbrechen erfordert.

Die Fototechnik veränderte sich

Doch es hat sich gelohnt – das wird jeder Betrachter bestätigen können. Denn seit der Wende hat sich nicht nur in Großenhain vieles verändert – was auf den Fotos noch im ursprünglichen Zustand festgehalten ist. Auch das Fotografieren und die Bildauffassung in der Zeitungsredaktion haben sich verändert. Klaus-Dieter Brühl: „Wir SZ-Fotografen haben 1990 noch ganz normale analoge Schwarz-Weiß-Fotografie betrieben. Sind dann zu einer halbdigitalen Arbeitsweise übergegangen, bei der die analog fotografierten Negative – später die Farbnegative – digitalisiert, also gescannt und gesendet wurden.“ Im Dezember 2000 bekamen alle SZ-Fotografen eine digitale Spiegelreflexkamera und arbeiten seitdem voll digital. Die technische Entwicklung, und da gehört nach Ansicht von Klaus-Dieter Brühl auch das Internet dazu, war jedoch nur eine Seite. Auch die Anforderungen an ein gutes Pressebild haben sich gewandelt. „Die Art zu fotografieren ist heute eine ganz andere als noch vor 20 Jahren.“

Geblieben ist die Freude am Anschauen von Fotodokumenten – das war zur Ausstellungseröffnung am Dienstagabend in der Karl-Preusker-Bücherei nicht zu übersehen. Da wurden Erinnerungen ausgetauscht, Fragen gestellt und beantwortet, und manche fanden sich auf einem Foto sogar wieder. Vom ersten Komm-Einkaufsmarkt in Großraschütz nach der Wende über die Schließung der Großbetriebe, den Abriss alter Häuser bis hin zu den Erlebnisfesten im Stadtpark, der 800-Jahrfeier, der Landesgartenschau und vielen sonstigen Schnappschüssen spannt sich der Bogen. Klaus-Dieter Brühl dankt noch heute allen Tippgebern, die ihn zu diesem und jenem Bildmotiv brachten. „So war ich immer da, wo’s brennt – auch im übertragenen Sinne“, meint der Fotograf schmunzelnd.

Zum Glück, denn nun haben die Ausstellungsbesucher im Unter- und im Obergeschoss wirklich was zu schauen. Die Zusammenstellung der Rahmen erfolgte nicht chronologisch, sondern aus ästhetischen Gesichtspunkten. Daran haben auch die Bibliotheksmitarbeiterinnen ihren Anteil. Die Bilder bilanzieren für den Fotografen wie sicher auch für viele Betrachter eine schöne, spannende, aber nicht immer leichte Zeit. In der Wochenendausgabe druckt die SZ noch einmal eine Auswahl.

Die Ausstellung ist während der Öffnungszeit zu sehen.